Steuerreform 2004/Steuerreform 2005
Die 2004 und 2005 in zwei Etappen durchgeführte Steuerreform in Österreich fand unter der schwarz-blauen Regierung statt, die ihr auch – ähnlich wie bei der momentan geplanten Steuerreform – ihren ganz persönlichen Stempel aufgedrückt hat. Wir sprechen hier von einer Steuerreform mit einem Gesamtvolumen von gut 3 Milliarden Euro. Dabei wurde das Ziel verfolgt, den Arbeits- und Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken. Nicht verwunderlich also, dass vor allem Unternehmen davon profitierten: So wurde im Zuge dieser Steuerreform der Körperschaftssteuersatz von 34 auf 25 Prozent gesenkt, um die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen zu verbessern. Das entspricht einer Steuerentlastung von rund 1,1 Milliarden Euro.
Unter kalter Progression versteht man die steuerliche Mehrbelastung für ArbeitnehmerInnen, die sich daraus ergibt, dass die Löhne jedes Jahr um die Inflationsabgeltung steigen, aber die für die Lohnsteuer maßgeblichen Tarifstufen gleich bleiben. Dadurch rücken jährlich mehr ArbeitnehmerInnen in höhere Tarifstufen vor und sind von höheren Steuersätzen betroffen.
Laut Regierung sollte diese Steuersenkung vor allem auch ArbeitnehmerInnen zugutekommen, da sie von der Standortsicherung der Unternehmen und somit auch der Sicherung österreichischer Arbeitsplätze profitieren. Und obwohl auch eine Lohn- und Einkommensteuersenkung – in Höhe von 2,2 Milliarden Euro – für ArbeitnehmerInnen stattgefunden hatte, konnte diese die kalte Progression nur teilweise kompensieren.
Der Tarif wurde von fünf auf vier Tarifzonen reduziert, und es kamen nur noch drei Grenzsteuersätze zur Anwendung. Negativ hervorzuheben ist dabei vor allem der Eingangssteuersatz: Bei Einkommensbereichen zwischen 10.001 und 25.000 Euro jährlich galt nämlich ein Grenzsteuersatz von 38,33 Prozent. Dieser war zwar um 5 Prozentpunkte niedriger als 2003, war jedoch im internationalen Vergleich immer noch sehr hoch angesetzt.
Bei der Steuerreform 2004/05 wurden die Einkommen aus Besitz und Unternehmung deutlich überproportional begünstigt.
Vergleicht man die Nettoentlastungen, wird deutlich, dass diese für unselbstständig Erwerbstätige und PensionistInnen nur 1,1 Mrd. Euro betrug, während jene der Selbstständigen und Unternehmen bei gut 1,5 Mrd. lag. Das bedeutet, dass durch die Steuerreform die Einkommen aus Besitz und Unternehmung deutlich überproportional begünstigt wurden. Verlierer waren jedenfalls die unteren Einkommensschichten – insbesondere jene Personen, die unter die Steuerfreigrenzen gefallen sind, also etwa 2 Millionen Personen, darunter vor allem Frauen in Teilzeitbeschäftigung und PensionistInnen.
Da die Negativsteuer bei der Steuerreform in Österreich nicht angehoben wurde, profitierten sie nicht von der Tarifreform der Einkommensteuer und wurden zusätzlich durch die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge besonders belastet. Im Gegenzug wurde die obere Hälfte der Einkommensverteilung jedoch durch relativ geringe Einkommen- und Vermögenssteuern begünstigt. Kurz gesagt: Es kam dadurch zu keiner Verteilung zwischen Arm und Reich, da vor allem das untere Einkommensdrittel benachteiligt wurde. Anstatt die Strukturprobleme des österreichischen Abgabensystems zu lösen, wurden sie durch diese Steuerreform noch weiter verschärft.
Steuerreform 2009/Steuerreform 2010
Diese Steuerreform in Österreich umfasste ebenfalls ein Volumen von rund 3 Milliarden Euro, hatte aber aufgrund der damals rot-schwarzen Regierung eine andere Ausrichtung: Die Steuerreform konzentrierte sich auf die Entlastung im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer. Zudem kam eine Ausweitung der Spendenbegünstigung hinzu, ein Familienpaket sowie ein Unternehmenspaket zur Entlastung der einkommensteuerpflichtigen unternehmerischen Einkünfte. Im Gegensatz zur Steuerreform 2004/05 standen auch die Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Armutsbekämpfung für Familien auf der Agenda.
Bei der Steuerreform 2009/10 ging es großteils um die Entlastung der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte.
Es gab eine Reihe von Maßnahmen bei der Steuerreform, die großteils die Entlastung der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte zum Ziel hatten. Man wollte die gesunkene Kaufkraft aufgrund der überdurchschnittlich hohen Inflation der ersten Jahreshälfte 2008 kompensieren. Dafür wurde im Zuge der Steuerreform 2009/10 eine Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen vorgenommen, eine Anhebung von Kilometergeld und Pendlerpauschale, eine Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Medikamente sowie Steuerbefreiungen für Überstunden und Nächtigungsgelder.
Den ArbeitnehmerInnen kam vor allem zugute, dass durch die Steuerreform die Grenze der untersten Tarifzone angehoben wurde. Dadurch wurde der steuerfreie Grundfreibetrag von 10.000 Euro auf 11.000 Euro ausgeweitet. Auch die Grenzsteuersätze reduzierten sich und brachten dadurch Steuererleichterungen für Arbeitnehmerinnen. So wurde die kalte Progression für alle Einkommensschichten reduziert, wie die folgende Tabelle zeigt:
Einkommensteuerberechnung vor der Steuerreform 2009/10 | Einkommensteuerberechnung nach der Steuerreform 2009/10 | ||
Jahreseinkommen in € | Steuersatz | Jahreseinkommen in € | Steuersatz |
bis 10.000 Euro | 0 % | bis 11.000 Euro | 0 % |
10.001 bis 25.000 Euro | 38,5 % | 11.001 bis 25.000 Euro | 36,5 % |
25.001 bis 51.000 Euro | 43, 596 % | 25.000 bis 60.000 Euro | 43,214 % |
ab 50.001 Euro | 50 % | ab 60.001 Euro | 50 % |
Das Verteilungsziel wurde zwar durch die Tarifreform gefördert, welche die niedrigen Einkommen am stärksten entlastet, diese verschärfte aber auch die Progression im unteren und mittleren Einkommensbereich. Wie die Presseaussendung des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung – WIFO – mitteilte, wurden jedoch „die steuerlichen Barrieren zur Ausweitung der geringfügigen oder Teilzeitbeschäftigung auch nach der Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für geringe Einkommen und des Eingangssteuersatzes hoch, und es wurde kein wesentlicher Schritt unternommen, um die Belastung der Arbeitseinkommen mit Sozialbeiträgen energisch zu senken bzw. die Steuerfinanzierung des Sozialsystems zu stärken“.
Im Rahmen des Familienpakets wurde das Ziel verfolgt, die Frauenerwerbstätigkeit zu erhöhen. Dazu beitragen sollten der Kinderfreibetrag, der Arbeitgeberzuschuss zur Kinderbetreuung sowie die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten. Zudem wurde der Kinderabsetzbetrag für jedes Kind von € 50,90 auf € 58,40 pro Monat erhöht.
Steuerreform 2015/Steuerreform 2016
Die 2015 beschlossene und 2016 durchgeführte Steuerreform fand ebenfalls unter einer rot-schwarzen Regierung statt und machte ein Volumen von rund 5 Milliarden Euro aus.
Die Steuerreform 2015/16 brachte eine enorme Entlastung für das Einkommen der ArbeitnehmerInnen.
Familien profitierten von der Aufstockung des Kinderfreibetrags von 220 auf 400 Euro.
Unter diese Steuerreform fiel außerdem die Einführung der Registrierkassenpflicht sowie die Belegpflicht. Hintergedanke war die Betrugsbekämpfung, durch die die Steuerreform teilweise gegenfinanziert werden sollte. Auch die De-facto-Abschaffung des Bankgeheimnisses und die Bekämpfung von Sozialbetrug sollten dazu beitragen. Der größte Teil der Reform sollte jedoch durch „Selbstfinanzierung“ getragen werden.
Für KonsumentInnen kamen durch die Steuerreform Änderungen der Mehrwertsteuersätze zum Tragen. Einige der ermäßigten Steuersätze wurden von zehn auf 13 Prozent angehoben, wie beispielsweise im Kultur- und Unterhaltungsbereich. Darunter fallen Kinobesuche, Konzerttickets, Theaterbesuche. Aber auch Übernachtungen in Hotels und Pensionen sind davon betroffen.
Steuerreform 2019
Wenig verwunderlich, dass sich die geplante Steuerreform 2019 unter der schwarz-blauen Regierung wieder darauf konzentriert, dass Unternehmen entlastet werden. Ähnlich wie 2004 steht auch heuer wieder die Stärkung des Wirtschaftsstandortes als großes Ziel auf der Agenda. Was die geplante Steuerreform im Detail bringen wird, erklärt Arbeiterkammer-Steuerexperte Dominik Bernhofer im Interview.