Profitorientierung
Vielmehr handelt es sich um Unternehmen, die digitale Plattformen für Online-NutzerInnen anbieten, auf der oftmals selbstständige AnbieterInnen wie WohnungseigentümerInnen, Mietwagenunternehmen oder BotInnen mit AbnehmerInnen/Konsumierenden zusammengebracht werden. Sie sind nur drei Beispiele für Plattformen, auf denen Ressourcen und Dienstleistungen an den Mann und die Frau gebracht werden, und zwar schnell und unkompliziert. Das soll den Konsum kostengünstiger, ressourcenschonender und nachhaltiger machen. Neben gemeinwirtschaftlich orientierten Modellen entstehen so auch sehr viele profitorientierte „Sharing-Economy“-Plattformen, bei denen wenig „geteilt“ wird.
Neu ist das Konzept der „Sharing Economy“ grundsätzlich nicht: Maschinenringe, Mitfahrzentralen, schwarze Bretter oder gemeinsame Landbewirtschaftungsprojekte gab es bereits vor der Digitalisierung. Und auch im Netz gibt es Beispiele für Plattformen, auf denen tatsächlich geteilt wird: Auf Wikipedia teilen inzwischen schon Abermillionen von Menschen ihr Wissen mit der ganzen Welt, ohne dafür eine direkte finanzielle Kompensation zu erwarten. Die ursprüngliche Idee der Plattform Couchsurfing bot die Möglichkeit, Reisenden eine Übernachtungsmöglichkeit entgeltfrei zur Verfügung zu stellen, um auch selbst in den Genuss einer fremden Couch zu kommen, wenn man sich gerade auf Reisen befand. Gezahlt wurde ursprünglich nicht – mittlerweile hat sich die Plattform aber dazu entschlossen, Nutzungsgebühren zu verrechnen.
Bündelung fremder Ressourcen
Plattformen, auf denen Güter und Dienstleistungen gegen entsprechendes Entgelt zu haben sind, wie etwa Airbnb, Uber, Foodora, Deliveroo, CheckRobin, Helpling, MyHammer, Clickworker etc., teilen offensichtlich nicht, und schon gar nicht aus Freigebigkeit. Vielmehr bündeln sie fremde Ressourcen und setzen diese profitorientiert ein. Daher wird auch der Begriff der „Sharing Economy“ kritisiert. Begriffe wie „Gig-Economy“ (genannt wie der einzelne, kurzfristige Auftritt im Showbusiness, genannt „Gig“), „Plattformökonomie“ und „Sharewashing“ (in Anlehnung an „Greenwashing“) könnten das Phänomen klarer umreißen. Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob diese Unternehmen die Ressourcen von Arbeitenden/Dienstleistenden und alte Ordnungen auf Märkten schlagartig neu aufteilen.
Disruptive Verdrängungen
Airbnb ist die weltweit führende Web-Plattform im Online-Vermietungsmarkt und ein „Unicorn“. Dies ist kein Fabelwesen, sondern ein Unternehmen, das es nach relativ kurzer Zeit schafft, einen Unternehmenswert von mehr als einer Milliarde Dollar zu haben. Airbnb wurde 2008 in San Francisco gegründet und weist bis dato eine erstaunliche Wachstumsgeschichte auf. Die ursprüngliche Idee von Brian Chesky und Joe Gebbia war es, im Rahmen einer Design-Konferenz im Jahr 2007 eine kurzfristige Unterkunft anzubieten. Zu dieser Zeit konnten sich die beiden Zimmer-Buddies die Miete in ihrer Wohnung nicht leisten und offerierten drei Personen eine Luftmatratze und ein Frühstück in ihrem Wohnzimmer.
Das ist die Gründungslegende. Wenige Jahre später wurde Airbnb mit dem Kauf des britischen Portals Crashpadder zum globalen Marktführer der Online-Vermietungsvermittlung. Während im Sommer 2010 rund siebenundvierzigtausend Menschen über Airbnb übernachteten, kletterte die Gästeanzahl im Sommer 2015 laut eigenen Angaben weltweit auf fast 17 Millionen Gäste. Neben der Vermittlung von Privatpersonen bietet die Plattform nun auch Angebote für Geschäftsreisende und Unternehmen an. Der geschätzte Unternehmenswert von Airbnb betrug im Februar 2015 bereits 20 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Hilton hatte zu diesem Zeitraum einen Marktwert von 27,8 Milliarden Dollar, bei Marriott waren es etwa 23 Milliarden Dollar.
Da Airbnb als Plattform auf die Ressourcen des Wohnungsmarktes und der privaten AnbieterInnen zurückgreift, hat die FH Potsdam im Hinblick auf die Situation in Berlin eine umfassende Datenwebsite mit dem Namen „AIRBNB vs. BERLIN“ veröffentlicht. Die Datenauswertung zeigt, dass „Sharing Economy“-Portale einige Berliner Kieze (z. B. Neuköllner Reuterkiez, Kreuzberger Graefekiez) verändert haben und somit zur Verknappung von bezahlbarem Wohnraum beitragen. Mit dem kolportierten ursprünglichen Gedanken der Plattform, dem Teilen von nicht genütztem Wohnraum mit BesucherInnen, hat das oft nicht mehr viel zu tun. Im Schnitt stellte ein/e Airbnb-NutzerIn 1,3 Inserate online und zehn Prozent der Airbnb-VermieterInnen in Berlin haben mehr als ein Zimmer bzw. eine Wohnung angeboten. Die Top-10-VermieterInnen bieten im Schnitt sogar 28 Wohnungen an. Das waren mehr Angebote pro NutzerIn als etwa in New York. So kann daraus geschlossen werden, dass die Plattform durchaus von Personen betrieben wird, die Gewinnabsichten anstreben, und dass in den gefragten Wohnvierteln auch die Mietpreise stark steigen.