Wie hat Spanien die Inflation unter Kontrolle gebracht?
Im November 2022 lag die Inflation in Spanien bei 6,7 Prozent. Im Dezember 2022 bei 5,6 Prozent. Viele andere europäische Länder mussten im gleichen Zeitraum mit zweistelligen Preissteigerungen kämpfen. In Österreich liegt die Inflation seit Monaten im zweistelligen Bereich. Das liegt in erster Linie daran, dass die spanische Regierung schnell und umfangreich auf die Teuerungsrate reagiert hat. Sie hat schnell große Teile des Maßnahmenbündels umgesetzt, das die EU-Kommission vorgeschlagen hatte. Projekte, die nicht den gewünschten Effekt hatten, beendete die Regierung, ließ sie auslaufen oder passten die Umsetzung.
Eine davon war die Subventionierung von Diesel und Benzin. Der Staat zahlte 20 Cent pro Liter. „Aber das ist keine progressive Maßnahme, denn sie unterstützt jeden Haushalt, egal mit welchem Einkommen. Mit Ende 2022 sind viele unserer Maßnahmen ausgelaufen. Wir haben alle verlängert, außer diese“, erklärt Nacho Álvarez, Staatssekretär für soziale Rechte, im Interview mit Profil. Allerdings gibt es hier Ausnahmen. So werden Fuhrbetrieb, Fischer und die Landwirtschaft auch weiterhin unterstützt.
Das hat auch damit zu tun, dass Spanien Grundnahrungsmittel günstig halten will. Deswegen hat die Regierung die Mehrwertsteuer für viele Produkte (darunter Brot, Käse, Milch, Obst, Gemüse und Getreide) ganz abgeschafft. Für Nudeln und Speiseöl zahlen Kunden nur noch einen reduzierten Steuersatz von fünf Prozent. Vorher waren es zehn Prozent. Auch Österreicher:innen haben aktuell mit enormen Preissteigerungen bei den Lebensmitteln zu kämpfen.
Spanien unterstützt wirtschaftlich Benachteiligte gezielt
Um die Folgen der Inflation abzumildern, hat Spanien außerdem eine Reihe von Maßnahmen eingeführt, die vor allem Menschen helfen, die wenig Geld zu Verfügung haben. So hat die Regierung ein Programm für kostenlose Bahnfahrten (im Nah- und Fernverkehr) bis zum Ende 2023 verlängert. Gleichzeitig kriegen Pensionist:innen 8,5 Prozent mehr. Besonders niedrige Pensionen hebt die Regierung sogar um 15 Prozent an. Haushalte, die weniger als 27.000 Euro pro Jahr zu Verfügung haben, erhalten überdies eine Einmalzahlung.
Auch bei den Energiepreisen hat Spanien früh eingegriffen. „Wir haben einen temporären Mechanismus, der den Gaspreis bei 40 Euro pro Megawattstunde kappt. Dieser Preisdeckel hilft uns, den Anstieg der letzten Monate für die Haushalte abzudämpfen“, erläutert Álvarez. Die europäische Variante sei mit 180 Euro zu hoch angesetzt. Derart ausgestaltet würde die Maßnahmen nicht helfen, die Probleme zu bewältigen.
In Spanien müssen die Reichsten helfen
Im Kampf gegen die negativen Folgen der Inflation hat Spanien auch bei den Mieten eingegriffen. In Österreich hat mittlerweile eine Inflations-Miet-Spirale eingesetzt. Die hohen Preissteigerungen treiben auch die Wohnkosten in die Höhe, weil die Mieten automatisch angepasst werden. Die spanische Regierung hat bestehende Mietverträge einfach für sechs Monate eingefroren. Zusätzlich wurden Mieterhöhungen für das Jahr 2023 auf maximal zwei Prozent begrenzt.
Spanien ist Vorbild in Teuerungskrise. Niedrigste Inflationsrate (Nov 6,7%) durch Preisregulierung: Gaspreisdeckel in Stromerzeugung, Mieterhöhungsdeckel bei 2% ua. Aktive Verteilungspolitik: Übergewinnsteuer, Vermögenssteuer, Hilfe für Armutsgefährdete.https://t.co/wKyiKEKxxh pic.twitter.com/rUBgENdIvh
— Markus Marterbauer (@MarterbauerM) December 27, 2022
In Spanien gibt es zudem bereits seit dem Jahr 2021 eine Übergewinnsteuer. Stromerzeuger, die ihren Strom nicht mit Gas produzieren, aber von dessen Preissteigerungen profitiert haben (vor allem Solar-, Wasser- und Kernkraft wegen der Merit-Order) mussten damals einmalig 90 Prozent der Zufallsgewinne abgeben. Der spanische Tankstellenbetreiber Repsol hatte beispielsweise einen Überschuss präsentiert, der 15-mal höher war als im Vorjahr. Die aktuelle Sonderabgabe soll jährlich 3,5 Milliarden Euro bringen. 1,5 Milliarden davon stammen von Banken.