Schulkosten: Wenn das Konto über die Bildung entscheidet

Ein Mädchen sucht sich zum Schulanfang ihren ersten Schulranzen an. Auch deswegen sind die Schulkosten enorm gestiegen.
Der erste Schultag verursacht enorme Kosten. Doch die Ausgaben hören auch während des Schuljahres nicht auf. | © Adobestock/DariaTrofimova
Im Schnitt haben Eltern 2.223 Euro an Schulkosten pro Jahr und Kind. Nicht alle können sich das leisten. Die Folge? Bildung, die eigentlich gleiche Chancen für alle bieten sollte, wird zum Luxusgut.
Mit dem Start ins neue Schuljahr kam für viele Eltern der große Schock: die ersten Schulkosten fallen an. Im gesamten Schuljahr 2023/24 mussten Eltern pro Kind 2.223 Euro aufbringen. Über die Hälfte der Eltern empfindet diese Ausgaben als Belastung – oft so stark, dass nicht alles Notwendige gekauft wird. Von Schulmaterial über spezielle Kleidung bis hin zu Ausgaben für Exkursionen und Selbstbehalten bleibt einiges auf der Strecke.

Schulkosten explodieren

Die enorme Inflation der vergangenen Jahre hat auch die Schulkosten in die Höhe getrieben. Lagen die im Schuljahr 2020/21 bei 1.486 Euro, sind es aktuell eben bei 2.223 Euro – das entspricht einer Steigerung von 50 Prozent. Darunter fallen Ausgaben für Hefte, Stifte, Umschläge, Jausenboxen, Öffi-Tickets, Hausschuhe oder Arbeitskleidung im Falle von berufsbildenden Schulen. Die Zahlen beruhen auf einer Studie des Forschungsinstituts Foresight von 2024, das dafür rund 2.500 Eltern befragt hat. Sie sollten zwischen Juli 2023 und Juli 2024 wöchentlich notieren, was sie schulbedingt für ihre Kinder ausgaben.

Kein Kind darf um seinen Schulerfolg
gebracht werden, weil sich Schulkosten
für das Familienbudget nicht mehr ausgehen.

Renate Anderl, AK-Präsidentin

Besonders belastend für die Eltern war dabei der Schulstart. Im Durchschnitt zahlen die Eltern in dieser Zeit 464 Euro pro Kind, wobei die Kosten mit dem Alter des Kindes steigen. Bei Vorschulkindern sind es 266 Euro, bei Schüler:innen der Sekundarstufe II dann 520 Euro. Kein Wunder, dass sich elf Prozent der Familien im unteren Einkommensdrittel (weniger als 2.800 Euro Haushaltsnettoeinkommen pro Monat) nicht alle geforderten Anschaffungen für den Schulstart ihrer Kinder leisten können. „Genau diese zusätzlichen Schulkosten zementieren aber Bildungsungerechtigkeit ein“, kommentiert AK-Bildungsexpertin Elke Larcher die Situation.

Schulkosten bleiben ganzjährig hoch

Zwar fallen die höchsten Kosten mit dem Schulstart an, doch damit sind längst nicht alle Ausgaben erledigt. Insbesondere in den Wochen vor der Zeugnisvergabe häufen sich die Zahlungen noch einmal, denn dann steht oft Nachhilfe an. Die kann sich längst nicht jede Familien leisten – nur, wer das nötige Kleingeld übrig hat, kann für bessere Noten sorgen. Das trägt dazu bei, dass Bildung in Österreich vererbt wird. Ein weiterer Kostenpunkt sind Exkursionen. Selbstverständlich ist praxisnahes Lernen wichtig und sinnvoll, aber ohne zusätzliche Förderungen der Schulen bleibt die Teilnahme für viele Kinder unerreichbar.

Die Schulkostenstudie von Foresight macht auch deutlich, dass über Ganztagsbetreuung neu diskutiert werden muss. Denn besonders hohe Kosten fallen für Nachmittagsbetreuung, Nachmittagskurse und Ferienbetreuung an. So zahlten die Eltern im Schnitt 1.790 Euro für die Nachmittagsbetreuung und zusätzliche 447 Euro für die Verpflegung der Kinder. Auch hier werden Kinder, deren Eltern sich diese Ausgaben nicht leisten können, schlicht ausgesiebt und verpassen so nicht nur Bildung, sondern auch die soziale Interaktion mit Mitschüler:innen. Elke Larcher, AK Wien Bildungsexpertin, sagt dazu: „Freizeitangebote sollen der Motor für die Stärkung des Selbstwertes von Kindern und Jugendlichen sein. Sie sollen ihre Interessen vertiefen und entdecken können, und zwar ohne Leistungsdruck. Diese Freizeit braucht jedes Kind und alle Jugendlichen.“

Viele Eltern können sich Schulkosten nicht leisten

In der Schulkostenstudie 2023/24 von Foresight gaben 60 Prozent aller Eltern an, dass die Kosten finanziell belastend seien und auch die Planung des Bildungsweges beeinflussen. Gerade der sollte aber von den Interessen und Kompetenzen der Kinder geprägt sein und nicht vom Kontostand der Eltern. „Kein Kind darf um seinen Schulerfolg gebracht werden, weil sich Schulkosten für das Familienbudget nicht mehr ausgehen“, so Anderl.

Den kostenlosen Schulbesuch bezeichnet die AK-Präsidentin als historische Errungenschaft, Bildungsteilhabe und -erfolg dürfe aber nicht von familiären Ressourcen abhängen. „Schule muss in der Schule stattfinden – und nicht am Küchentisch oder in teuren Nachhilfeinstituten“, bringt es Anderl auf den Punkt. Um das zu erreichen, müssten Schulen so organisiert und ausgestattet sein, dass Kinder aus finanziell weniger gut gestellten Haushalten nicht zurückgelassen werden. Das dürfe in einem Sozialstaat nicht Aufgabe der Eltern sein.

Lösungen für inklusivere Bildung

Kinder, Jugendliche und deren Eltern benötigen mehr Sicherheit bei Bildungsfragen. Eine Lösung könnte ein ausreichendes Budget für Schulmaterialien sein, das Lehrer:innen unbürokratisch verwenden können, beispielsweise auch für Schulveranstaltungen oder Nachhilfeförderungen. Langfristig müssen die Regierungen jedoch gezielter investieren. Schulen sollten umso mehr Mittel bekommen, je mehr Schüler:innen sie mit Unterstützungsbedarf haben (AK-Chancen-Index).

Damit alle Schüler:innen am Unterricht teilnehmen können, muss moderne EDV sichergestellt werden. Kosten für Softwarelizenzen, Laptops und Drucker dürfen nicht auf den Eltern lasten. Das gilt auch für die Teilhabe an den Freizeitaktivitäten der Schüler:innen. Außerschulische Ferien- und Freizeitangebote sollten durch niederschwellige Fördertöpfe für alle Kinder erschwinglich sein.

Zum Thema Schulkosten gehört auch die Diskussion um kostenlose, hochwertige und flächendeckende Ganztagsbetreuung. Sie fördert die Lernchancen der Kinder und sichert gleichzeitig die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Eltern. Damit kein Kind aus finanziellen Gründen von der Ganztagsbetreuung abgemeldet werden muss, braucht es einer unbürokratischen Förderung von Gemeinden, die ein entsprechendes Angebot zur bereitstellen wollen.

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Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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