Sozialbericht 2024: Mehrheit der Österreicher:innen für Vermögenssteuer

Victoria Swarovski und Mark Mateschitz. Symbolbild für eine notwendige Vermögenssteuer.
Überreichtum tut niemand gut: Vermögende haben zu viel politische Macht. | © GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com
Die Präsentation des Sozialbericht-Kapitels zu „Privateigentum und Ressourcen“ zeigt: Die Mehrheit der Gesellschaft ist für eine gerechtere Vermögensverteilung. Nur an der politischen Umsetzung hapert es noch.
Wie brisant ist eigentlich die Forderung nach einer Vermögenssteuer? Für die OeNB offenbar sehr. Am Montag, dem 17. Juni 2024 wurden an der Wirtschaftsuniversität Wien zwei Kapitel des Sozialbericht 2024 vorgestellt. Während die zwei Studienautor:innen Karin Heitzmann  (WU Wien) und Hannah Quinz  (Uni Wien) den Vortrag „Armutsfester Sozialstaat“ präsentierten, fasste Wilfried Altzinger (INEQ Forschungsinstitut, WU Wien) die Ergebnisse der Autoren Pirmin Fessler und Martin Schürz zu „Privateigentum und Zugang zu Ressourcen: Wege zu einer egalitären Gesellschaft in Österreich“ nur zusammen.

Der Grund: Die beiden Verfasser, Ökonomen der OeNB, hatten die Einladung zur Veranstaltung abgelehnt. Man munkelt, sie hätten von der OeNB ein Auftrittsverbot erhalten. Grund dafür sei, dass die beiden Notenbanker im letzten Kapitel die Einführung einer Erbschafts- und Vermögenssteuer befürworten. Angesichts der aktuellen sozialen Lage, der Lebensbedingungen sowie Armut und Ungleichheit in Österreich, die der Sozialbericht 2024 zusammenfasst, ist das alles andere als bahnbrechend. Es liegt einiges im Argen.

Wer spricht in Österreich über das Vermögen?

Das Nettovermögen in Österreich ist ungleich verteilt – mit weitreichenden Folgen. Vermögen in Form von Überreichtum hat nämlich verschiedene Vorteile für seine Besitzer:innen. Denn große Vermögen, insbesondere Unternehmensvermögen, bedeuten wirtschaftliche und vor allem politische Macht.

Das empfinden immer mehr Menschen als ungerecht: Die Mehrheit der im Rahmen des Household Finance und Consumption Survey (HFCS) Befragten sagen, dass sie eine Vermögenssteuer befürworten. In seinem Resümee des Kapitels „Privateigentum und Zugang zu Ressourcen“ betont Ex-WU-Professor Wilfried Altzinger aber auch, dass der Kampf gegen Machtmissbrauch nicht allein durch steuerliche Maßnahmen gewonnen werden kann. Es brauche mehr Datentransparenz, etwa in Form eines offiziellen Registers. Weiters sollten Großbetriebe stärker einer steuerlichen Kontrolle unterliegen.

Das „unsichtbare“ Drittel

Wie groß die Schieflage bei der Besteuerung ist, machte Momentum-Geschäftsführerin Barbara Blaha in der anschließenden Podiumsdiskussion deutlich: „Von 100 Steuereuros kommen 80 aus Arbeit und Konsum. Und nur drei von diesen Steuereuros kommen aus den Vermögensbezogenen Steuern.“ Dabei sollten eher jene entlastet werden, die ohnehin schon wenig haben.

Für Blaha gilt das vor allem für das „unsichtbare Drittel“, das sich sowohl bei der Vermögens-, als auch bei der Einkommensverteilung in der unteren Hälfte der Bevölkerung befindet. Das sind jene, die zu 100 Prozent zur Miete wohnen und ausschließlich von ihrem Einkommen aus Erwerbsarbeit leben müssen. „Dieses Drittel ist auch jenes, das auf den Sozialstaat am ärgsten angewiesen ist, weil die Teuerungswelle nicht abgefangen werden kann“, so Blaha.

Wer finanziert den Sozialstaat?

Ein lückenloser Sozialstaat ist daher wichtiger denn je: „Der Sozialstaat hat uns in Krisen schon sehr geholfen und ist auf jeden Fall etwas, auf das man stolz sein kann“, äußerte Barbara Blaha, Chefin des Momentum Instituts. Jedoch sei das Netz noch nicht dicht genug gewebt. Das sei besonders bei erwerbsarbeitslosen Menschen, Mehrkindfamilien und Alleinerzieherinnen der Fall.

„Eine Zahl, die mir besonders im Gedächtnis geblieben ist, bezieht sich auf die Frage, wie viel Anteil am Vermögen die unteren 50 Prozent laut den Österreicher:innen haben sollten“, erklärt Blaha. Unabhängig von ihrer gesellschaftlichen Position liegt die Antwort bei etwa 30 Prozent. Tatsächlich besitzt die untere Hälfte jedoch nur 4,6 Prozent. Während eine Mehrheit der Gesellschaft sich für die Vermögenssteuer ausspricht, fehlt es an einer politischen Mehrheit, die Steuern wie diese umsetzt. Über die Lösung dieser Mammutaufgabe wird die nächste Bundesregierung allerdings nicht herumkommen.

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Über den/die Autor:in

Nadja Riahi

Nadja Riahi arbeitet als freie Journalistin und Moderatorin in Wien. Sie schreibt über gesellschaftspolitische Fragestellungen der Gegenwart und Zukunft, soziale Ungerechtigkeiten und die Arbeitswelt.

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