Vorsicht Schnittgefahr!

Inhalt

  1. Seite 1 - Arbeitsmarktpolitik in spürbarem Widerspruch zu familiären Bedürfnissen
  2. Seite 2 - Besser wäre kluge Familienpolitik
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In der Familienpolitik ergibt sich in Summe ein zersplittertes Bild, an dessen scharfen Kanten sich Familien durchaus schneiden könnten.

Besser wäre kluge Familienpolitik

Leichter wäre es für den Bund, seinerseits weiterhin Mittel für den Ausbau der Kinderbildung zur Verfügung zu stellen. Das hat er schon bisher gemacht, nur leider läuft die aktuelle Finanzierung 2018 aus. Unerfreulich, denn wie der internationale Vergleich deutlich zeigt, hinkt Österreich in diesem Bereich gegenüber anderen europäischen Staaten nach. Im Gegensatz zur Familiensteuer fehlen aber bei der Kinderbildung die konkreten finanziellen Vorgaben.

Dabei hätte man dort mit dem Geld für den Familienbonus unglaublich viel bewegen können: Flächendeckende Plätze für unter Dreijährige, Vollzeit-Öffnungszeiten in allen Kindergärten, ein kostenloses zweites Kindergartenjahr für alle und mehr qualifiziertes Personal in allen Gruppen hätten damit realisiert werden können. Man hätte beste Vereinbarkeit von Familie und Beruf und wirklich gute Frühförderung schaffen können. Ob sich das wirklich alles ausgegangen wäre? Aber ja! Denn 1,5 Milliarden wären ein Budgetplus von 67 Prozent für die Kinderbildung. Mit diesen Investitionen wären zudem Tausende Jobs geschaffen worden, was wiederum zu enormen Rückflüssen an die öffentliche Hand geführt hätte. Kurz: Es wäre kluge Familienpolitik in jeder Hinsicht gewesen. Leider hat die Regierung derzeit andere Prioritäten.

Ungleiche Verteilung

Wohin es künftig mit den Familien geht, wird nicht nur im Familienkapitel entschieden. Vor allem einige Maßnahmen aus dem Arbeitsmarktbereich werden spürbare Auswirkungen haben. Österreich hat schon jetzt eine sehr ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern: Fast die Hälfte der Paare mit Kindern folgt dem Muster Mann Vollzeit – Frau Teilzeit. Bei mehr als einem Drittel ist der Mann Alleinverdiener. Lediglich bei 13 Prozent teilen sich die Eltern die Erwerbs-Arbeitszeit relativ gleich auf.

Das Zusammenspiel von kurzen Öffnungszeiten von Kindergärten und Schulen und überlangen Arbeitszeiten macht es Eltern schwer, sich für eine ausgewogene Verteilung der Arbeitszeit zu entscheiden. Notwendig wäre also eine Politik, die eine Annäherung der Arbeitszeiten zwischen Frauen und Männern fördert. Stattdessen soll der Zwölfstundentag kommen, der viele Familien ins Schleudern bringen wird. Verschärft wird die Situation dadurch, dass künftig bei der Jobsuche ein Arbeitsweg von 2,5 Stunden täglich bei Vollzeit zumutbar sein soll. So können es fast 15 Stunden werden, bis man an solchen Tagen wieder zu Hause ist.

Es liegt auf der Hand, dass solche Tage mit Kinderbetreuung nicht einmal im Ansatz vereinbar sind. Es besteht die Gefahr, dass die Menschen auf ein altbekanntes Szenario zurückgreifen, um diesen Konflikt aufzulösen: Der Vater widmet sich voll der Erwerbstätigkeit, die Mutter konzentriert sich auf die Familienaufgaben und arbeitet maximal ein paar Stunden. Der Zwölfstundentag droht somit die traditionelle Arbeitsteilung zu verstärken.

Einkommensnachteile

Vielleicht ist das nicht ganz ungewollt, denn an anderer Stelle soll das längere Zuhausebleiben definitiv unterstützt werden, nämlich beim Kinderbetreuungsgeld (KBG). Der Plan ist, den versicherungsrechtlichen Schutz in Richtung der längsten möglichen Bezugsvariante auszudehnen. Was das genau heißen soll, bleibt unklar, aber es ist zu befürchten, dass damit eine Verlängerung der Karenz gemeint ist. Derzeit geht die maximale Karenzdauer bis zum zweiten Geburtstag des Kindes. Eine Verlängerung auf bis zu drei Jahre würde vor allem für Frauen Anreize zu langen Berufsunterbrechungen schaffen, die in der Folge zu Einkommens- und Karrierenachteilen führen.

Wirkliche Wahlfreiheit?

Auch hier kommt wieder der Ausbau der Kinderbildung ins Spiel. Derzeit haben nicht einmal drei von zehn unter dreijährigen Kindern einen Platz in einer Krippe oder bei Tageseltern. Notwendig wäre daher ein Recht auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr des Kindes, damit Eltern wirkliche Wahlfreiheit haben, wann sie in den Beruf zurückkehren wollen.

Blogtipp:
www.awblog.at/kluge-familienpolitik

Von
Sybille Pirklbauer
Abteilung Frauen und Familie, AK Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 3/18.

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
ybille.pirklbauer@akwien.at
oder die Redaktion
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