Steigende Kosten vs. Profite
Das Ausmaß der Inflation in Österreich hat nicht nur Arbeitnehmer:innen, sondern auch viele Experten Überrascht. Die Preise für Benzin, Gas und Heizöl explodierten förmlich. Im September war die Preissteigerung mit 10,5 Prozent sogar zweistellig. Hintergrund war zunächst Russlands Krieg in der Ukraine. Der machte den Import der Rohstoffe teuer. Doch dabei blieb es nicht. Denn viele Unternehmen nutzten die Situation, um ihre Gewinnmargen drastisch zu erhöhen. Steigende Energiepreise waren nur vorgeschoben.
Auch die unterbrochenen Lieferketten, die ebenfalls für die Inflation verantwortlich gemacht werden, wirkten sich oft anders aus, als allgemein geglaubt wird. Ein Beispiel ist die europäische Autoindustrie, die von den Problemen stark profitierte. Auf der einen Seite gaben die Hersteller an, nicht ausreichend Halbleiter zu bekommen, um alle bestellten Fahrzeuge (Autos, Lkw, Motorräder, Gabelstapler…) fertigen zu können. Auf der anderen Seite verbauten sie die Halbleiter, die sie auf dem Markt kriegen konnten, in margenstarke Premiumprodukte ein. Die steigenden Margen und Gewinne heizten über die Gewinn-Preis-Spirale die Inflation – im Jahr 2022 lag sie bei 8,6 Prozent – noch zusätzlich an.
Fehlende Ersparnisse vs. Rekordgewinne
Die Hälfte aller Haushalte wird in diesem Jahr keine Rücklagen bilden können. Viele werden – eher im Gegenteil – Ersparnisse aufbrauchen müssen. Legen sie sonst etwas für die Pension zur Seite oder sparen für Enkelkinder, wird im Jahr 2022 dafür einfach kein Geld mehr übrigbleiben. Zumindest bei denen, die von ihrer Arbeit leben müssen. Wer Kapitaleinkommen hat, ist davon nicht betroffen.
Denn die ATX-Konzerne machte inmitten multipler Krisen zum ersten Mal mehr als zehn Milliarden Euro Gewinn. Drei Milliarden Euro davon werden als Dividende ausgeschüttet. Den größten Profit machte dabei der Mineralölkonzern OMV (zwei Milliarden Euro). Auch der Verbund (874 Millionen Euro) gehört zu den Spitzenverdienern. Auch Immobilienbesitzer:innen freuen sich. Denn die Inflation treibt automatisch auch die Mieten nach oben, die parallel mit der Preissteigerung angepasst werden dürfen (nicht müssen). Auch das triebt die Inflation weiter an.
Sinkende Löhne vs. explodierende Managergehälter
Österreichs Arbeitnehmer:innen müssen aktuell einen historischen Reallohnverlust von 4,2 Prozent. Weil die Preise steigen, die Löhne aber nicht. Damit steigt auch die Armutsgefährdung in Österreich an. Der Wohlstandsbericht 2022 hat einen deutlichen Rückschritt statt einer Weiterentwicklung der Gesellschaft als Ganzes gemessen. „Verteilungskonflikte zwischen Krisengewinner:innen und -verlierer:innen werden sich weiter zuspitzen“, prognostiziert der Bericht. Die Verteilungsgerechtigkeit werde also abnehmen.
Kein Wunder. Denn die Lohnverluste sind sehr einseitig verteilt. Während Arbeitnehmer:innen deutlich weniger in der Tasche haben, können sich Spitzenmanager:innen über üppige Zuwächse freuen. Wie das passieren kann, lässt sich am Beispiel von Pierer Mobility (u.a. KTM) leicht nachzeichnen. Trotz enormer Profite bekam das Unternehmen zwischen 2019 und 2021 insgesamt 45 Millionen Euro an Staatszuschüssen. Unter anderem eben Coronahilfen. Im Jahr 2022 gab es dann 11 Millionen Euro Dividende und um 30 Prozent höhere Bezüge für den Vorstand.