- Fair verteilter materieller Wohlstand
- Vollbeschäftigung und gute Arbeit
- Hohe Lebensqualität
- Intakte Umwelt
- Ökonomische Stabilität
Und tatsächlich: Es geht bergauf. Zumindest im Vergleich zum krisengeschüttelten Vorjahr. Die Folgen der Coronapandemie sind in zentralen Punkten des Wohlstandsberichtes 2021 (hier geht es zum Wohlstandsbericht 2022)immer noch spür- und messbar. Auch in den Bereichen, in denen es zu einer klaren Verbesserung der Lebenssituation gekommen ist, konnte das Vorkrisenniveau nicht erreicht werden.
Geht es den Menschen in Österreich grundsätzlich besser?
Von dreißig Indikatoren des Wohlstandsberichts werden gerade einmal zehn positiv bewertet. Das ist immerhin eine Verbesserung zum Vorjahr. Als die Corona-Pandemie im Jahr 2020 auf dem Höhepunkt war, bewerteten die in Österreich lebenden Menschen nur acht positiv. Beim kurzfristigen Ausblick auf das kommende Jahr sind es sogar nur fünf Indikatoren.
Einen Fortschritt gibt es bei den Eckpunkten „Lebensqualität“ und „intakte Umwelt“. Wie nicht anders zu erwarten, schneidet der Punkt „Vollbeschäftigung und gute Arbeit“ zwar besser ab als im Vorjahr – schließlich befindet sich Österreich gerade in einem wirtschaftlichen Aufschwung – das Vorkrisenniveau kann jedoch noch nicht erreicht werden.
Wohlstand und Erwerbsarbeit
Der aktuelle Wirtschaftsaufschwung führe beim Eckpunkt „Vollbeschäftigung und gute Arbeit“ zu einem grundsätzlich optimistischen Blick in die Zukunft, heißt es im Wohlstandsbericht 2021 der Arbeiterkammer. Aber: „Der Ausblick bleibt aber angesichts der unsicheren Rahmenbedingungen brüchig: Einerseits bleibt unklar, inwieweit die Pandemie tatsächlich überwunden ist oder erneut Maßnahmen in Richtung Lockdown einzelner oder aller Bereiche ergriffen werden müssen.“
Wer auf den Gesamtzeitraum des Wohlstandsberichts blickt – also alle Erhebungen seit 2017 – erkennt eine negative Tendenz. Vor allem die Unterpunkte „Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung“, „unbezahlte Arbeit“ und „Qualität der Arbeit“ sorgen hier dafür, dass Österreich seinen Entwicklungszielen hinterherhinkt. Immerhin wird der Punkt „Mitbestimmung“ positiv bewertet, was langfristig zu besseren Arbeitsbedingungen und Entlohnungen führen könnte.
Lebensqualität und Umwelt in Österreich
„Lebensqualität ist wohl das unmittelbarste Bewertungskriterium für Wohlstand“, heißt es im Wohlstandsbericht. Weswegen es sich dabei auch um einen der Eckpunkte handelt. Der Gesamteindruck sei aufgrund „der wieder in Gang kommenden Wirtschaft und dem Sinken der Arbeitslosigkeit“ positiv. Die Unterkategorien „Lebenszufriedenheit“ und „physische Sicherheit“ werden positiv bewertet: „Weiterhin gilt, dass das Niveau der Lebensqualität in Österreich insgesamt sehr hoch ist, auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern.“
Ein weiterer zentraler Aspekt des Wohlstandsberichts 2021 der Arbeiterkammer ist eine intakte Umwelt. Nur mit ihr kann langfristig Wohlstand gesichert werden. In diesem Bereich ergibt sich ein positiver Mittelwert. Vor allem der stark genutzte öffentliche Verkehr trägt hier zu einem positiven Gesamtwert bei. Trotz allem mahnt der Bericht auch: „In der Energie- und Klimapolitik insgesamt besteht hingegen weiterhin großer Handlungsbedarf, auch vor dem Hintergrund der nachgeschärften politischen EU-Zielsetzungen für 2030 („Fit for 55“).“
Ökonomische Stabilität
Nachhaltiges Wachstum und ein Strukturwandel sollen die Resilienz der Gesamtwirtschaft erhöhen. So sollen Länder krisenfester werden. Kein Wunder. „Kommt es zur Verfestigung einer Krise, ist kontinuierliche ökonomische Entwicklung nicht und gesellschaftlicher Fortschritt kaum möglich“, mahnt der Wohlstandsbericht. Zwar würde die Bewertung des Indikators „ökonomische Stabilität“ stagnieren, dies sei jedoch im Kontext einer globalen Pandemie und Wirtschaftskrise ein Erfolg.
Der Wohlstandsbericht 2021 fasst die aktuelle Situation so zusammen: „Die durch die Covid-19-Pandemie ausgeloste Sozial- und Wirtschaftskrise führte im vergangenen Jahr zu deutlichen Rückschritten bei der nachhaltigen Entwicklung von Wohlstand und Wohlergehen. Die diesjährige Bewertung fällt wieder etwas positiver aus, jedoch wird das Niveau von vor der Pandemie noch nicht wieder erreicht.“
Welche Maßnahmen empfiehlt der Wohlstandsbericht 2021?
Die Folgen der Coronakrise werden nicht von alleine verschwinden. Um die Einhaltung der Ziele für das Jahr 2030 und auch den Wohlstand in Österreich nicht zu gefährden, empfiehlt der Wohlstandsbericht 2021 der Arbeiterkammer folgende Maßnahmen:
- Aktive Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik.
- Ambitionierte öffentliche Investitionen in Klimaschutz und Daseinsvorsorge.
- Stärkerer Fokus auf Verteilungsgerechtigkeit.
- Wohlstandsorientierte Institutionen und Steuerungsprozesse.
Ein großes Problem für den Wohlstand in Österreich ist die steigende Zahl der Langzeitarbeitslosen und prekär Beschäftigten. Hier müsse die Politik entgegensteuern. Dazu müssten innovative Arbeitszeitmodelle und Formen der Arbeitszeitverkürzung eingeführt werden. Vor allem ein Anspruch auf die Vier-Tage-Woche, eine Verkürzung überlanger Arbeitszeiten und eine Erleichterung von Elternzeit, Sabbatical und Qualifizierungsstipendien und Bildungskarenz führt der Bericht an.
Das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit könne durch eine Jobgarantie gelöst werden. „Die teuerste Variante im Umgang mit Langzeitarbeitslosigkeit ist es, nicht zu handeln. Verfestigte Arbeitslosigkeit lässt sich nur mit sehr hohem Aufwand für die Betroffenen und die öffentlichen Institutionen abbauen“, führt der Wohlstandsbericht aus.
Öffentliche Investitionen erhöhen das Vermögen aller
Investitionen in die „Ökonomie des Alltagslebens“, wie es der Bericht nennt, könnten ein besonders wichtiger Hebel sein, um langfristig Wohlstand und Beschäftigung zu schaffen. Der Bericht macht das an einem Beispiel fest: „Es macht beispielsweise einen Unterschied für die Treibhausgasemissionen bis 2030, ob heute in Autobahnen und Neuwagen mit Verbrennungsmotoren investiert wird oder in öffentlichen Verkehr, Energieeffizienzmaßnahmen, erneuerbare Energien und die Klimaneutralität des öffentlichen Sektors.“
Hierbei würde es sich um das Vermögen aller handeln. Allerdings sei die Investitionsquote in den vergangenen Jahrzehnten stetig zurückgegangen. Mittlerweile würden die reichsten fünf Prozent der Menschen mehr besitzen als alle Gebietskörperschaften zusammen. Eine Steigerung der Investitionen sollte vor allem zugunsten des Klimaschutzes und der Daseinsvorsorge passieren – also für die Themenfelder „Wohnen, Gesundheit und Pflege, Aus- und Weiterbildung und Kinderbetreuung sowie öffentlicher Verkehr und aktive Mobilität“.
Wie kann die EU den Wohlstand sichern?
Die drängenden Themen, die Nationalstaaten bearbeiten müssten, gingen meist über die eigenen Grenzen hinaus, schreibt der AK-Wohlstandbericht 202. Die Corona-Pandemie, der Klimaschutz, Migration oder internationaler Handel könnten nicht von einzelnen Ländern gelöst werden. Der Bericht betont dabei die Stärken Europas: „Mit der EU gibt es einen supranationalen Regulationsraum, der wirtschaftlich betrachtet stärker geschlossen ist als die einzelnen Ökonomien der EU-Mitgliedstaaten und eine Vorreiterrolle bei der Festlegung hoher sozialer und ökologischer Standards spielen kann.“
Und wie funktioniert der Wohlstandsbericht 2021 der Arbeiterkammer genau?
Längst ist klar, dass der Mensch sein Glück nicht alleine über sein Einkommen, den Arbeitsplatz oder das Bruttosozialprodukt definiert. Der Wohlstandsbericht der Arbeiterkammer trägt der komplexen Thematik Rechnung. Zur Ermittlung von Wohlergehen und Wohlstand kommt hier das sogenannte „magische Vieleck“ zum Tragen.Das „magische Vieleck“ besteht aus den Punkten „fair verteilter materieller Wohlstand“, „Vollbeschäftigung und gute Arbeit“, „hohe Lebensqualität“, „intakte Umwelt“ sowie „ökonomische Stabilität“. Es sind die Oberziele, die eine Gesellschaft glücklich machen. Jedem Ziel sind außerdem sechs Unterkategorien zugeordnet. In Summe fragt der Wohlstandbericht also dreißig Indikatoren ab.
Die Indikatoren des Wohlstandsberichts im Detail
Grundsätzlich stehen die Eckpunkte in einem Spannungsfeld. Einerseits, weil das Vorjahr vergleichsweise herausfordernd war, andererseits, weil gerade ein wirtschaftlicher Aufschwung stattfindet. Weil der aber auf massiven staatlichen Zuschüssen basiert, die jetzt auslaufen, kommt es mitunter zu Verwerfungen.
Ein Eckpfeiler des magischen Vielecks ist der Punkt „fair verteilter Wohlstand“. Im Mittelwert kam es hier weder zu einer Verbesserung noch zu einer Verschlechterung. Fortschritt gab es bei den Punkten „real verfügbare Einkommen“, „Forschung und Innovation“ und „Arbeitsproduktivität“. Doch heißt es in dem Bericht weiter: „Die Punktabzüge sind auf die anhaltend hohe Vermögenskonzentration, die große Lücke zwischen Frauen- und Männereinkommen sowie die unveränderte Ungleichheit der Einkommensverteilung zurückzuführen.“
Gut zu wissen: Was sind die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen?
Bei den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen handelt es sich um Ziele, die helfen sollen, ein Land wirtschaftlich und sozial nachhaltig zu entwickeln. Probleme der gesellschaftlichen Ungleichheit, mangelnden Lebensqualität und der Verschwendung von Ressourcen sollen damit gelöst werden. Am 25. September 2015 haben sich alle 193 UN-Mitgliedsstaaten verpflichtet, 17 Ober- und 169 Unterziele bis ins Jahr 2030 umzusetzen.
Die SDGs sollen auf globaler, nationaler und regionaler Ebene angegangen werden. Entsprechend rückten die UN-Ziele auch auf der Agenda der EU schnell weit nach oben. Der angestrebte Strukturwandel, der mit dem Green Deal und dem EU Recovery Plan erreicht werden soll, orientiert sich daran. Der Wohlstandsbericht trägt einen Teil dazu bei, die Erreichung dieser Ziele zu kontrollieren. Die werden jedoch torpediert – denn es droht eine Stagflation in Östereich.