Soziale Hängematte für die Wirtschaft? Ja!

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Der Staat bildet, forscht, fördert, sichert ab und rettet im Fall des Falls – Menschen genauso wie Start-ups, Großkonzerne und Banken. Fünf Punkte, die Sie über den Wirtschaftsmotor Sozialstaat unbedingt wissen sollten. Ein Kommentar.

Laut Sozialministerin Hartinger-Klein schafft die Wirtschaft die Arbeit. Ja eh. Der Staat – der Sozialstaat – schafft mit vielen Maßnahmen gute Rahmenbedingungen dafür. Und die Menschen machen dann die Arbeit, „merkts euch das einmal“, um mit der Ministerin zu sprechen …

Wer schafft die Arbeit? Na sorry, wer schafft die Arbeit? Na die Wirtschaft schafft die Arbeit. Bitte merkts euch das einmal.

Beate Hartinger-Klein, Sozialministerin

Gesichert: Wie Unternehmen vom Sozialstaat Rückhalt bekommen

Sozialstaat – das ist im landläufigen Verständnis etwas für arme Leute, für Arbeitslose oder Kranke, für Menschen in Notlagen. Böswillige meinen auch, der Sozialstaat sei eine Hängematte für Faule und Tagediebe. Der Sozialstaat ist aber weit mehr als das. „Die hohen Sozialausgaben stärken die gesamtwirtschaftliche Nachfrage“, lautet ein Schluss in der WIFO-Studie „Sozialstaat und Standortqualität“ von Februar 2018. Und: „Wohlfahrtsstaatliche Strukturen bedeuten eine Stärkung der wirtschaftlichen Resilienz und damit der Standortqualität.“ Unternehmen und ihre Vertretungen beklagen gerne hohe Lohnnebenkosten und sprechen von Wettbewerbsnachteil im europäischen und internationalen Vergleich. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der Sozialstaat fördert aktiv die Unternehmen und stärkt mit verschiedenen Leistungen die Kaufkraft von einkommensschwächeren Gruppen – auch davon profitieren die Unternehmen.

Fazit: Der Sozialstaat ist gewissermaßen auch für die Wirtschaft eine „Hängematte“, zumindest aber ein engmaschiges Sicherheitsnetz.

Gebildet: Wie der Sozialstaat für qualifizierte ArbeitnehmerInnen sorgt

Schulen, Berufsschulen, Universitäten, Fachhochschulen, Weiterbildungen des Arbeitsmarktservice – der Sozialstaat stellt dafür Infrastruktur, Geld und Personal bereit. Das ist zum Vorteil der Ausgebildeten und der Unternehmen. Gerade das österreichische System der dualen Lehrlingsausbildung wird europaweit immer als vorbildhaft gesehen. Die Unternehmen schaffen die Lehrstellen, um Ministerin Hartinger-Klein zu bemühen. Die öffentliche Hand leistet aber wesentliche Beiträge dazu, dass den Firmen qualifiziertes Personal zur Verfügung steht, unter anderem mit dem Betrieb von Berufsschulen und mit Förderungen für Firmen, die Lehrlinge ausbilden.

Fazit: Die Leistungen der öffentlichen Hand in allen Ausbildungssparten sind es, die den Unternehmen qualifiziertes Personal verschaffen.

Gefördert: Wie der Sozialstaat Unternehmen auf die Erfolgsspur führt

Schon eine kurze Recherche offenbart eine Unzahl an Förderungen, die Unternehmen von Bund, Ländern, Gemeinden und aus der EU bekommen können: für Firmengründung, Firmenübernahme, Unternehmenssanierung oder Betriebsnachfolge, für Innovation und Forschung, für die Errichtung eines Breitbandanschlusses, für Aus- und Weiterbildung, Franchising, für Jungunternehmer und Kleingewerbetreibende und vieles mehr. Allein die Austrian Wirtschaftsservice GmbH (AWS) vergibt jährlich etwa eine Milliarde Euro Förderungen an die österreichische Wirtschaft. Hinzu kommen Förderungen der Wirtschaftskammern und der Banken via günstige Kredite für Firmen. Viele Betriebe könnten ohne diese Hilfen nicht existieren.

Fazit: Angesichts der vielen Förderungen aus öffentlicher Hand und aus EU-Töpfen ist die Aussage „Na die Wirtschaft schafft die Arbeit!“ dann doch wieder relativ …

Gegründet: Wie speziell Start-ups von öffentlicher Forschung profitieren

Digitalisierung und technologischer Fortschritt lassen neue Geschäftsideen und damit auch neue Firmen wie die sprichwörtlichen Schwammerl aus dem Boden sprießen. 12 Prozent aller Start-ups waren laut Trending Topics „Spin-offs von Universitäten“ – und haben so direkt von öffentlich finanzierter Forschung profitiert. Zudem gibt es für Start-ups speziell zugeschnittene Förderungen und Starthilfen. Die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützt Start-ups, sie fördert die Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen – zum Beispiel müssen Kredite erst fünf Jahre nach dem Ende eines Projekts abbezahlt werden. Das ist meist gut investiertes öffentliches Geld, denn am Ende stehen auch neue Arbeitsplätze.

Fazit: Der Staat hat Interesse an Innovation zum Wohl der Menschen, er lässt sich das auch etwas kosten.

Getrickst: Wie Gewinne privatisiert und Verluste verstaatlicht werden

„Mehr privat, weniger Staat“ und „Der Staat ist ein schlechter Unternehmer“ – diese Credos kennen wir zur Genüge. Wenn’s eng wird, darf der Staat dann aber schon rettend eingreifen – heißt: mit Steuergeld. Die diversen Bankenrettungen quer durch Europa im vergangenen Jahrzehnt sind dafür Beleg genug. Auch in Wirtschaftskrisen und Zeiten erhöhter Arbeitslosigkeit – ist gleich sinkender Einkommen – springt der Staat ein, stärkt mit Sozialleistungen die Kaufkraft der Menschen und hält mögliche Einbrüche der Unternehmen so in Grenzen.

Fazit: Den Sozialstaat kann es nur ganz oder gar nicht geben. Auf der einen Seite zu hohe Abgaben beklagen, auf der anderen Seite aber die Hand aufhalten – das wird sich nicht ausgehen.

Über den/die Autor:in

Nani Kauer

Nani Kauer, in Brüssel aufgewachsene Wienerin, hat integrierte Kommunikation studiert und ist seit 1996 in der Kommunikationswelt tätig. Sie ist Mediensprecherin von AK-Präsidentin Renate Anderl.

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