Sehr stark sieht man dieses Missverhältnis auch im Vergleich von Löhnen und Managergehältern. Die Lücke hat sich in den vergangenen Jahren rasant gesteigert: Lag das Verhältnis zwischen Löhnen und Managergehältern 2003 noch bei 1:24, so wuchs es 2015 auf 1:43 an und lag 2018 bereits bei 1:64.
[infogram id=“aandw-online-vermoegen-02-1h7k23zxzp1v6xr?live“]Ein weiterer Aspekt, der in diesem Zusammenhang Besorgnis erregt: Frauen haben weniger Vermögen – und zwar im Durchschnitt sogar um 23 Prozent weniger als Männer. Während Männer durchschnittlich circa 165.000 Euro besitzen, sind es bei Frauen nur 127.000 Euro. Und innerhalb von Paar-Haushalten ist diese Lücke sogar noch größer.
Keine Besserung in Sicht
Aussicht auf Besserung gibt es kaum: „Die Vermögensungleichheit bleibt seit Jahren auf konstant hohem Niveau und zählt zu den höchsten in ganz Europa“, so Julia Hofmann, Referentin für soziale Ungleichheit und Verteilungsfragen der AK Wien. Durch die Zahlen der Household Finance and Consumption Survey der Oesterreichischen Nationalbank (HFCS 2017) gibt es handfeste Fakten für die zuvor von Mutmaßungen geprägte Diskussion über die Vermögensverteilung. „Das Fazit dieser jahrelangen Forschung ist allerdings ernüchternd. Die Vermögensungleichheit ist viel höher als ursprünglich angenommen“, sagt auch Michael Ertl, Referent für Konjunktur- und Verteilungsfragen der AK Wien.
Nicht zu vernachlässigen sind auch die Problemfelder der Erhebung: „Besonders reiche Haushalte sind darin nur unzureichend erfasst, womit die tatsächliche Vermögenskonzentration noch größer ist als die in den Daten gemessene“, erklären Benjamin Ferschli, Doktoratsstudent der Politischen Ökonomie an der University of Oxford, und Rafael Wildauer, der an der Universität Greenwich in London lehrt. „Ein zentrales Problem der Haushaltserhebungen von Einkommens- und Vermögensdaten besteht in der Schwierigkeit, die Vermögen der ärmsten und reichsten Bevölkerungsgruppen korrekt zu erfassen, da die Methode der Zufallsziehung bei einer kleinen Stichprobe nicht gewährleistet, den oberen und unteren Rand der Vermögensverteilung ausreichend abzudecken. Darüber hinaus besteht das Problem, dass reichere Haushalte oft weniger dazu bereit sind, an Befragungen dieser Art teilzunehmen, selbst wenn die Antworten anonymisiert werden.“
Erbschaften sind noch ungleicher verteilt
[infogram id=“aandw-online-vermoegen-03-1hxr4zvgvzdq2yo?live“]Doch was genau bedeutet das und welche Konsequenzen ergeben sich aus der ungleichen Vermögensverteilung? „Wer viel Vermögen besitzt, kann sich politisch mehr Gehör verschaffen als andere und Vorteile auf Kosten der breiten Bevölkerung erlangen“, analysieren Schnetzer, Hofmann und Ertl. „Dazu kommt, dass hohe Vermögen einigen wenigen erhebliche Startvorteile gegenüber der breiten Bevölkerung ermöglichen. Diese Vorteile werden über Generationen hinweg weitervererbt und einzementiert. Die Ergebnisse des HFCS 2017 zeigen eindrücklich, dass Erbschaften noch deutlich ungleicher verteilt sind als Vermögen insgesamt. Nur etwa zwei Fünftel der Haushalte in Österreich haben (bisher) eine Erbschaft erhalten. Die meisten davon haben nichts Nennenswertes, einige wenige aber haben sehr viel Vermögen geerbt.“
Erbschaften sind damit ein zentraler Grund für die ungleiche Verteilung von Vermögen, durch die sich die Spirale der Ungleichheiten weiterdreht.
In Zahlen ausgedrückt: Die unteren 90 Prozent der Haushalte erben im Durchschnitt 124.000 Euro. Betrachtet man jedoch die Top-10-Prozent, so liegt das durchschnittliche Erbe bereits bei 828.000 Euro. Noch dramatischer wird der Unterschied, wenn man das oberste Prozent der Bevölkerung betrachtet: Hier werden im Durchschnitt 3.373.000 Euro geerbt. Erbschaften sind damit ein zentraler Grund für die ungleiche Verteilung von Vermögen, durch die sich die Spirale der Ungleichheiten weiterdreht.
Corona-Krise verschärft Ungleichheiten
Was bereits vor Beginn der Corona-Krise alles andere als rosig aussah, wird sich nun vermutlich noch weiter verschlimmern: „Der massive Rückgang des gesamtwirtschaftlichen Einkommens durch die Corona-Krise wird die Frage der Einkommensverteilung in Zukunft noch mehr in den Mittelpunkt des wirtschaftspolitischen Interesses rücken“, geben Stefan Jestl, Ökonom am Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw), und Emanuel List, Ökonom am Forschungsinstitut Economics of Inequality an der WU Wien, zu bedenken.
Drei Fakten zum Thema Vermögensverteilung
Nicht alle Menschen sind im selben Ausmaß von der Krise und ihren Gegenmaßnahmen betroffen
Matthias Schnetzer, Referent für Verteilungsfragen sowie Sozial– und Wirtschaftsstatistik der AK Wien
Denn wenn die Corona-Krise eines gezeigt hat, dann das: „Nicht alle Menschen sind im selben Ausmaß von der Krise und ihren Gegenmaßnahmen betroffen“, so Schnetzer. Man denke nur an die dramatischen Arbeitslosenzahlen und die vielen Ein-Personen-Unternehmen, die aktuell ums Überleben kämpfen. Wer ein größeres Vermögen besitzt oder sogar von den Zinsen seines Vermögens leben kann, ist deutlich krisenresistenter als all jene Menschen, die über weniger bis kaum Vermögen verfügen.