„Wie es mir gefällt“
„Ein Start-up bietet mir die Möglichkeit, mein Arbeitsumfeld so aufsetzen, wie es mir gefällt“, sagt Co-Gründer Karl Edlbauer. Er beschreibt ein zentrales Start-up-Leitmotiv: eigene Ideen durch unternehmerische Tätigkeit zu realisieren. „Ein Entrepreneur ist eine Gründerpersönlichkeit, die Lösungen auf wahrgenommene Probleme bietet; sie muss sich in der Unsicherheit wohlfühlen und bereit sein, identifizierbare Risiken vernünftig einzugehen“, definiert Rudolf Dömötör, Direktor des WU-Gründungszentrums. Diese Persönlichkeit ist in den Dreißigern, akademisch gebildet und zu 93 Prozent männlich – interessanterweise im Gegensatz zu klassischen Unternehmensgründungen, wo der Anteil der Frauen bei 60 Prozent liegt. Über diese Schieflage sind sich die Fördereinrichtungen bewusst.
Irene Fialka, CEO von INiTS, dem Gründungsservice der TU Wien, initiierte deshalb „Women investing in Women“. Hintergrund dafür sind auch Studien, wonach Kapitalinvestoren junge Frauen anders einstufen (unerfahren) als junge Männer (vielversprechend). Die Wiener Wirtschaftsagentur bietet einen speziellen Gründungsservice für Gründerinnen und unterstützt Female-Entrepreneurs-Mentoring-Programme.
Denn Role-Models gibt es: Sei es Katharina Klausberger, die Co-Gründerin von Shpock, oder Katharina Norden, die mit Three Coins ein digitales Lernumfeld bereitstellt, um den verantwortungsbewussten Umgang mit Geld zu trainieren. Oder das biopharmazeutische Unternehmen Marinomed, das mehrheitlich von Frauen geführt wird und einen antiviralen Schnupfenspray entwickelte und patentierte.
Firma als Familie
Arbeiten im Start-up ist anders: Meist gibt es lange, aber flexiblere Arbeitszeiten, flache und weniger Hierarchien, „Remote Work“ (per Laptop von zu Hause), getragen vom Spirit, gemeinsam etwas Großes zu schaffen. Die Rekrutierung des Personals erfolgt meist im Freundes- und Bekanntenkreis, öfters liest man die Metapher von der Firma als Familie. Ältere erinnert dies an die Euphorie der Nullerjahre, als das Internet noch jung und unschuldig war, es viele Werbagenturen und Dotcom-Firmen gab, die heute niemand mehr kennt. Dazu schreibt Nikolaus Franke, Leiter des WU-Instituts für Entrepreneurship and Innovation, in einem Kommentar: Ja, es gibt und es wird Misserfolge geben, es werden Fördergelder verloren gehen, weil „Risiko die andere Seite von Chance ist“. Zugleich hält er Innovation für das Wichtigste, was ein Wirtschaftssystem im Umbruch braucht – und genau dafür stehen Start-ups.
Doch wie steht es nun um das Beschäftigungspotenzial von Start-ups? Immerhin geben sieben von zehn Start-ups auf und verlieren nicht nur das investierte Geld, sondern auch die Arbeitsplätze ihrer Angestellten, so sie welche haben, gehen verloren. „Selbst wenn der Großteil der Firmen in Konkurs geht, die Menschen gibt es noch und die bringen ihre Ideen und Erfahrungen in neue Projekte ein“, betont auch Rudolf Dömötör.
An der Stelle wird gerne das Max-Levchin-Beispiel gebracht, der mit vier Firmen scheiterte, eher er PayPal gründete. Gelingen bzw. erfolgreiches Scheitern braucht ein „Start-up-Ökosystem“ mit vielfältigen privaten und öffentlichen Akteuren, die ineinandergreifen, heißt es in der Start-up-Szene. Eine Erkenntnis, die Gabi Tatzberger kennt. Sie ist Abteilungsleiterin der Start-up-Services der Wirtschaftsagentur Wien: „Wir sehen, dass es durch unsere intensive Beratung und Unterstützung gelingt, die Überlebensrate zu steigern. Eine Evaluierung hat ergeben, dass nach fünf Jahren noch rund 90 Prozent aller bei uns betreuten Start-up-Gründerinnen und -Gründer mit ihren Unternehmen aktiv sind. Die Überlebens-rate von jungen Unternehmen ist in Europa übrigens nirgendwo so hoch wie in Österreich.“ Die durchschnittliche Überlebensrate österreichischer Unternehmen liegt hingegen bei 47 Prozent. Das heißt, die Start-ups wurden gut ausgewählt, die Förderung verbessert die Kapitalsituation und die Beratungsleistungen wirken.
55 Prozent der Start-ups werden öffentlich gefördert. Sind diese Steuergelder gut investiert? Betrachtet man die Anzahl der Arbeitsplätze, dann sicher nicht. Start-ups sind keine Alternative für jene (Frauen-)Arbeitsplätze, die im Handel (u. a. durch die Online-Konkurrenz) verloren gehen. Zum Vergleich: Allein die 1.130 großen Unternehmen (ab 250 MitarbeiterInnen) geben 920.000 Menschen in Österreich Arbeit.
Neue Modelle
Große Arbeitergeber wissen um ihre Attraktivität, was meist ebenso zu Förderungen oder Vergünstigungen führt. Start-ups sind allerdings eine wirtschaftspolitische Nische, wichtig für die Innovation und Vision einer Volkswirtschaft.
„Gerade Social Entrepreneurs bieten neue Modelle unternehmerischen Wachs-tums und der Zusammenarbeit, wie sie bei Impact Hub Vienna zusammenkommen“, meint Wolfgang Michalek, Leiter des Zentrums für Soziale Innovation (ZSI) Wien. „Sie zeigen ethische Alternativen auf und sind Ausdruck eines neuen Arbeitsverständnisses einer Generation, denen Sinn in der Arbeit wichtiger ist als ein Vollzeitjob.“
Linktipps:
www.derbrutkasten.com
www.femalefounders.at
Beatrix Beneder
Sozialwissenschafterin
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 5/17.
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