Tourismus in Österreich: Auf der Suche nach Plan B

(C) Markus Zahradnik

Inhalt

  1. Seite 1 - Die Situation in St. Johann in Tirol
  2. Seite 2 - Tourismus zwischen Fluch und Segen
  3. Seite 3 - Kein Plan B
  4. Seite 4
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Mit dem Tourismus kam der Wohlstand nach St. Johann. Und mit ihm die Abhängigkeit von einer Branche, deren destruktive Folgen unübersehbar sind. Ein Lokalaugenschein aus Tirol.
Andreas Schramböck erinnert sich noch gut. Es war der 18. November 2005, als er sich für 270 Euro eine Saisonkarte für die St. Johanner Bergbahnen gekauft hatte. Und dann die ganze Saison nicht ein einziges Mal auf der Piste war, weil kein Schnee fallen wollte.

„Schifohrn is bärig“, heißt es im Programm zur Gemeinderatswahl 2016 seiner Partei, der Grünen St. Johann in Tirol. Aber seit Jahren werden die Bedingungen für Wintersport schwieriger. „Im Vergleich zu früher kommt der Schnee zwei, drei Wochen später – und ist auch zwei, drei Wochen früher wieder weg“, erinnert sich der 1980 geborene Gemeinderat.

Die auf 660 Metern im Leukental gelegene Gemeinde (Bezirk Kitzbühel) gerät unter Zugzwang. Um 1300 vor Christus wird dort erstmals Bergbau betrieben, in unterschiedlicher Intensität bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Sukzessive entdecken Tourist:innen die Region für sich – und die Region die Portemonnaies der Tourist:innen.

Die Gemeinde ist gespalten, zwischen denen, die profitieren –
und denen, die nicht profitieren.

Andreas Schramböck, Gemeinderat „Die Grünen“

Der Wohlstand, den der Mitte der 1970er-Jahre einsetzende Massentourismus in St. Johann mit sich brachte, hinterlässt Spuren. Ökologische und soziale Spuren, sichtbare und unsichtbare. Schramböck deutet auf ein traditionsreiches Wirtshaus im St. Johanner Zentrum, das seit zwei Jahren leer steht, weil die Mietpreise seit Jahren ins Unendliche steigen. Ein paar hundert Meter weiter hält er vor dem Hotel Goldener Löwe – oder vor dem, was davon übrig ist: die „Löwengrube“. Seit drei Jahren klafft hier ein riesiges umzäuntes Loch, von Gestrüpp überwuchert, in bester Lage. Pläne für das Grundstück gebe es genug, aber die „Löwengrube“ wandert seit Jahren von Investor:innenhand zu Investor:innenhand.

Ein Chaletdorf, das keines sein will

Von der „Löwengrube“ aus zeigt Schramböck den Berg hoch, zum künftigen Chaletdorf, das man „Hoteldorf“ nennen solle, weil Chaletdorf mittlerweile zum Kampfbegriff wurde. Das Projekt „Kitz Alpen Resort“ ist eine Art Symbolbild für die Auseinandersetzung in einer Tourismusregion, die ökologische und soziale Ansprüche, Nachhaltigkeit und Tourismus irgendwie zu vereinbaren versucht. Vereinbaren muss. In den kommenden Jahren soll hier ein 4-Sterne-plus-Komplex mit zwölf Gebäuden, 269 Betten und einem Schwimmteich entstehen. Mit 13 Ja- und sechs Neinstimmen votierte der Gemeinderat im Februar dieses Jahres für den Bau des Megaprojekts. Im Juni schritt das Land Tirol ein und stoppte das Vorhaben – um es mit geringfügigen Änderungen im Oktober doch zu genehmigen.

Grünen-Gemeinderat Andreas Schramböck vermisst einen Plan B für seine Heimatgemeinde. „Es geht um Investitionen. Um nichts anderes“, kritisiert er.

„Es geht um Investitionen! Um die Frage: Was zahlt sich aus? Um nichts anderes!“, kritisiert Schramböck. „Die Gemeinde ist gespalten, zwischen denen, die profitieren – und denen, die nicht profitieren.“

St. Johann ist kein Einzelfall. In Tirol gibt es Dutzende Gemeinden, die sich im Laufe des 20. Jahrhunderts zunächst vorsichtig, dann immer hastiger Richtung Tourismus, Richtung Massentourismus entwickelten. Klagen über die Umweltverschmutzung, die Landschaftszerstörung und den „Ausverkauf der Heimat“ gibt es seit Mitte der 1970er. Aufgrund des Wohlstandszuwachses, den der Ausverkauf mit sich brachte, blieben diese Klagen meist ungehört. Die ökologische und soziale Destruktivität der touristischen Monokultur schritt fort.


Fluch und Segen

Derzeit, da die Umwelt- und Klimakrise omnipräsent ist, wird ein weiterer Aspekt deutlich: die Abhängigkeit von der Branche. In Tirol wird jeder dritte Euro im Tourismus erwirtschaftet. Jeder vierte Arbeitsplatz hängt an der Branche. Bei den Wörtern Nachhaltigkeit und Umweltschutz schwingt immer auch etwas Bedrohliches mit: Rezession und Arbeitsplatzverlust.

Bei jedem Einzelnen muss es klick machen. 

Iris Kolb, „Postmarkt“ St. Johann

Für Emanuel Straka, Landessekretär der Gewerkschaft vida Tirol, ist der Tourismus „einerseits Mitverursacher, andererseits Opfer“ der Umwelt- und Klimakrise. Der Bau diverser Chaletdörfer und Hotelkomplexe, künstliche Beschneiung und die Anreise Tausender Tourist:innen per Pkw und Flugzeug haben katastrophale ökologische Folgen, keine Frage. Andererseits zählt die Branche zu Tirols größten Arbeitgeber:innen und ist kulturell sehr bedeutend. Künftig müsse man im Tourismus für die Umwelt mehr Sorge tragen. „Aber man muss abwägen, mit feiner Klinge vorgehen“, betont Straka.

Manche Entwicklungen im Ort seien „der pure Wahnsinn“. Aber am Ende „musst auch a G‘schäft machen können“, weiß Iris Kolb.

Hört man sich in St. Johann um, ist immer wieder vom „Kompromiss“ die Rede. Zwischen dem eigenen Beruf und dem Einkommen, der eigenen Identität – und der scheinbar nach wie vor abstrakten Bedrohung durch die Umweltkrise.

In einem Innenhof im Zentrum von St. Johann steht Iris Kolb im „Postmarkt“, einer Art Geschäft gewordenem Kompromiss zwischen Umwelt, Sozialem und Wirtschaft. Die gebürtige Augsburgerin studierte Kunstgeschichte und Lehramt, arbeitete im Personalmanagement und wechselte mit Ende dreißig in die Gastro. Zunächst in Gastein, seit 2016 in St. Johann. Offiziell ist sie im Hotel Post beschäftigt, die meiste Zeit verbringt sie in dem dazugehörigen „Postmarkt“, einem Feinkostladen mit angeschlossenem Café. Tourismus, sagt die 53-jährige Kolb, die selbst „für Kunst und Bildung“ gerne reist, sei auch für St. Johann „Fluch und Segen“. Natürlich seien die Schneekanonen „der pure Wahnsinn“. Genau wie die Straßenzüge, die über Wochen komplett im Dunkeln liegen, weil die Besitzer:innen der Zweitwohnsitze eben gerade am Erstwohnsitz verweilen oder am Drittwohnsitz. „Aber wir leben von denen.“

Die Herkunft von Lebensmitteln in der Gastro soll strikter gekennzeichnet werden. Langsam kommt Bewegung in die Sache. 

Martina Foidl, Tourismusbüro St. Johann

Die Art von „Kompromiss“, den Kolb vor Augen hat, lagert in einer langen Kühltheke: Fleisch, Wurst und Käse, regional produziert, direkt vom Hersteller. In den hinteren Teilen des Ladens gibt’s Schnaps, Pesto, Senfkaviar. Nicht nur Einheimische, auch Tourist:innen, ja, vor allem die Zweitwohnsitzer:innen kommen gerne in den Laden, verpflegen sich mit Pasta, Bio-Brot und Tiroler Prügeltorte.

Regionale Produkte, gute Qualität, ökologisch nachhaltig; da sei es auch okay, wenn der Preis etwas höher ist. Geht es um die Vereinbarkeit von Tourismus und Nachhaltigkeit, hegt Kolb einen pragmatischen Ansatz: „Du musst auch a G’schäft machen können.“ Und mit dem „G’schäft“ soll auch die ökologische Verantwortung der Kund:innen kommen. „Bei jedem Einzelnen muss es klick machen.“

Im Tourismusbüro von St. Johann sucht Martina Foidl nach einem „Kompromiss“ zwischen Tourismus und Umwelt. Keine einfache Aufgabe, aber „langsam kommt Bewegung in die Sache“.

Chutney und Kälbchen

Nur ein paar Meter weiter, im Büro des Tourismusverbands St. Johann, beobachtet auch Martina Foidl täglich, wie Umwelt, Mensch und Tourismus in Konflikt geraten. Mit ihrem Team sucht die stellvertretende Geschäftsführerin nach einem „Kompromiss zwischen Umwelt, Landwirtschaft, Jägerschaft, Freizeitsuchenden und Tourismus“. Zwei der insgesamt 20 Langlaufloipen bereite man mit Kunstschnee auf. Das sei „nicht unbedingt klimafreundlich“, aber als absolutes Mindestangebot durchaus vertretbar. Ohne Beschneiung könne es auch auf den Skipisten nicht gehen.

Ansetzen will man im Tourismusbüro beim Verhalten der Gäste: So sollen diese vermehrt öffentlich anreisen, was in einzelnen Segmenten bereits 20 Prozent der Tourist:innen tun. Als Tourismusverband setzt man auf ökologische Alternativen zum Plastikmüllsack und produziert sämtliche Druckwerke CO2-neutral. Die Herkunft von Lebensmitteln in der Gastro soll strikter gekennzeichnet werden. „Langsam“, bekräftigt Foidl, „kommt Bewegung in die Sache.“ Auch Unternehmen würden sich sukzessive anpassen, sich aus Eigeninitiative nach nachhaltigeren Alternativen umsehen.

Ein solches Unternehmen steht nur ein paar Kilometer von St. Johann entfernt, in Oberndorf. Das 4-Sterne-Hotel Penzinghof, direkt an der Skipiste gelegen, ist fast eine Art Mini-Dorf. „Geh’ ma“, sagt Georg Lindner, Bruder von Inhaberin Christine Lindner, und eilt aus dem Hoteleingang Richtung zugehörigem Dorfladen. Im Angebot: Käse, Joghurt, Chutney und Pesto, hergestellt von seinem Bruder; Suppen, Soßen und Gulasch von der Schwester.

Als Eigentümerfamilie muss man
flexibel und innovativ sein. 

Georg Lindner, Hotel Penzinghof

Den Penzinghof betreiben die Lindners mittlerweile in dritter Generation. Das österreichische und das europäische Umweltzertifikat bekam das Hotel erst diesen Sommer verliehen, für Nachhaltigkeit und Regionalität, aber „das wurde uns von den Großeltern schon so vorgelebt“, schwärmt Lindner, während er zügigen Schrittes Richtung „Kälbchenkindergarten“ marschiert. In kleinen, mit Stroh ausgelegten Boxen liegen ein gutes Dutzend Kälber. Gäste führe er gern hierher. Die sollen schließlich wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen. Mit einem kleinen Umweg über den Kuhstall lotst der 38-Jährige in eine Scheune. Vorbei an einem silbernen Audi Quattro geht’s zur Hackschnitzelheizung, die das Hotel seit 15 Jahren mit Warmwasser versorgt. 95.000 Liter Heizöl und 20 Prozent der Heizkosten könne man so jährlich sparen, liest Lindner von einem Zettel ab.

Im Penzinghof sollen modern und traditionell, Luxus und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Georg Lindner setzt auf Innovation und Flexibilität.

Am Penzinghof sollen modern und traditionell, Luxus und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Die E-Tankstelle vorm Hotel hat Skihütten-Look. Die Zimmer sind in naturbelassenem Holz designt. Im Stock darüber warten 1.000 Quadratmeter Wellnessbereich auf die Gäste, Infinity-Pool inklusive. Während des Hahnenkammrennens quartiert Ex-Skiprofi Lindner die österreichischen Slalomfahrer im Haus ein. Insgesamt sei es aber ein buntes Publikum, das hier urlaube, „völlig querbeet“.

Der Penzinghof liegt auf 710 Metern. Aus unternehmerischer Sicht, so Lindner, seien Beschneiungsanlagen natürlich ein Segen. Kunstschnee garantiere Schneesicherheit und könne die Saison bis Ende März strecken. Gleichzeitig sei man sich der umweltpolitischen Verantwortung natürlich bewusst. Für Gäste wolle man Alternativen zum klassischen Skitourismus anbieten, beispielsweise Schneeschuhwanderungen, Tourengehen oder Kutschenfahrten. Erst unlängst besuchten die Angestellten ein Seminar zum Thema „Umwelt und Nachhaltigkeit“. Mitarbeiter:innen lernten, besser darauf zu achten, rechtzeitig das Licht ab- und den Wasserhahn zuzudrehen. Auch die Handtücher müsse man nicht zwingend täglich waschen. „Als Eigentümerfamilie“, erklärt Lindner, „muss man flexibel und innovativ sein.“

Flexibel und innovativ. Kompromissbereitschaft. Eigeninitiative. Selbsterkenntnis. Die Frage ist: Reicht das? Denn die umwelt- und klimapolitischen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte sind enorm. Gerade für Österreich. Gerade für den Tourismus. Während die weltweite Durchschnittstemperatur im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter, also ab circa 1750, um rund 1,2 Grad Celsius anstieg, wurde es hierzulande im Mittel rund zwei Grad heißer. Expert:innen prognostizieren einen Anstieg von bis zu vier Grad bis zur Jahrhundertmitte. Wegen der Abhängigkeit von Wetter und Umwelt ist der Wintertourismus besonders betroffen. Laut Prognosen wird es Schnee in den kommenden Jahrzehnten nur noch jenseits der 1.500-Meter-Marke geben.


„Es gibt keinen Plan B“

Künstliche Beschneiung mag das Problem lokal überbrücken können, verstärkt es aufgrund des hohen Wasser- und Energieverbrauchs aber insgesamt. Künstliche Beschneiung ist ein klassisches Beispiel für sogenannte „Rückkoppelungseffekte“, der propagierte Lösungsweg verschärft die Ursache nur noch weiter.

Für vermeintlich ökologische Alternativen wie Öko-Hotels und Schneeschuhwandern hat Matthias Koderhold wenig warme Worte übrig. Die Herausforderungen, vor denen der Tourismus steht, sind viel grundlegender, ist der Ökonom der Arbeiterkammer Niederösterreich überzeugt. Vor allem aufgrund des hohen Energieverbrauchs – Stichwort: Wellnessbereich – gehen im Wintertourismus 58 Prozent der CO2-Emissionen auf das Konto der Beherbergungsbetriebe. Weitere 38 Prozent entfallen auf An- und Abreise der Gäste. Verkehrsemissionen könnten beispielsweise durch den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel reduziert werden, erklärt Koderhold. Der Emissionsreduktion von Unterkünften aber sind Grenzen gesetzt.

„Es braucht eine Gesamtstrategie!“, fordert Koderhold und warnt vor einem verengten, rein auf Emissionen beschränkten Blickwinkel. Tourismus ist nicht nur für den Ausstoß von Treibhausgasen verantwortlich, sondern produziert Müllberge, trägt zur Zerstörung von Flora und Fauna, zur Verschmutzung von Luft und Wasser, zu Bodenversiegelung und Erosion bei. Kurz: Er zerstört genau das, worauf man in Tirol zu Recht stolz ist und warum Gäste aus aller Welt in Gemeinden wie St. Johann kommen. Eine solche Gesamtstrategie aber sei in St. Johann nicht erkennbar, kritisiert Gemeinderat Schramböck. Eher eine Art Realitätsverweigerung. Kaum einer in der Branche habe die tatsächliche Tragweite des Problems erfasst, kaum einer will die Tragweite erfassen. Nüchtern konstatiert er: „Es gibt keinen Plan B.“

Das liege auch an den Machtverhältnissen in der Gemeinde. Seit in St. Johann der politische Betrieb gemäß demokratischen Verfahren zelebriert wird, dominiert im Gemeinderat die ÖVP. Derzeit hält sie mit elf von 19 Sitzen die absolute Mehrheit. Naturgemäß sei der Gestaltungsspielraum der Opposition da begrenzt – und ein substanzieller Richtungswechsel schwierig. Im ÖVP-dominierten St. Johann sei eine Seilbahn eben „too big to fail“.

Ein Tourismus, der auf Massen und
Naturzerstörung basiert, kann nicht nachhaltig sein, weder für Mensch noch für Natur.

Den Bau des umstrittenen Chaletdorfs verteidigten die Konservativen mit dem Hinweis auf die „Wertschöpfung für Ort und Region“. „Das Projekt ist zukunftsorientiert, bringt uns Einnahmen, auch für die Bergbahn“, wird Bürgermeister Hubert Almberger in lokalen Medien zitiert.

Umweltschutz am Frühstücksbuffet

Wie aber könnte ein solcher Richtungswechsel aussehen? Wie kann Tourismus naturverträglicher gestaltet werden, ohne dabei Wirtschaft und Kultur ganzer Regionen zu zerstören? Sommer- wie Wintertourismus, erklärt AK-Experte Koderhold, findet nicht im luftleeren Raum statt. Tourismus kann nicht getrennt von unserer Art zu leben, zu arbeiten und zu wirtschaften gedacht werden. In Koderholds Verständnis umfasst Nachhaltigkeit daher Natur und Mensch. Denn der Wintertourismus ist nicht nur für die Natur eine enorme Belastung, sondern auch für die Beschäftigten in der Branche, die oftmals unter der schlechten Bezahlung und den prekären Arbeitsbedingungen leiden. Und nicht zuletzt für die Ortsbewohner:innen, die mit steigenden Preisen aus ihrer Heimat verdrängt werden und sich von verkitschten Ortskernen entfremden. Ein Tourismus, der auf Massen und Naturzerstörung basiert, kann nicht nachhaltig sein, weder für Mensch noch für Natur. Hackschnitzelheizungen und Schneeschuhwandern seien da „maximal ein Tropfen auf dem heißen Stein“, kritisiert Koderhold. Insgesamt führe kein Weg an einem „Weniger“ vorbei. Das bedeutet zunächst: weniger Gäste, weniger Umsatz, weniger Arbeitsplätze. Aber auch weniger Umweltzerstörung, weniger Verkehr, weniger Lärm, weniger Luftverschmutzung, geringere Lebenshaltungskosten, kurz: mehr Lebensqualität.

Um den Arbeitsplatzverlust auszugleichen, fordert Koderhold eine generelle Reduktion der Arbeitszeit, mit Lohn- und Personalausgleich. Außerdem brauche es Umschulungsprogramme, zum Beispiel Richtung Sozial-, Pflege- und Gesundheitsbereich. Branchen, die für Umwelt und Mensch nachhaltiger sind – aber in denen es genauso deutliche Verbesserungen in Sachen Einkommen, Arbeitsbedingungen und Personal braucht.

Tourismus nachhaltiger zu gestalten bedeutet, unsere Wirtschafts- und Lebensweise insgesamt zu verändern. Wird an einem Rädchen gedreht, müssen sich auch die anderen bewegen. Dass der Weg dorthin ein langer und beschwerlicher sein kann, weiß Hotel-Post-Mitarbeiterin Iris Kolb: vom Frühstücksbuffet. Gästen zu erklären, dass Lachs kein Menschenrecht ist und man sich deshalb dazu entschlossen habe, ihn morgens nicht mehr zu servieren, kann Anlass für kontroverse Diskussionen sein.


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Über den/die Autor:in

Johannes Greß

Johannes Greß, geb. 1994, studierte Politikwissenschaft an der Universität Wien und arbeitet als freier Journalist in Wien. Er schreibt für diverse deutschsprachige Medien über die Themen Umwelt, Arbeit und Demokratie.

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