Neue Ideen
Bei dem Modell „Familienarbeitszeit“ handelt es sich um einen gemeinsamen Vorschlag von AK und ÖGB. Zentraler Punkt ist, dass dabei beide Elternteile ungefähr gleich viel Zeit für die Kinderbetreuung und für Erwerbsarbeit zur Verfügung haben. Konkret würden hier beide Partner:innen nach der Karenz ihre Arbeitszeit auf 28 bis 32 Wochenstunden reduzieren beziehungsweise erhöhen. Wird dem entsprochen, bekäme jeder Elternteil eine steuerfreie Pauschale von 250 Euro pro Monat ausbezahlt. Dieses Geld könnte bis zum vierten Geburtstag des Kindes bezogen werden – auch Alleinerziehende könnten diese Pauschale erhalten. Finanziert werden könnte dies über den Familienlastenausgleichsfonds. Die Sozialversicherungsbeiträge wären – wie etwa auch bei der Altersteilzeit – auf Basis der Normalarbeitszeit zu berechnen und würden dem Dienstgeber vom Arbeitsmarktservice teilweise ersetzt.
Was die Studie zu Homeoffice in der Corona-Zeit zeigte: „100 Prozent Kinderbetreuung und 100 Prozent Erwerbstätigkeit zum gleichen Zeitpunkt funktionieren nicht – entweder es kommt die Arbeit oder das Kind zu kurz“, betont Mader. Es sei also auch kein Ausweg für Frauen zu versuchen, fehlende oder zeitlich nur eingeschränkt zur Verfügung stehende Kinderbetreuung etwa in ländlichen Gegenden durch Arbeit im Homeoffice zu kompensieren. Was aber ein überlegenswerter Ansatz wäre: „vermehrt Co-Working Spaces dort einzurichten, wo es Kinderbetreuung gibt, etwa neben dem Gemeindekindergarten“. So sparen sich Eltern Wegzeiten, was auch zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Betreuungspflichten beitrage. Aber auch das Problem der Entgrenzung, über das viele Arbeitnehmer:innen klagen, die erst in der Corona-Zeit begannen, von zu Hause zu arbeiten, könnte so vermieden werden.
Und dann gibt es aber auch noch die vielen Erwerbstätigen, die ihren Beruf gar nicht vom Homeoffice aus ausüben können: Pflegekräfte und Ärzt:innen, Pädagog:innen und Verkäufer:innen, Reinigungskräfte und Fertigungspersonal in Fabriken. Sie alle müssen an ihrem Arbeitsplatz sein, um ihre Arbeit verrichten zu können. Hier sind noch mehr Betriebskindergärten, als es bereits gibt, ein möglicher Schlüssel. Ein weiterer ist aber eben auch ein Umdenken, wenn es um die Verteilung und Bewertung von Arbeit insgesamt gehe, unterstreicht Mader.
Es geht nur gemeinsam
Am Ende bleibt: Soll sich für Frauen etwas ändern, muss sich auch für Männer etwas ändern. Das haben inzwischen nicht nur alle Sozialpartnerinnen, sondern – theoretisch – auch alle Parteien erkannt. Der erste Schritt wäre, hier nun rasch für einen flächendeckenden Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen zu sorgen, was – ähnlich wie im Bereich der Pflege – nicht nur den Bau von Kindergärten und Horten, sondern vor allem die Ausbildung von Personal, in diesem Fall von Elementarpädagog:innen, erfordert.
Auch hier lassen die Sozialpartnerinnen und die Industriellenvereinigung in ihrem gemeinsamen Papier übrigens aufhorchen. Derzeit werden Elementarpädagog:innen in Bundesanstalten für Elementarpädagogik (BAFEP) ausgebildet, die mit der Matura abschließen. AK, ÖGB, Wirtschaftskammer & Co. fordern hier jedoch die Einrichtung eines Bachelor-Studiums bis 2023. Das brächte à la longue auch eine bessere Bezahlung der hier Beschäftigten mit sich, von denen das Gros weiblich ist. Auch dadurch würde diese wichtige professionelle Care-Arbeit aufgewertet und wertgeschätzt – damit sich nicht weitere Generationen von Beschäftigten in Kinderbetreuungs- und -bildungseinrichtungen fragen müssen, warum sie als Systemerhalter:innen gelten und dennoch bisweilen Probleme haben, ihren Alltag zu finanzieren.