Vertrauen gewinnt man mit Transparenz

Im Interview macht Wolfgang Sobotka von der ÖVP eine ausladende Geste mit den Händen.
Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist Präsident des Nationalrates. Von 2016 bis 2017 diente er als Innenminister. Davor war er Landeshauptmann-Stellvertreter in Niederösterreich. | © APA/picturedesk.com/Georg Hochmuth
Wolfgang Sobotka, Präsident des österreichischen Nationalrats, sieht eine der größten Gefahren darin, dass unsere Demokratie durch eine „Emokratie“ ersetzt wird.
Wie fit die Demokratie in Österreich ist, hängt auch vom Blickwinkel ab. Genauso die Antwort auf die Frage, wie Parteien das schwindende Vertrauen der Wähler zurückgewinnen können. Arbeit&Wirtschaft hat mit Wolfgang Sobotka von der ÖVP und Doris Bures von der SPÖ über diese Themen gesprochen und sie mit gleichen Fragen konfrontiert. Was die beiden eint, ist ihre Position. Sobotka ist Präsident des Nationalrats, Bures zweite Präsidentin.

Interview mit Wolfgang Sobotka

Arbeit&Wirtschaft: Das Parlament wurde nicht nur renoviert, sondern von Grund auf saniert und modernisiert. Was braucht die österreichische Demokratie, um wieder so fit zu sein?

Wolfgang Sobotka: Die österreichische Demokratie ist mehr als „fit“, sonst hätte sie die großen Herausforderungen der vergangenen Jahre nicht so gut meistern können. Wir leben gerade in einer Zeit, in der sich viele Menschen einfache Antworten wünschen und die Parteien, die diese einfachen Antworten liefern, sich großen Zuspruchs erfreuen. Wenn es hingegen um komplexe Sachverhalte geht, tun sich Regierungsparteien mit einfachen Antworten schwerer. Es muss der Politik also wieder gelingen, schwierige Sachverhalte verständlich zu erklären. Entscheidend sind für mich Stabilität, Orientierung, ein Dialog auf Augenhöhe und Transparenz.

Wie aktuelle Umfragen belegen, schwindet das Vertrauen in die Demokratie. Was sind die Ursachen?

Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Demokratie durch eine „Emokratie“ ersetzt wird, in der nicht Fakten und Sachlichkeit, sondern einzig Emotionen und Stimmungsbilder entscheidend sind. Kritik ist das Wesen der Demokratie. Auch wenn die derzeitige Situation mit ihren multiplen Krisen extrem schwierig und herausfordernd für viele Menschen ist, darf der Rechtsstaat niemals unterwandert, seine demokratischen Strukturen niemals beschädigt und das friedliche Zusammenleben niemals infrage gestellt werden. Demokratie ist weder ein Geschenk noch ist sie selbstverständlich. Eine funktionierende Demokratie braucht ein solides und stabiles Fundament, das es jeden Tag aufs Neue zu verteidigen gilt.

Skandale erschüttern die österreichische Politik: Was muss passieren, damit die Menschen wieder zu politischen Vertreter:innen aufschauen, und was können und sollen diese tun, um das verlorene Vertrauen wieder zurückzugewinnen?

Vertrauen gewinnt man durch Transparenz. Heute wird die Demokratie nicht nur von den Repräsentant:innen im Parlament gelebt, sondern sie ist zu einem durchgängigen gesellschaftlichen Prinzip geworden. In den Familien entscheidet nicht nur einer, sondern sehr oft die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern. De facto ist Demokratie in allen gesellschaftlichen Bereichen spürbar. All das stimmt mich zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, das teilweise gesunkene Vertrauen durch harte Arbeit wieder zurückzugewinnen. Das Parlament ist ein offenes Haus für alle Bürger:innen. Aber es ist auch enorm wichtig, dass wir die Arbeit des Parlaments aktiv nach außen tragen. Man muss Themen konsequent verfolgen, kalkulierbar sein und Haltung zeigen. Das bringt Vertrauen.

Über den/die Autor:in

Eva Winterer

Eva Winterer ist Kommunikationsstrategin und war von 2022 bis 2023 Chefin vom Dienst der Arbeit&Wirtschaft.

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