Arbeit&Wirtschaft: Wie bewerten Sie den Wirtschaftsstandort Österreich aus ArbeitnehmerInnensicht?
Robert Stehrer: Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind für den Wirtschaftsstandort Österreich ein wichtiger Faktor für Produktivität und Wachstum. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu halten und zu erhöhen, ist die Aus- und Weiterbildung der Arbeitskräfte der wichtigste Produktionsfaktor schlechthin.
Wie stufen Sie die Ausbildung österreichischer Fachkräfte im internationalen Vergleich ein?
Die österreichischen Fachkräfte sind allgemein im Vergleich sehr gut ausgebildet. Die duale Lehrausbildung ist international anerkannt. Aufholbedarf sehe ich im tertiären System – es braucht die richtigen Ausbildungen, um Innovation und Kreativität zu stärken.
Was müsste geschehen?
Die Unis sind zwar gerade gestärkt worden durch die Uni-Milliarde, aber noch immer passt der Betreuungsschlüssel nicht: Auf einen Lehrenden kommen zu viele Studierende. Weiters müssten die MINT-Fächer, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, die von Studierenden in Österreich traditionell noch zu wenig nachgefragt werden, attraktiver werden.
Was sind wichtige Faktoren für den Wirtschaftsstandort?
Es gibt Rankings zur Produktivität mit einer Vielzahl von Indikatoren, um die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes zu messen. Wichtige Punkte sind ökonomische und politische Stabilität, damit sich Firmen, die investieren, auf das Umfeld verlassen können. Dann braucht es qualifizierte Arbeitskräfte. Für ein Hochlohnland wie Österreich ist zudem die Ausbildung in Sachen Digitalisierung als Zukunftsfaktor wichtig.
Für ein Hochlohnland wie Österreich ist zudem die Ausbildung in Sachen Digitalisierung als Zukunftsfaktor wichtig.
Wie geht es dem Wirtschaftsstandort Österreich, immerhin das viertreichste EU-Land?
2018 lag Österreich im Global Competitiveness Index (GCI) an der 22. Stelle unter 140 Nationen. Österreich wird sehr gute makroökonomische Stabilität attestiert, und es schneidet im Bereich Humankapital sehr gut ab. Im Vergleich werden Österreich aber viele Regulierungen oder bürokratischer Aufwand attestiert, der in Rankings negativ bewertet wird. Dabei kommt vielleicht zu kurz, dass Regulierungen auch Produktqualität sichern und Umweltstandards aufrechterhalten. Wo Österreich in Rankings wiederum punkten kann, sind Innovationskapazitäten. Die Forschungsquote ist in den letzten Jahren auf mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen und liegt über dem EU-Durchschnitt.