Nachhaltige Entwicklung: Es gibt einiges zu tun
Der kürzlich von CARE veröffentlichte Report zu ausgewählten SDGs zeigt aber, dass es noch einiges zu tun gibt. Beispielsweise sind durch COVID-19 Angstzustände und Depressionen im Jahr 2022 weltweit um 25 Prozent angestiegen und die Folge ist auch eine erhebliche Zunahme der Auswirkungen auf die physische Gesundheit. Neben der Analyse der SDGs, beteiligt sich CARE Österreich an 25 Projekten in 17 Ländern, die die Bekämpfung von Armut vorantreiben möchten und 22 weitere Projekte in 15 Ländern stellen Gesundheit und Wohlbefinden ins Zentrum der Bemühungen. Die Bandbreite ist dabei sehr groß. Von Schulen für burmesische Kinder in Thailand bis zu einem Projekt zu widerstandsfähigen und geschlechtergerechten Ernährungssysteme in Sambia unterstützt CARE verschiedene Projekte.
„CARE Österreich ist als Mitglied der CARE International Konföderation der sogenannten Vision 2030 verpflichtet. Wir bemühen uns daher um Projekte, die von institutionellen Geldgebern wie der EU oder der Austrian Development Agency (ADA) im Einklang mit unseren Zielen gefördert werden, beziehungsweise folgen diesen Vorgaben, wenn wir Projekte allein aus Spendengeldern finanzieren“, sagt Katharina Katzer, stellvertretende Marketingleiterin von CARE Österreich im Gespräch. Die Projekte werden durch die jeweiligen Länderbüros ausgewählt, da lokale Bedürfnisse und Kontexte eine zentrale Rolle spielen. „Die entwicklungspolitische Relevanz und ihre geplante positive und nachhaltige Wirkung gerade für das Leben von marginalisierten Menschen und Gemeinden, insbesondere Frauen und Mädchen, ist für uns ausschlaggebend bei der Auswahl der Projekte“, so Katzer.
Hohe Lebenszufriedenheit, aber…
Neben dem SDG-Report erschien diesen Oktober der 5. AK-Wohlstandsbericht, der gesondert auf die nachhaltige Entwicklung in Österreich blickt. Im aktuellen Bericht wird eine Analyse des gesellschaftlichen Fortschritts für den Zeitraum 2018-2023 vorgenommen. Speziell bei den SDGs zu weniger Ungleichheit, Maßnahmen zum Klimaschutz und Partnerschaften zeigt sich der große Aufholbedarf.
„Die unteren Einkommen werden bei den Kollektivvertragsverhandlungen oft mehr angehoben als die höheren, jedoch ist es bei Teilzeitkräften oder Geringfügigen trotzdem sehr schwierig ein Auskommen mit dem Einkommen zu finden, auch wenn dort die Löhne und Gehälter prozentuell mehr ansteigen“, sagt Norman Wagner, Referent für Sozialstaatsfragen der AK Wien zur Ungleichheit. Gegenmaßnahmen sind gefragt, doch Wagner sieht ein grundsätzliches Problem in Österreich: „Weder unsere Einkommenspolitik noch unser Sozialsystem ist darauf ausgerichtet, hier große Veränderungen von unten nach oben zu vollziehen.“
Österreich gibt sehr viel Geld für die Krisenbewältigung, wie COVID-19 oder die hohen Energiekosten, aus. Grundsätzlich ist das nicht zu kritisieren, doch der Punkt an der Sache ist, dass wir früher oder später unweigerlich in die Situation kommen, dass das irgendwer zurückzahlen muss.
Norman Wagner, Referent für Sozialstaatsfragen der AK Wien
Unzufriedenheit macht Schule
Aus dem Wohlstandsbericht lassen sich zwar positive Entwicklungen ablesen, doch Vorsicht ist geboten. Die Lebenszufriedenheit in Österreich ist konstant auf einem hohen Level, doch materiell und sozial benachteiligte Personen (5,4 Punkte) sowie ganzjährig Arbeitslose (6,5 Punkte) sind deutlich weniger zufrieden. Dies zeigt der European Quality of Life Survey, durchgeführt von der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound).
Allerdings fand letzte Umfrage schon vor ein paar Jahren statt. Es wäre also wenig verwunderlich, wenn die Zufriedenheit in der ganzen Bevölkerung seit damals abnahm. „Die Lebenszufriedenheit ist sehr subjektiv. Die Eurofund-Umfrage ist aus dem Jahr 2018 und wenn man sie heute wieder machen würde, dann würde sie wohl insgesamt negativer ausfallen. Man sieht die Unzufriedenheit beispielsweise an den regelmäßigen Demonstrationen gegen die COVID-Maßnahmen“, so Wagner.
Sozialstaat in Gefahr
Einen negativen Trend sieht die AK bei der Vermeidung von Armut und Ausgrenzung. Die Armutsbekämpfung hat im EU-Aktionsplan bis 2030 einen hohen Stellenwert, doch in Österreich nimmt Armut nur schwach ab, die Ungleichheit steigt. „Österreich gibt sehr viel Geld für die Krisenbewältigung, wie COVID-19 oder die hohen Energiekosten, aus. Grundsätzlich ist das nicht zu kritisieren, doch der Punkt an der Sache ist, dass wir früher oder später unweigerlich in die Situation kommen, dass das irgendwer zurückzahlen muss“, meint Experte Wagner.
Das Geld kann sich der Staat auf drei Wege zurückholen, entweder er führt neue Steuern ein, erhöht bestehende Steuern oder er spart an Ausgaben im Bereich des Sozialstaats. „Wenn wir zukünftig konsultieren, dann befürchte ich, dass das auf Kosten der sozialen Sicherheit geht. Wir müssen in den kommenden Jahren einsparen und daher bin ich nicht sehr optimistisch, denn das wird der Sozialstaat zu spüren bekommen. Ich warne daher vor den Einsparungen, die die soziale Sicherheit gefährden“, so Wagner.
Wie die Teuerung die Vermögensungleichheit verschärft, zeigte der #Wohlstandsbericht der #AK eindringlich auf. #Jahresrückblick #daswar2022 #deineStimme #Gerechtigkeit #FAIRsteuern #SomussSozialstaathttps://t.co/LB4Hmi2sz7
— AK Österreich (@Arbeiterkammer) December 30, 2022
National braucht global
Die SDGs greifen weltweit, aber auch in Österreich, ineinander. Die Ziele der nachhaltigen Entwicklung getrennt zu denken, ist daher kaum möglich. „Insgesamt ist eine klare Priorisierung schwierig, da die SDGs miteinander verwoben sind und sich gegenseitig bedingen. So ist Geschlechtergerechtigkeit beispielsweise grundlegend, um Armut und Hunger zu beenden und Antworten auf die Klimakrise zu finden. Gleichzeitig tragen Armut, Hunger und der Klimawandel oft zu mehr Ungleichheit und erhöhter Gewalt gegen Frauen und Mädchen bei“, erklärt Katzer von CARE.
Bei der Entwicklungszusammenarbeit rühmt sich die österreichische Politik häufig damit, eine positive Vorreiterrolle zu spielen. Die Zahlen im AK Wohlstandsbericht zeigen aber das genaue Gegenteil. Die Vereinten Nationen beschlossen bereits im Jahr 1970, dass die wohlhabenden Länder der Erde jährlich 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für die nachhaltige Entwicklung zur Verfügung stellen sollen. Österreich hat diesen Wert noch nie erreicht und dümpelt aktuell bei 0,3 Prozent herum. Schweden, Dänemark, Norwegen oder Luxemburg erfüllen hingegen ihre Versprechungen.
Schlicht uninteressiert oder politisches Kalkül?
Dass man in einer globalen Welt für nachhaltige Entwicklung in anderen Ländern sorgen muss, scheint in der österreichischen Außenpolitik noch nicht angekommen zu sein oder wird aus politischem Kalkül wenig berücksichtigt. Die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung sollen bis zum Jahr 2030 erhebliche weltweite Verbesserungen bringen. Und auch Österreich hat noch viele Aufgaben zu erledigen, um Ungleichheit abzubauen und die internationale Zusammenarbeit zu stärken.
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