Umkämpfter grüner Tisch

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Die Sozialpartnerschaft steht für den gesellschaftlichen Ausgleich im Land. Sie wird aber immer mehr infrage gestellt.

Am Scheideweg der Szenarien

4 Szenarien zur Zukunft der Sozialpartnerschaft:

  • Wiederbelebung der Beziehungen
  • Wiederbelebung der Sozialpartnerschaft in einer „abgeschlankten Version“
  • Reduzierung der Mitbestimmung der Sozialpartner auf Sozialpakte
  • Ausschaltung der Sozialpartnerschaft als Mitbestimmungsfaktor

Wie könnte nun die Zukunft der Sozialpartnerschaft aussehen? Dazu formulieren Tobias Hinterseer und Emmerich Tálos vier Szenarien. Das erste wäre eine Wiederbelebung der Beziehungen wie zuletzt in den 1980er- und 1990er-Jahren. Dieses Szenario schließen die beiden Autoren aber dezidiert aus. Ein zweites Szenario wäre die Wiederbelebung der Sozialpartnerschaft in einer „abgeschlankten Version“ – wie unter Schwarz-Blau Anfang der 2000er-Jahre, als sich die Mitgestaltung nur auf Themen der großen Organisationen beschränkte. Ein drittes Szenario bringe eine Reduzierung der Mitbestimmung der Sozialpartner auf Sozialpakte. Dabei würde deren Einbindung nur auf zeitlich und inhaltlich definierte Themen festgelegt werden.

Am wahrscheinlichsten halten Tobias Hinterseer und Emmerich Tálos aber die Ausschaltung der Sozialpartnerschaft als Mitbestimmungsfaktor im politischen System Österreichs, wenn „die Gesprächs- und Vertrauensbasis sowie der Interessenausgleich zwischen den Akteuren noch weiter verlieren“. Doch von welchem Szenario gehen die beiden Sozialwissenschafter nach dem Ende von Türkis-Blau nun tatsächlich aus? „Es hängt stark davon ab, wie die Regierungsverhandlungen laufen und wie die neue Regierung die ArbeitnehmerInnenseite bei sozial- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen einbindet“, so Hinterseer. Nur wenig hält der Experte von einer Pro-forma-Mitbestimmung. In zehn Jahren werde es etwa die Arbeiterkammer weiterhin geben, ist Tobias Hinterseer überzeugt. Durch die jüngsten Ereignisse und Änderungen sei die Arbeitnehmerschaft aber mehr denn je „politischer und sensibilisierter“.

Der Haussegen hängt schief

„Keine Frage, ich bin auf alle Fälle für die sofortige Rücknahme des neuen Arbeitszeitgesetzes“, gibt sich Elisabeth Mayr kämpferisch, „weil dieses Gesetz ohne Mitwirkung der ArbeitnehmerInnen zustande kam.“ Der Haussegen hänge seither schief und vergifte das Klima zwischen ArbeitnehmerInnen und Arbeitgebern zusätzlich, so die Angestellte. Für Elisabeth Mayr sind viele Probleme der Sozialpartner auch „hausgemacht“. Sie vermisse etwa die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen für die „breite Masse der Bevölkerung“. Wie die Sozialpartnerschaft funktioniert und wie Entscheidungen entstehen – genau das sollte ihrer Meinung nach der Bevölkerung besser vermittelt werden, findet Mayr.

Starke Hand zwischen Interessen

„Für mich halten die Sozialpartner einen Diskurs und eine Plattform offen, die einen gegenseitigen Austausch ermöglichen und garantieren“, findet die Angestellte Mayr. Für sie sind sie ein Bindeglied zwischen den „kleinen Leuten“ und der „großen Politik“. „Mit diesem Inter­essenausgleich bin ich groß geworden.“ Nach wie vor unverzichtbar seien die Sozialpartner im politischen System Österreichs. Sie müssen daher wieder gestärkt werden; mehr Bedeutung gewinnen, um den sozialen Frieden im Land zu erhalten, fordert Mayr, die optimistischer als die beiden Sozialwissenschafter klingt. „Ohne Sozialpartnerschaft kann ich mir die Zukunft nicht vorstellen.“

Von
Christopher Erben
Freier Journalist

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 10/19.

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