Unter den Füßen wird es knapp

Foto (C) ÖGB-Verlag/Michael Mazohl
Der steigende Lebensstandard und der Traum vom Eigenheim im Grünen sind die ursächlichsten Gründe für den hohen Bodenverbrauch. So ist die Wohnnutzfläche pro Kopf seit 2001 um drei Quadratmeter gestiegen.

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Österreich ist Meister im Verbrauch von Landflächen. Boden wird immer knapper, was Wohnen zunehmend teurer macht.
Österreich ist EU-Meister beim Bodenverbrauch. Der Flächenverbrauch wird gerne in Fußballfeldern angegeben, damit er leichter vorstellbar ist. In den letzten zehn Jahren wurden in Österreich pro Tag durchschnittlich 20 Hektar Äcker und Wiesen verbaut, das sind 30 Fußballfelder.

Teure Flächen für Wohnen

Das Bevölkerungswachstum sowie die Wirtschaftsentwicklung werden auch zukünftig zusätzliche Flächen erfordern. Boden wird immer knapper, was Flächen für Wohnen immer teurer macht. Es stellt sich die Frage, wie einerseits die Bereitstellung der erforderlichen Flächen sowie andererseits ein sparsamer Umgang mit den bestehenden Flächen sichergestellt werden kann. Aktuelle Daten des Umweltbundesamtes zeigen, dass der Bodenverbrauch von 2013 bis 2015 im Durchschnitt bei 16,1 Hektar pro Tag lag. Davon wurden täglich 7 Hektar für Bau- und Verkehrsflächen und 9,1 Hektar auf Betriebs-, Erholungs- und Abbauflächen genutzt.

Bereits im Jahr 2002 wurde bei der Erstellung der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie die ungebremste Entwicklung des Bodenverbrauchs erkannt. Daher sollte der Zuwachs dauerhaft versiegelter Flächen auf 2,5 Hektar/Tag begrenzt werden. Ein Ziel, von dem Österreich bis heute weit entfernt ist.

Die Steigerung des Lebensstandards und der Traum vom Eigenheim im Grünen sind die ursächlichsten Gründe für den hohen Bodenverbrauch. So zeigen Zahlen der Statistik Austria, dass die Wohnnutzfläche pro Kopf seit 2001 um drei Quadratmeter gestiegen ist.

Hohe Kosten für die Allgemeinheit

Das Einfamilienhaus mit Garten stellt mit zwei Dritteln der Wohngebäude die wohl beliebteste Wohnform für die ÖsterreicherInnen dar und trägt erheblich zur Zersiedelung bei. Großflächige Einkaufszentren am Stadtrand und Betriebsansiedelungen auf der grünen Wiese tragen zusätzlich ihren Teil dazu bei.

Was auf den ersten Blick für die Gemeinden gewinnbringend erscheint, verursacht auf lange Sicht oft hohe Kosten für die Allgemeinheit. So ist mit der Flächenwidmung für neuen Wohnraum und Gewerbebetrieben am Dorf-/Stadtrand häufig eine Verödung des Ortskernes verbunden. Leerstehende Gebäude wirken nicht attraktiv, weitere Wege zu den Geschäften bedingen mehr Individualverkehr und bedeuten für ältere Menschen oft auch einen Verlust ihrer Selbstständigkeit.

Das Thema Flächensparen und Flächenmanagement ist daher ein wichtiger Bereich im Raumentwicklungskonzept 2011. Der sorgsame Umgang mit Grund und Boden, eine effizientere und widmungskonforme Nutzung von Flächen, die Mobilisierung von Bauland, flächensparendes Bauen sowie Revitalisierungs- und Recyclingmaßnahmen von Flächen und baulichen Strukturen sind als Ziele formuliert. Eine Grundlage für die gesamtheitliche Betrachtung bietet das gewidmete, aber nicht bebaute Bauland in Österreich. Über ein Viertel (26,6 Prozent) der gewidmeten Baulandfläche in Österreich ist nicht bebaut.

Umweltauswirkungen

Durch die Versiegelung der Böden gehen wichtige Schutzfunktionen des Bodens für uns Menschen und die Umwelt verloren. So trägt der Boden wesentlich zur CO2-Speicherung und somit zum Klimaschutz bei. Bei nicht nachhaltiger Nutzung kehrt sich dieser Vorteil genau ins Gegenteil um: das im Boden gespeicherte CO2 wird wieder an die Luft abgegeben. Boden ist außerdem ein wichtiger Wasserspeicher sowie Filter für Wasser und Nährstoffe, er dient dazu, Schadstoffe zu filtern, zu neutralisieren und/oder zu binden. Zudem werden durch Versiegelung oft Lebensräume zerschnitten, was zum Verlust von Biodiversität beiträgt.

Laut dem Bericht „Wie geht’s Österreich“ von Statistik Austria stellt die mit der Flächeninanspruchnahme einhergehende Bodenversiegelung eines der größten Umweltprobleme dar und ist ein nahezu irreversibler Prozess.

Aber auch landwirtschaftliche Nutzung führt zu Bodenverlusten. Der intensive Gebrauch von Pestiziden und Chemikalien sowie Monokulturen zerstören die Bodenstruktur sowie die Ökologie des Bodens, was zu dessen Erosion beiträgt. Es braucht beispielsweise 500 Jahre, um einen 2,5 cm hohen fruchtbaren Boden aufzubauen. Weiters führt der Einsatz von immer schwereren Landmaschinen zu einer verstärkten Verdichtung des Bodens. Daher ist auch die Landwirtschaft gefordert, den Boden schonender zu bewirtschaften. Ein gesunder und aktiver Boden kann besser ausreichend und gesunde Lebensmittel liefern sowie vor Überschwemmung und Vermurung schützen.

Zukünftige Lösungen

Eine besondere Rolle bei der Reduktion des zukünftigen Flächenverbrauchs spielen einerseits die Gemeinden, denn sie sind für Flächenwidmung zuständig, sowie andererseits die Bundesländer, die für Raumordnung und Bodenschutz zuständig sind.

Der Bund hat hier keinerlei rechtliche Kompetenz, anders als im Nachbarland Deutschland, wo es ein bundesweites Bodenschutzgesetz gibt. Damit kann Deutschland Lösungen bis auf die Gemeindeebene in einer Strategie verankern und zumindest stadtplanerische Instrumente einsetzen. Konkret unterbreitet hier der „Bund“ Gemeinden konkrete Vorschläge, wie eine Gemeinde aktiv ihren Flächenverbrauch senken könnte. So könnten zum Beispiel bereits erschlossene Flächen im Ortskern besser genützt werden, bevor neues Bauland am Ortsrand ausgewiesen wird. So eine Vorgehensweise spart auf lange Sicht Flächen und auch Kosten. Die Zusammenarbeit von Gemeinden bietet dabei erhebliche Vorteile.

Die große Herausforderung ist es, einen qualitativ schonenden Umgang mit der Ressource Boden, leistbares Wohnen und aktiven Bodenschutz unter einen Hut zu bringen. Eine künstliche Verknappung der Ressource Boden durch fix festgelegte Flächenverbrauchswerte würde zu einem starken Anstieg der Bodenpreise führen. Die Verfügbarkeit der für die Entwicklung notwendigen Flächen zu vertretbaren Preisen ist auch zukünftig sicherzustellen. Hier könnte eine übergeordnete Raumordnung die Zuständigkeit des Bundes beim Bodenschutz stärken.

Sinnvoll wären zudem bessere Rahmenbedingungen für die Revitalisierung von brachliegenden Industrie- und Gewerbeflächen.

Das Land Salzburg hat in seiner Novelle des Raumordnungsgesetzes 2017 Maßnahmen ergriffen, um den Bodenschutz zu stärken. Mit der Einführung eines Infrastruktur-Bereitstellungsbeitrags soll erreicht werden, dass zukünftig Bauland rascher aktiv genutzt wird. Wird nach fünf Jahren nicht gebaut, ist eine Infrastrukturabgabe ab einer Fläche von über 500 m2 zu bezahlen. Dieser Beitrag ist gestaffelt gestaltet und beträgt beispielsweise für gewidmetes Bauland in der Größe von 500 bis 1.000 m2 jährlich 1.400 Euro. Außerdem ist Bauland künftig auf nur mehr zehn Jahre befristet. Wird in dieser Zeit nicht gebaut, wird dieses Bauland automatisch in Grünland rückgewidmet. Nur für Eigenbedarf wird diese Frist auf 15 Jahre verlängert. Damit soll der Spekulation mit Bauland ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben werden. So sind in Österreich rund 26 Prozent des gewidmeten Baulandes nicht bebaut.

Strategische Entwicklung angebracht

Das Land Salzburg stellt zu nicht genütztem Bauland folgende Berechnungen an: Würden 918 Hektar ausgewiesenes Bauland mit einer Geschoßflächenzahl von 0,7 verbaut werden – wie für Reihen- oder Doppelhäuser durchaus üblich –, würde dieser Grund rund 160.000 Menschen ein Dach über dem Kopf geben, wenn pro BewohnerIn eine Wohnfläche von rund 40 Quadratmetern angenommen wird. Die Verdichtung der Verbauung anstatt weiterer Zersiedelung kann weitere Flächenversiegelung verringern.

Eine strategische, nachhaltige Siedlungsentwicklung, die die Bodenversiegelung eindämmt und strategische Planung ermöglicht, wäre für Gesamtösterreich angebracht. Damit könnten mittel- und langfristig der Bodenverbrauch reduziert, leistbares Wohnen ermöglicht und aktiver Bodenschutz betrieben werden.

Initiative „Rette den Boden“:
www.people4soil.eu/de

Von
Iris Strutzmann
Arbeiterkammer Wien, Abteilung Umwelt und Verkehr

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 9/17.

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