Wider die Auswüchse des Marktes

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Eine Reform des Mietrechts ist längst überfällig, um leistbares Wohnen auch in Zukunft zu gewährleisten - und um MieterInnen Rechtssicherheit zu geben.

Gravierende Verbesserungen nötig

Eine wirksame Mietzinsobergrenze soll freilich „echte“ Investitionen zur Neuschaffung von Wohnraum nicht verhindern. Eine intelligente Regelung könnte Investitionen in den Neubau sogar gezielt anregen. Das am Markt befindliche Kapital würde dann dorthin ausweichen, wo es schrankenfrei verdienen kann: in zusätzliche Wohnbauproduktion. Damit das Richtwertsystem auch ein effektives Mietenbegrenzungssystem ist, muss es gravierend verbessert werden. Folgende Änderungen sind notwendig:

  • Bundesweit einheitlicher Richtwert/Basismietzins von 6 Euro/m²,
  • Geltung der Mietpreisbegrenzung für alle Mietverhältnisse über Wohnungen, ausgenommen frei finanziert errichtete Neubauten, die nicht älter als 30 Jahre sind,
  • eine klare gesetzliche Nennung der zulässigen Zuschläge zum Richtwert, der Art und der Höhe nach,
  • jedenfalls eine wirkungsvolle Begrenzung des Lagezuschlages beispielsweise mit 20 Prozent des Richtwertes für beste Lagen – mit diesem Zuschlag erhält der Vermieter ja nicht für eigene Leistungen ein Entgelt, sondern für Leistungen von aus Steuermitteln finanzierten öffentlichen Infrastruktureinrichtungen; z. B. U-Bahn Bau,
  • bei gesetzeswidrigen Mieten, sollten Vermieter den MieterInnen das Doppelte des verlangten Betrages zurückzahlen müssen.

Befristete Mietverhältnisse bedeuten nicht nur eine enorme Rechtsunsicherheit und damit weniger MieterInnenschutz – sie verteuern die Wohnkosten durch regelmäßig fällige Übersiedlungs- und Maklerkosten etc. Weiters ist der Verlust sozialer Netze und Bezugspunkte sehr problematisch, insbesondere für Familien mit Kindern. Befristungen werden noch dazu sehr oft zum Lukrieren von „windfall profits“ benutzt.

MieterInnen unter Druck

Ein typisches Beispiel sind MieterInnen, die bei Ablauf der Mietdauer vor die Wahl gestellt werden: Entweder sie müssen mit ihrer Familie die Wohnung und meist auch die gewohnte Wohnumgebung aufgeben – oder sie stimmen einer Verlängerung des Mietvertrages zu einem um z. B. 20 Prozent höheren Mietzins zu (weil das der Markt jetzt hergeben würde). Die MieterInnen sollen also dem Vermieter mehr Leistung erbringen, obwohl der Vermieter keinerlei Mehrleistung selbst erbringt. Deshalb sollten Befristungen für Mietverhältnisse über Wohnungen nur bei sachlicher Rechtfertigung zulässig sein. Eine Ausnahme könnte sein, wenn der Vermieter oder die Vermieterin bereits bei Mietvertragsabschluss einen konkreten zukünftigen Eigenbedarf für sich oder Verwandte in gerader Linie absehen kann.

In Österreich sind Mietrecht, Wohnbauförderung und der gemeinnützige Sektor als Instrument aktiver Wohnungspolitik zumindest weitgehend anerkannt. Es ist aber wohl verkürzt, dies als bloße Sozialpolitik zu sehen. Wenn Mieten stärker als das allgemeine Preisniveau steigen, wie dies in den Ballungsräumen bei praktisch jedem Neuvertragsabschluss der Fall ist, hat dies negative Effekte auf den Konsum – und somit auf Wachstum und Beschäftigung.

Überproportionale Steigerungen der Mieten bedeuten zudem verstärkte Ausgaben für die Wohnbeihilfe, also für die öffentliche Hand. Diese Steuereinnahmen fehlen der Allgemeinheit dann an anderer Stelle, etwa für den Bau von Schulen und Spitälern. Das Mietrecht in seinen vielschichtigen Auswirkungen muss daher auch als Instrument der Wirtschaftspolitik bezeichnet werden.

AK-Studie „Mietensteigerungen in Österreich und in Wien
AK-Analyse „Wohnst du schon oder suchst
du noch?“

Von
Walter Rosifka
Abteilung Konsumentenschutz der AK Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 4/17.

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