Am 13. Februar 2025 war es so weit: Bis zu diesem Tag haben Frauen in Österreich statistisch gesehen unbezahlt gearbeitet. Denn Frauen verdienen hierzulande durchschnittlich noch immer um 12,2 Prozent weniger als Männer, worauf der Equal Pay Day jedes Jahr hinweist. Auf Tage umgemünzt bedeutet das: 44 Tage gratis Arbeit im Jahr. Zur Berechnung des Gender Pay Gap zieht das Netzwerk Business and Professional Women Austria den Median der Jahresbruttoeinkommen von allen Vollzeitbeschäftigten heran. Nur einen Tag vorm Valentinstag wird wieder deutlich, was Frauen statt Blumensträußen wirklich brauchen: Gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
Gender Pay Gap
„Wer würde freiwillig auf 10, 20 oder 30 Prozent seines Gehalts verzichten?“, fragt Eva-Maria Burger, Leiterin der Abteilung für Frauen und Gleichstellungspolitik der AK Wien, und gibt auch gleich die Antwort: „Niemand.“ Die Expertin weist darauf hin, dass der Gender Pay Gap je nach Berechnungsmethode noch weiter auseinanderklaffen kann. Die EU-Statistikbehörde Eurostat berechnet mit Blick auf alle Arbeitnehmer:innen, also Teilzeit und Vollzeit, den durchschnittlichen Bruttostundenlohn von Männern und Frauen. Hier lag die Gehaltslücke zuletzt sogar bei 18,4 Prozent. Im EU-Vergleich belegt Österreich den vorletzten Platz.
„Ein Drittel der Lohnlücke können wir statistisch erklären durch Faktoren wie Branche, Beruf, Dienstalter oder Region“, sagt Burger. „Zwei Drittel des Gender Pay Gaps sind aber durch statistische Faktoren nicht erklärbar und hier liegt die Vermutung nahe, dass es sich um Lohndiskriminierung handelt.“
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Strukturell sei zu erkennen, dass in vielen frauendominierten Branchen geringere Löhne ausbezahlt werden. Als Beispiel nennt Burger den Pflegebereich als Frauen- oder die besser bezahlte IT-Branche als Männerdomäne. Außerdem gehe die Schere dort auseinander, wo über dem kollektivvertraglichen Mindestlohn bezahlt wird: „Die Lücke ist da, wo es um Überzahlung, Boni, Leistungsprämien geht, am größten“, sagt Burger. „Arbeitgeber:innen haben aber die Verpflichtung, gleichwertige Arbeit auch gleich zu bezahlen und nicht jene besser zu entlohnen, die besser verhandeln.“
Transparenz gegen Diskriminierung
Sowohl die Initiative Equal Pay als auch die Arbeiterkammer und der ÖGB fordern als wesentlichste Maßnahme gegen Lohndiskriminierung die Umsetzung der EU-Lohntransparenzrichtlinie in Österreich. Sie sieht vor, dass Unternehmen ab 100 Mitarbeiter:innen Einkommensberichte erstellen und auf Anfrage Durchschnittslöhne von Abteilungen vorlegen müssen, wenn sich Arbeitnehmer:innen darüber informieren wollen. Auch Verschwiegenheitsklauseln, die verbieten, das eigene Gehalt im Betrieb oder öffentlich bekanntzugeben, sollen damit fallen. Die EU-Richtlinie ist seit Mai 2023 in Kraft, die Überführung in nationales Recht in Österreich noch ausständig. Zeit ist bis Juni 2026.
„Es finden zwar seit 2024 Expert:innengespräche statt, doch eine Umsetzung ist noch nicht in Aussicht“, sagt Burger. „Gerade, weil das ja alle Arbeitnehmer:innen und viele Unternehmen betrifft, ist es in Wirklichkeit schon fünf vor zwölf.“ Die AK fordert, dass Einkommensberichte in Österreich schon für Betriebe ab 25 Beschäftigten zu erstellen sind. Damit wären im KMU-Land Österreich nur drei Prozent der Unternehmen aber 70 Prozent der Mitarbeiter:innen abgedeckt. Unternehmen ab 150 Mitarbeitenden sind jetzt schon berichtspflichtig.
Wichtige Rolle des Betriebsrats
Auch die Einrichtung einer Monitoring-Stelle für Lohntransparenz ist vorgesehen, die Unterstützung und Beratung bieten, statistische Daten sammeln und diese nach Brüssel berichten soll. Betriebsräten werden durch die Richtlinie wichtige Rechte zugesprochen. Ist aus den Einkommensberichten im Betrieb beispielsweise ein Gender Pay Gap von fünf Prozent oder mehr zu erkennen, so muss eine gemeinsame Bewertung des Entgelts stattfinden.
Arbeitgeber:innen haben die Verpflichtung, gleichwertige Arbeit auch gleich zu bezahlen und nicht jene besser zu entlohnen, die besser verhandeln.
Eva-Maria Burger
„Praktisch kann das dann so aussehen, dass sich der Betriebsrat und die Geschäftsführung des Unternehmens zusammensetzen und herausfinden, wie es zu diesen Gehaltsunterschieden kommt“, erklärt die AK-Expertin. Zudem sei es dann die gemeinsame Aufgabe, die Lücke zu schließen und für gerechte Löhne zu sorgen.
Weitere Möglichkeiten, die Lohndiskriminierung von Frauen zu beenden, wären für AK und ÖGB ein Familienarbeitszeitmodell, das auf eine faire Aufteilung der Care-Arbeit abzielt. Beide Elternteile könnten nach der Karenz ihre Wochenarbeitszeit reduzieren und dafür eine Pauschale steuerfrei ausbezahlt bekommen. Denn die Hauptlast der unbezahlten Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen, die meistens Frauen stemmen, trägt zu niedrigeren Löhnen, schlechteren Karrierechancen und zu Altersarmut von Frauen bei. In dieselbe Kerbe schlägt die Forderung nach einer zusätzlichen Milliarde für die Finanzierung von Kinderbetreuungseinrichtungen.
Der Equal Pay Day sei also ein guter Anlass, um auf die Lohndiskriminierung von Frauen hinzuweisen und sich diese wieder in Erinnerung zu rufen. Doch der Gender Pay Gap schließt sich nicht von selbst: „Es braucht konkrete Maßnahmen”, sagt AK-Expertin Burger, und das gerade auch in Österreich.
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