Reportage: Voll motiviert

Fotos (C) Markus Zahradnik

Inhalt

  1. Seite 1 - Betriebsstättenerhebung Nummer 1
  2. Seite 2 - Logistische Herausforderung
  3. Seite 3 - Betriebsstättenerhebung Nummer 2
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Bereits seit vielen Monaten laufen die Vorbereitungen für die Arbeiterkammerwahlen 2019. Wir besuchten die AK-Bezirksstelle Korneuburg, in der die OrganisatorInnen – trotz meist hohem Stresspegel – mit Feuereifer bei der Sache sind.
Im niederösterreichischen Bezirk Korneuburg hat sich die Situation seit den letzten AK-Wahlen 2014 verändert: Einige Firmen haben ihren Standort geschlossen, so auch der Süßwarenhersteller Auer-Blaschke. Das Werk in Spillern zählte 60 Beschäftigte, die Produktion wurde zum Mutterkonzern in Spitz, Oberösterreich, verlagert. Andere große Traditionsbetriebe haben ihren Personalstand deutlich reduziert. Außerdem – was ungewöhnlicher ist als Unternehmens-Umstrukturierungen – wurde der Bezirk Wien-Umgebung im Jänner 2017 aufgelöst. Seither zählt auch Gerasdorf zu den aktuell 20 Gemeinden des Bezirks Korneuburg.

Seit 20 Jahren dabei

Weitgehend unverändert ist hingegen die Zusammensetzung des Kernteams der AK-Bezirksstelle Korneuburg. Für die Wahlorganisation verantwortlich sind Bezirksstellenleiter Alfred Jordan, Brigitte Schüller und Marion Klapps. Die drei sind nicht zum ersten Mal in die Vorbereitungen eingebunden. Routinier Alfred Jordan, seit 1998 in der ­Bezirksstelle tätig, hat bereits die AK-Wahl 2004 organisiert.

Die erste AK-Wahl in der neuen Funktion als Bezirksstellenleiter und Hauptverantwortlicher war eine große Herausforderung für mich.“ Unter anderem sind zahlreiche Termine, Fristen und Erledigungslisten zu beachten und abzuarbeiten: „Das hat mir auch schon die eine oder andere schlaflose Nacht beschert. Heute ist das für mich zwar alles eher Routine, aber jede AK-Wahl ist dann doch wieder eine ganz spezielle und packende Aufgabe“, weiß Jordan.

Betriebsstättenerhebung Nummer 1

Die ersten Vorbereitungen für die AK-Wahlen in Korneuburg haben nach der Urlaubszeit im September begonnen. Im niederösterreichischen AK-Wahlbüro mit Sitz in St. Pölten startete die Arbeit allerdings schon deutlich früher, nämlich im Juni mit der ersten Betriebsstättenerhebung. „Da wurden rund 16.500 niederösterreichische Betriebe mit mehr als fünf DienstnehmerInnen angeschrieben, um zu eruieren, wie viele Betriebsangehörige es an welchen Standorten gibt“, erklärt Christian Haberle, Leiter des Arbeiterkammer-Wahlbüros Niederösterreich. „Außerdem werden mehr als 150.000 Arbeitssuchende, Karenzierte, Lehrlinge, geringfügig Beschäftigte sowie Zivil- und Präsenzdiener angeschrieben und eingeladen, sich zu veranlagen.“

Fotos (C) Markus Zahradnik
Blick aus dem Betriebsratszimmer auf
die ­Werkshalle. Bild rechts unten: Jugend­vertrauensrat Daniel Graser in Aktion.

Denn diese sogenannten sonstigen Wahlberechtigten haben – wie der Name schon sagt – das Wahlrecht, stehen aber ohne eigenes aktives Handeln in Form dieser Veranlagung auf keiner WählerInnenliste. Bevor sie allerdings tatsächlich wählen können, wird vom Wahlbüro noch geprüft, ob die Betreffenden – etwa vor Arbeitslosigkeit oder Zivildienst – nicht womöglich als LandarbeiterInnen oder in der Hoheitsverwaltung tätig waren und somit keine AK-Mitglieder sind.

Gewählt wird im Betrieb, per Wahlkarte oder in einem öffentlichen Wahllokal, wie es die Bezirksstelle Korneuburg zwischen 20. März und 2. April 2019 auch sein wird. Doch bis dahin wartet noch einiges an Arbeit auf Alfred Jordan und sein Team: „Wir haben im Bezirk mit den ortsansässigen Unternehmen eine gute Gesprächsbasis und auch sozialpartnerschaftlich ein hervorragendes Klima auf Augenhöhe. Das sind sehr gute Voraussetzungen für die Vorbereitungsarbeiten und die Durchführung der AK-Wahl.“ In der Regel gibt es bei Betrieben mit Betriebsrat keine Probleme, eine eigene Wahlkommission im Unternehmen zu bilden – sie besteht grundsätzlich aus Mitgliedern des Betriebsrates. Die Beschäftigten haben dadurch die Möglichkeit, sozusagen im eigenen Wahllokal von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Im Jahr 2014 war das bei rund 35 Betrieben im Bezirk Korneuburg der Fall.

Betriebliche Wahlkommissionen

Wie viele Betriebswahlkommissionen es bei den kommenden AK-Wahlen geben wird, weiß Alfred Jordan bei unserem Treffen Mitte November noch nicht. Auch wie viele Unternehmen von den mobilen Wahlkommissionen besucht werden, wird erst geplant. Es handelt sich u. a. um Firmen ohne Betriebsrat – so können auch deren Beschäftigte direkt am Arbeitsplatz wählen. Bezirksstellenleiter Jordan: „Der Besuch einer mobilen Wahlkommission wird von den Geschäftsleitungen auch problemlos genehmigt.“ Und er findet ohne wesentliche Störungen der Betriebsabläufe statt.

Die WahlorganisatorInnen orientieren sich an der letzten AK-Wahl und den Erfahrungswerten. Zu recherchieren gilt es Folgendes: „Welche Betriebe waren es beim letzten Mal und gibt es die alle noch? Haben sich Betriebe in Größe und Struktur verändert? Sind die damaligen Wahlzeiten noch aktuell oder diesmal anders zu organisieren?“

Fotos (C) Markus Zahradnik

Alfred Jordan erzählt, dass er im Zuge der Wahlvorbereitungen alle BetriebsrätInnen persönlich in den jeweiligen Unternehmen besucht, um mit ihnen sämtliche Einzelheiten zu besprechen und eventuelle Fragen zu klären.

Einer der organisierten Betriebe mit eigener Wahlkommission ist die Firma Liebherr-Transportation Systems GmbH & Co KG im Korneuburger Industrie­gebiet. Arbeiterbetriebsrat Reinhard Handler treffen wir während eines spontan organisierten Betriebsrundgangs: „Bei den AK-Wahlen im Frühjahr wird unser freigestellter Angestellten-Betriebsrat als Vorsitzender der Wahlkommission im Einsatz sein, und ich bin sein Stellvertreter.“ Unter den rund 220 Beschäftigten gibt es 50 Arbeiter, der Rest sind Angestellte, der Betrieb hat insgesamt fünf Lehrlinge, berichtet Handler.

BetriebsrätInnen vor Ort

Inmitten der riesigen Werkshalle, wo Heizungs-, Lüftungs- und Klimasysteme für Schienenfahrzeuge aller Art repariert und gewartet werden, ist der Geräuschpegel erstaunlich niedrig. Aus einem Radio tönt Unterhaltungsmusik. „Dani!“ Der Arbeiterbetriebsrat winkt einen jungen Mann mit – derzeit sehr beliebtem – Vollbart zu uns. „Das ist Daniel Graser, unser Jugendvertrauensrat. Er ist im letzten Lehrjahr, und ich setze große Hoffnungen für die Zukunft in ihn, schließlich gehe ich bald in Pension.“ Reinhard Handler arbeitet seit 28 Jahren im Unternehmen, er war bei den AK-Wahlen 2014 erstmals Mitglied der Wahlkommission. „Die Zusammenarbeit mit Fredi Jordan hat immer sehr gut geklappt“, erinnert sich Handler. Im Vorfeld gab es für alle BetriebsrätInnen im Bezirk eine Informationsveranstaltung, bei der die gesetzlichen Grundlagen erklärt wurden: „Wir konnten Fragen stellen und haben auch gleich das Wahlmaterial, also Stimmzettel, Wählerlisten, Urnen etc. bekommen.“ Auch mit der Geschäftsleitung lief alles reibungslos. „Unsere Unternehmensführung ist sehr kooperativ. Wir haben ein wirklich gutes Gesprächsklima und erhalten noch viele Sozialleistungen, die es anderswo längst nicht mehr gibt – wie etwa eine Betriebskantine.“

Inzwischen sind wir im Zimmer des Arbeiterbetriebsrats direkt über der Werkshalle angekommen. Im kommenden Frühjahr wird es auch als Wahllokal fungieren und die Wahlurne beherbergen.

Fotos (C) Markus Zahradnik
Für die Tourenplanung ziehen sich Alfred Jordan und Marion Klapps mehrere Stunden lang in den Veranstaltungssaal zurück. Nur dort ist genügend Platz, um die Routen zusammenzustellen.

Die Dauer von zwei Wochen ermöglicht es, die tatsächlichen Wahlzeiten im Betrieb flexibel an die betrieblichen Erfordernisse und Bedürfnisse der Wahlberechtigten anzupassen. Jedes Unternehmen, in dem vor Ort eine Wahlkommission eingerichtet wird, legt selbst fest, an welchen Tagen dann tatsächlich gewählt wird. Um möglichst vielen Beschäftigten das Wählen zu ermöglichen, liegt zwischen den beiden Terminen auch beim Unternehmen Liebherr eine ganze Woche. So können theoretisch auch all jene wählen, die beim ersten Termin krank, auf Urlaub oder einer Dienstreise waren.

„Während der Wahlzeiten ist auch wichtig, dass jemand aus dem Betriebsrat durch die Firma geht und die Kollegen daran erinnert, dass sie genau jetzt die Möglichkeit haben, ihre Stimme abzugeben“, weiß Reinhard Handler aus Erfahrung. „Denn alle bekommen zwar die Infos zugeschickt und die Termine hängen auch hier aus, aber die Kollegen sind dann oft so in ihre Arbeit vertieft, dass sie vielleicht trotzdem auf den konkreten Termin vergessen.“

Logistische Herausforderung

Auch wo die betrieblichen Ressourcen für eine eigene Wahlkommission fehlen, werden mobile Wahlkommissionen eingesetzt. Bei den letzten Wahlen wurden 118 Unternehmen im Bezirk Korneuburg von den AK-MitarbeiterInnen besucht. „Aus organisatorischen Gründen kommen wir in der Regel erst in Betriebe ab 15 Beschäftigten“, erklärt Alfred Jordan. Beschäftigte kleinerer Betriebe könnten auch in einem nahe gelegenen größeren Unternehmen wählen. „Tatsächlich wird das aber nur sehr selten gemacht“, weiß AK-Wahlbüroleiter Christian Haberle. „Die meisten Unternehmen haben es nicht gern, wenn Betriebsfremde durch das Betriebsgelände oder die Büros spazieren. Daher geben Beschäftigte aus kleineren Unternehmen ihre Stimme meist in einem öffentlichen Wahllokal ab.“

Die Abstimmung der einzelnen Wahlzeiten ist entsprechend den betrieblichen Vorgaben kompliziert und zeitaufwendig. Moderne Entwicklungen wie Homeoffice und mobiles Arbeiten machen die Planung nicht gerade leichter. Denn immer seltener sind alle Angestellten gleichzeitig anwesend.

„Bei manchen Betrieben kommen die MitarbeiterInnen in der Früh vorbei und fahren danach wieder“, berichtet Bezirksstellenleiter Alfred Jordan, „da ist es einfach sinnvoll, dass das Wahllokal gleich zu Arbeitsbeginn geöffnet hat. Und bei Schichtbetrieb erreichen wir während des Schichtwechsels die meisten Beschäftigten.“

Für die schwierige Koordination der Einsätze benötigen der AK-Bezirksstellenleiter gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Marion Klapps mehrere Stunden. Im Veranstaltungssaal, nur dort ist genügend Platz, planen sie mihilfe des Stadtplanes die zeitliche Abfolge der Betreuung.

Fotos (C) Markus Zahradnik
Reinhard Handler ist Arbeiter-Betriebsrat bei Liebherr in Korneuburg:
Die Zusammenarbeit mit der AK hat immer gut geklappt.

Diese Herausforderung kennen auch die MitarbeiterInnen des AK-Wahlbüros in St. Pölten. Generell, so Christian Haberle, gebe es leider die Tendenz, dass die Betriebe für die Zeiten der Stimmabgabe vor der Wahlkommission nur Randzeiten vorschlagen. Der Arbeitsausfall durch das Wählen wäre dadurch niedriger. „Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass zu diesen Zeiten weniger Beschäftigte anwesend sind.“

Betriebsstättenerhebung Nummer 2

Wahlberechtigt sind alle, die am 3. Dezember in Niederösterreich beschäftigt sind, sowie alle, die sich veranlagt haben (siehe oben) und deren Wahlberechtigung nach Prüfung durch die Wahlbehörde festgestellt wurde. Allerdings sind auch Anpassungen bei der Zuordnung der MitarbeiterInnen zu den Wahlsprengeln möglich, erklärt Alfred Jordan: etwa wenn ein Betrieb LeiharbeiterInnen hat, die nicht dort, sondern bei der Leiharbeitsfirma angemeldet sind. Da ist es natürlich sinnvoll, wenn diese MitarbeiterInnen auch direkt im Betrieb wählen können.

Am 14. Dezember erfolgt die zweite Betriebsstättenerhebung: Die Betriebe melden dem AK-Wahlbüro Namen und Sozialversicherungsnummern. Dementsprechend werden die WählerInnen-Listen erstellt.

Ein wichtiger Kommunikationskanal zwischen Wahlbüro und den Bezirksstellen ist die zentrale Wahldatenbank. Sie liefert den MitarbeiterInnen vor Ort aktuelle Informationen und Fakten. Die Bezirksstellen wiederum geben sämtliche Daten, etwa aus den Einverständniserklärungen, in das System ein. In Korneuburg ist dafür Brigitte Schüller verantwortlich. Auf Basis dieser Vorgaben werden Mitte Februar die exakten Wahlzeiten und Wahlorte von der Zweigwahlkommission beschlossen. Ihren Vorsitz übernimmt ein/e VertreterIn der Bezirkshauptmannschaft oder des Magistrats. Änderungen sind nur in echten Notfällen (Betriebsschließungen, Naturkatastrophen etc.) möglich.

Die erste Stressphase für Jordan, Klapps und Schüller sollte allerdings schon früher vorbei sein: „Wir haben uns als Ziel gesetzt, bis Jahresende mit allen formalen Vorbereitungsarbeiten für die AK-Wahl fertig zu sein. Dann fällt uns allen sicher ein Stein vom Herzen und wir können ein paar Tage durchatmen“, hofft der Bezirksstellenleiter. Insgesamt sieben Beschäftigte sind – zusätzlich zu den laufenden Dienstleistungen für die AK-Mitglieder – mit der Organisation der Wahlen zugange. Das geht natürlich nicht ohne Überstunden. Wird es einmal eng, trägt auch die Reinigungskraft zum Gelingen der Wahl bei und hilft etwa beim Zusammenbau der Wahlurnen.

Fotos (C) Markus Zahradnik
Formulare, Protokolle, Einverständniserklärungen etc. – AK-Wahlen bedeuten immer
auch jede Menge Unterlagen in Papierform.

Zeit, zu wählen!

Als öffentliches Wahllokal wird die Bezirksstelle Korneuburg am 20. März ab acht Uhr geöffnet sein. Im vorderen Bürobereich kann wochentags zwischen 8 und 16 Uhr gewählt werden. „Zusätzlich wird auch an einem Samstag und Sonntag geöffnet sein“, bestätigt Alfred Jordan. Wer keinem Betriebswahlsprengel zugeordnet ist – beispielsweise Beschäftigte kleinerer Betriebe –, erhält die Wahlkarte automatisch mit der Post und kann per Briefwahl oder eben in einem öffentlichen Wahllokal wählen. Wahlkarten können außerdem von all jenen AK-Mitgliedern beantragt werden, die ihre Stimme im Wahlzeitraum nicht persönlich abgeben können (u. a. Urlaub, Dienstreise).

Übrigens: Die Wahlurnen werden zwischen den Wahlzeiten sicher verwahrt. Das Öffnen und Entleeren erfolgt nicht durch die Wahlkommissionen vor Ort. Die Stimmen werden erst ausgezählt, wenn die Zweigwahlkommission am 2. April zusammentritt. Brigitte Schüller, die auch bei der letzten Auszählung dabei war, erinnert sich noch gut: „Am Ende des Zählens stehe ich natürlich schon noch einmal unter Strom, wenn mir unsere Bezirkshauptfrau dabei über die Schulter schaut.“

Die damaligen Korneuburg-Ergebnisse beeindrucken: Mit 53,63 Prozent war die Wahlbeteiligung etwas größer als 2009 und lag deutlich über dem niederösterreichischen Durchschnitt (40,91 Prozent).

Von
Astrid Fadler

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 10/18.

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