Reportage: Wir sind keine Roboter

Inhalt

  1. Seite 1 - Ein Unternehmen denkt um
  2. Seite 2 - Positive Zwischenbilanz
  3. Seite 3 - Kein Handy am Arbeitsplatz
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Seit 1. Oktober hat das oberösterreichische Unternehmen eMagnetix die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich eingeführt. So wurde die kleine Firma auch für Fachkräfte attraktiv.

Zuschläge wackeln

Durch die von der Regierung durchgepeitschte Ausweitung der Höchstarbeitszeiten, die einen generellen 12-Stunden-Tag bzw. eine generelle 60-Stunden-Woche ermöglichen, hat der Druck auf die ArbeitnehmerInnen noch zugenommen. Das wirkt sich auch auf Gleitzeitvereinbarungen aus. Immer mehr Arbeitgeber wollen Betriebsvereinbarungen so ändern, dass die elfte und zwölfte Stunde ohne Zuschläge gearbeitet werden kann. Ansätze wie bei eMagnetix werden auch nicht von jedem gutgeheißen. „Ein Interessenvertreter hat im Fernsehen behauptet, dass wir deshalb unsere Preise erhöhen“, ärgert sich Geschäftsführer Hochreiter. Einige KundInnen waren deshalb schwer beunruhigt. „Durch unsere Maßnahmen haben wir einen Anreiz geschaffen, dass Fachkräfte zu uns kommen. Denn Online-Marketing ist eine extrem schnelllebige Branche und anstrengend“, weiß Hochreiter.

Durch unsere Maßnahmen haben wir einen Anreiz geschaffen, dass Fachkräfte zu uns kommen.

Klaus Hochreiter, Geschäftsführer eMagnetix

Im August letzten Jahres ist Birgit Tautscher neu zu eMagnetix gestoßen. In ihrem ehemaligen Job hatte sie nicht nur ihren All-in-Vertrag satt – etwas, das Hochreiter seinen MitarbeiterInnen auf keinen Fall anbietet. Die 32-jährige Projektmanagerin wollte unbedingt ihre einjährige Ausbildung zur zertifizierten Yoga-Trainerin abschließen, fand dafür aber keine Zeit. Mit dem Jobwechsel war das Problem gelöst, bereits im Oktober konnte Tautscher ihre letzte Prüfung absolvieren. „Ich musste dafür viel lernen, in der ,heißen‘ Phase habe ich unter der Woche zehn bis 15 Stunden für Yoga aufgewendet“, erzählt Tautscher. Die bekennende Frühaufsteherin beginnt immer zwischen 6.30 und 7 Uhr mit der Arbeit. „Meistens bleibe ich bis 14 Uhr und gehe dafür am Freitag früher nach Hause.“

(C) Christian Fischer
Das Mobiltelefon wandert in die Auszeit.

Kein Handy am Arbeitsplatz

Die gebürtige Tirolerin aus dem Inntal ist der Liebe wegen vor sieben Jahren nach Freistadt in Oberösterreich gezogen. Binnen einer Viertelstunde ist sie im Büro in Bad Leonfelden, davor pendelte Tautscher nach Linz und stand regelmäßig im Stau. „Mein alter Job war stressiger, ich habe wesentlich mehr Überstunden gemacht, war teilweise auch unkonzentrierter – etwa weil ich bei der Arbeit vom Handy abgelenkt wurde.“

Auch dieses Problem hat sich gelöst. Kommen die MitarbeiterInnen morgens ins Büro, bleiben nicht nur die Straßenschuhe beim Eingang stehen und werden von allen (außer den KundInnen) gegen bequeme Schlapfen getauscht – der anfangs ungewohnte Anblick vermittelt durchaus ein heimeliges Wohlgefühl. Auch die Mobiltelefone machen Pause. Verwahrt in einer Schreibtischschublade, sind sie abgedreht oder auf lautlos gestellt. Was erst an schulische Maßnahmen erinnert, stellt sich für die Betroffenen offenbar als Segen heraus und wird gut angenommen. Für BesucherInnen macht sich das durch ein friedvolles, ruhiges Klima bemerkbar.

Das Handy soll nicht im Sichtbereich liegen, blinkend, vibrierend und piepsend aus dem Konzept bringen. „Jede Ablenkung, heißt es, braucht ungefähr 15 Minuten Wiedereinarbeitungszeit“, erklärt Hochreiter. „Das haben wir dadurch unterbunden.“ Bei Müttern mit Kleinkindern wird eine Ausnahme gemacht. Und natürlich sind alle MitarbeiterInnen über eine Telefonanlage erreichbar.

Und noch ein abgeschafftes Ärgernis: In Hinkunft wird der Zeitfresser Stau jene fünf MitarbeiterInnen, die aus Linz nach Bad Leonfelden pendeln und zumeist mit dem Auto unterwegs sind, nicht mehr treffen. Ende des Jahres übersiedeln sie ins neue und zweite eMagnetix-Büro in Linz. Denn die 30-Stunden-Woche ist „ein toller Anreiz, aber der Effekt verpufft, wenn man lange anreisen muss“, wissen Fleischanderl und Hochreiter.

(C) Christian Fischer
Für Klaus Hochreiter haben sich durch die 30-Stunden-Woche mehr Potenziale als Probleme ergeben. Er denkt nun über weitere Änderungen nach, etwa über die Vier-Tage-Woche.

Weitere Informationen:
www.emagnetix.at/30sindgenug

Von
Sophia Fielhauer-Resei und Christian Resei

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 2/19.

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