Stadtplanung muss die Menschen mitnehmen

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  1. Seite 1 - Stadt der Zukunft
  2. Seite 2 - Was tun, wenn Arbeitsplätze fehlen?
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Was bedeutet die Klimakatastrophe für die Stadtplanung? Wie können in einer schnell wachsenden Stadt ausreichend Arbeitsplätze entstehen? Thomas Madreiter, Planungsdirektor der Stadt Wien, erklärt im Interview die Herausforderungen und Lösungen.
Thomas Madreiter, Planungsdirektor der Stadt Wien, im Portrait während des Interviews über die Stadplanung.
Wohnraum, Verkehr und Energie, Arbeitsplätze und Grünflächen. Die Herausforderungen der Stadtplanung ist immens. | © Markus Zahradnik
Sie hatten es bereits erwähnt: Das alles ist auch eine Frage der Energie.

Aktuell kommt die fossile Energie etwa oft von Scheichs, die sie aus dem Wüstensand holen, dadurch sehr reich wurden und gemeinsam mit uns das Klima ruiniert haben. Jetzt müssen wir aber rasch verstehen, unsere eigenen Scheichs durch Nzutzung von Bodenwärme, Sonnenlicht und Wind zu werden. Denn die Sonne scheint überall und es ist eine Frage der Intelligenz, das zu nutzen. Die technischen Fragen sind weitgehend gelöst und die Lösungen liegen auf dem Tisch. Jetzt müssen sie organisiert werden. Dabei entstehen neue Berufsbilder und neue Firmen. Große Hausbesitzer können sich jetzt überlegen, ob sie ihre Fläche nutzen, selbst zu ihrem eigenen Energieproduzenten werden und mit dem Überschuss auch noch Gewinn erwirtschaften wollen. Dazu kommen Lösungen wie Fern- und Erdwärme. Das alles erfordert aber gravierende Veränderungen.

Wie wichtig ist in der Stadtplanung der Punkt Soziales Wohnen? 

Der ist essenziell. Wenn das nicht funktioniert, schaffe ich mir neue Probleme, die in der Regel mit öffentlichen Geldern gelöst werden müssen – beispielsweise Kriminalität oder gesundheitliche Probleme. Wenn die Stadt sozial schlecht geplant ist, hat das diese Folgen. Für Wien ist es wichtig, dass ich etwa verschiedenste Kategorien von Freiräumen schaffe, in denen sich Kleinkinder wohlfühlen und Jugendliche sich bewegen können. Das Ziel muss sein, dass sich die ganze Bevölkerung bestmöglich entfalten kann. So kann ich Folgekosten vermeiden, das ist der angenehme Nebeneffekt.

Wie holen Sie Meinung der Wiener:innen ein?

Sozialwissenschaftliche Grundlagenforschung ist natürlich relevant. Wir befragen etwa alle drei Jahre rund 8.500 Wiener:innen. Was diese Befragung zeigt ist, dass die Leute überwiegend gerne oder sehr gerne in Wien leben. Wir schauen dann dort genauer hin, wo es zu Abweichungen kommt, wo man also nachjustieren muss.  Da geht es um die Frage, wo die Leute besonderes zufrieden sind mit der sozialen Infrastruktur oder dem kulturellen Angebot. Und wo sie weniger zufrieden sind.

Hätten Sie ein Beispiel? 

Uns fehlen etwa nördlich der Donau bereits vor Jahren rund 60.000 Arbeitsplätze, um dort denselben Einwohner-Arbeitsplätze-Mix zu haben wie in der Gesamtstadt. Das hat einfach damit zu tun, dass in diesen Bezirken nach dem Krieg oft große Wohnsiedlungen etabliert wurden, aber sich Firmen aufgrund des Strukturwandels – weniger Industriebetriebe, mehr Dienstleistungen – nicht im gleichen Ausmaß etabliert haben. Jetzt muss man unterstützen, dass stärker Betriebe, Gewerbe und Dienstleistungen nachziehen. Die Leute sagen, dass es sehr schön ist in der Donaustadt oder in Floridsdorf – und das kann ich nur bestätigen –aber jeder hätte gerne ein differenzierteres Angebot an Märkten oder Kultur. Eine Stadt ist nunmal  zuallererst ein soziales System.

Ein anderes prominentes Beispiel der Stadtentwicklung ist die Seestadt Aspern. Da gibt es viel Lob, aber auch viel Kritik.  

Man muss den Dingen Zeit geben. Das Projekt ist jetzt zu etwa 50 Prozent fertiggestellt. Neben der Kritik kriegen wir aber auch viel Lob, weil es dort im Gegensatz zu anderen Siedlungen eine Szene mit Geschäften und Buchhandlungen gibt, die sich halten. Es ist ein bisserl ein Grenzgang. Wie hoch kann die städtebauliche Dichte sein, damit ich einerseits diese Intensität an Menschen habe, damit sich diese Einrichtungen rentieren und tragen, ohne andererseits eine zu hohe Dichte haben, was wieder Lebensqualität kosten würde.

Wien ist im Wachstum. Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch?

Wien wächst seit vielen Jahren. Allein im vergangenen Jahr um 50.000 Menschen. Das war nicht immer so. Der Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989 war die Trendwende. Damals lag die Einwohnerzahl bei etwa 1,5 Millionen Menschen. Jetzt sind es 1,9 Millionen Menschen. Wien ist also nahezu um die Summe der Einwohner von Graz und Linz gewachsen. Hinter diesen Zahlen stehen Menschen und soziale Fragen. Da kann man nicht sagen, ‚der Markt wird’s regeln‘. Damals hat Wien gesagt, wir müssen und werden Wohnungen bauen. Und zwar extrem platzsparend. Denn wir müssen sparsam mit dem Boden umgehen, ohne die Wohnbauentwicklung zu stoppen. Das bedeutet intelligent, sparsam und verdichtet zu entwickeln und das qualitätsgetrieben.

Wieviel Zuzug verträgt die Stadt? 

Das ist, als würden Sie den Winterdienst fragen, wieviel Schnee er verträgt. Und der wird Ihnen darauf antworten, dass es sein Job ist, ordentlich zu räumen. Ich wüsste nicht, in welchem Ausmaß Zuzug noch ‚gut‘ ist. Die interessante Frage, die sich lohnt, zu diskutieren ist, wie man für die Menschen in Wien die besten Bedingungen sicherstellt. Ob eine Stadt 20.000, 200.000 oder zwei Millionen Einwohner hat, beantwortet nicht die Frage, ob es eine qualitativ hochwertige Stadt ist.

Eine Frage, die Wien seit Jahren erfolgreich beantwortet. 

Ja, wir sind jetzt seit Jahren zumindest in der Champions League, der lebenswertesten Städte der Welt. Es gibt Rankings, die sehen uns auf Platz eins. Man kann die einzelnen Bewertungen sicherlich hinterfragen, aber wir gehören jedenfalls zu den lebenswertesten Städten. Darauf kann man sich vermutlich einigen und auch einen gewissen Stolz entwickeln. Ich meine jetzt nicht unsere Stadtplanung, sondern vor allem die vielen Akteure, in Kunst, Kultur, Wirtschaft, Bildung und Forschung, die Wien zu dem machen, was es ist.

Und wie wird Wien im Jahr 2040 aussehen?  

Die Strategie ist eine rollierende. Das bedeutet, dass das Jahr 2040 kein Endpunkt ist – sie wird weitergeschrieben. Das Jahr haben wir gewählt, weil wir zu diesem Zeitpunkt aus der Nutzung fossiler Energieträger raus sein wollen. Ich kann nur hoffen, dass uns das gelungen sein wird. Mein Blick darauf ist optimistisch. Die Stadt wird auf den ersten Blick gar nicht so viel anders sein, wie heute. Wir werden es geschafft haben, dass etwa 50 Prozent der Stadt grün sind und vor allem öffentlichen Räume viel, viel grüner sind als heute. Wir werden alle sehr zu schätzen wissen, dass es sichere öffentliche Räume gibt, in denen sich alle wohlfühlen.

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