Seit 1986 haben wir in Österreich fünf Wochen Urlaub pro Jahr. Die Arbeitszeiten haben sich seit den 1990ern radikal verdichtet. Trotzdem ist es bisher bei fünf Wochen Urlaub im Jahr geblieben. Relevant ist das insofern, weil wir jetzt innerhalb von kürzerer Zeit wesentlich mehr leisten und wesentlich mehr arbeiten. Das führt dazu, dass die Arbeit auch wesentlich anstrengender wird.
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Vor 100 Jahren haben die Gewerkschaften und die Beschäftigten den 8-Stunden-Arbeitstag erkämpft, seit 1975 haben wir die 40-Stunden-Woche in Österreich. Anstatt die Arbeitszeit, wie es logisch und sinnvoll gewesen wäre, noch weiter zu verkürzen, wurde die Arbeitszeit in den letzten Jahren auch noch verlängert.
Anstatt die Arbeitszeit, wie es logisch und sinnvoll gewesen wäre, noch weiter zu verkürzen, wurde die Arbeitszeit in den letzten Jahren auch noch verlängert.
Nicht nur, dass in Österreich trotz der zunehmenden Belastungen aufgrund der weiterhin steigenden Arbeitsdichte und Arbeitsgeschwindigkeit die Arbeitszeit nicht verkürzt wurde: Es ist so, dass wir in Österreich auch noch viel zu lange arbeiten.
Die einzigen Länder innerhalb von Europa, in denen länger gearbeitet wird als in Österreich, sind Großbritannien und Griechenland. Österreich ist auf Platz drei. In Österreich werden über 43 Stunden pro Woche durchschnittlich gearbeitet – und das, obwohl wir so viele Teilzeitbeschäftigte haben und obwohl über die Hälfte aller Frauen nicht in einem Vollzeit-Arbeitsverhältnis beschäftigt ist.
Zusätzlich ist die Arbeit bei uns auch noch sehr ungleich verteilt. Während die eine Gruppe der Beschäftigten – diese Gruppe besteht vorwiegend aus Männern im mittleren Alter – zu viel Arbeit hat, zu lange arbeitet, sich krank arbeitet, regelmäßig Überstunden leistet, arbeitet die andere Gruppe der Beschäftigten zu kurz.
Die Arbeitszeit ist in Österreich auch deswegen so ungleich verteilt, weil die Frauen die unbezahlte Arbeit zu Hause machen.
Die Arbeitszeit ist in Österreich auch deswegen so ungleich verteilt, weil die Frauen die Arbeit zu Hause machen. Mit anderen Worten: die Familienarbeit leisten. Auch die Arbeit zu Hause und in der Familie ist Arbeit, allerdings keine bezahlte Arbeit – und diese unbezahlte Arbeit leisten in der Regel „freiwillig“ Frauen, damit ihre Männer wiederum länger der Erwerbsarbeit nachgehen können. Das hat einen einfachen Grund: Männer verdienen immer noch besser in Österreich. Frauen werden am Arbeitsmarkt in Österreich immer noch diskriminiert und schlechter bezahlt – gerade dann, wenn Kinder im Spiel sind. Kurz gesagt: Die Männer machen die bezahlte Arbeit, die Frauen überwiegend die unbezahlte Arbeit.
Für die Frauen bedeutet das aufgrund fehlender Beiträge in der Pensionsversicherung in der Zukunft: Altersarmut.
Bei langen und ungleich verteilten Arbeitszeiten bleibt es nicht. Die Zeiten, in denen man aus dem Büro nach Hause geht und dann nicht mehr arbeitet, sind meist vorbei. Viele arbeiten nach dem offiziellen Arbeitsende weiter. Sie stehen also ihren Arbeitgebern auch in der Freizeit zur Verfügung.
Sie nehmen Telefonate in der Freizeit entgegen, beantworten E-Mails auf dem Weg zur Arbeit oder am Abend nach der Arbeit, bereiten sich am Abend nach der Arbeit auf den nächsten Arbeitstag vor.
In rund jedem zweiten Betrieb in Österreich werden MitarbeiterInnen krank, weil sie zuviel gearbeitet haben und die Arbeitsbelastung zu hoch ist.
Eine Umfrage unter Betriebsräten hat ergeben, dass in jedem zweiten Betrieb in Österreich Burnout-Erkrankungen vorkommen, dass in rund jedem zweiten Betrieb in Österreich MitarbeiterInnen krank werden, weil sie zuviel gearbeitet haben und weil die Arbeitsbelastung zu hoch ist.
- Mehr als die Hälfte der Beschäftigten am Bau oder HilfsarbeiterInnen nimmt regelmäßig Schmerzmittel, um den Arbeitsalltag überhaupt bewältigen zu können.
- Im Durchschnitt über alle Branchen hinweg müssen rund 44 Prozent aller Beschäftigten regelmäßig Schmerzmittel nehmen, um ihrer Arbeit nachkommen zu können.
- Knapp die Hälfte aller Beschäftigten in Österreich hat im vergangenen Jahr Grippemedikamente genommen, um auch krank zur Arbeit gehen zu können.
- Fast 44 Prozent der Beschäftigten, die in ihrer Freizeit zumindest hin und wieder arbeiten, haben logischerweise auch große Probleme damit, in ihrer Freizeit abzuschalten oder leiden unter Schlafstörungen. Auch das macht krank.
Eine aktuelle Umfrage der GPA-djp hat ergeben:
- 45 Prozent aller Beschäftigten in Österreich können sich in ihrer Freizeit nicht mehr erholen. Für sie trifft folgende Aussage zu: „Ja, ich habe zwar frei, und ja, ich arbeite zwar nicht, aber die Freizeit ist so kurz und ich muss so viel über die Arbeit nachdenken, dass ich danach einfach nicht erholt bin.“
- 70 Prozent der Befragten haben angegeben, dass sie den Urlaub nicht dann konsumieren können oder sich nicht dann Urlaub nehmen können, wenn sie es eigentlich gerne machen würden oder wenn sie es müssten. Das ist insbesondere für Eltern ein Riesenproblem.
Diejenigen, die ArbeitnehmerInnen nicht kürzer arbeiten lassen wollen, sind auch diejenigen, die wollen, dass sie länger arbeiten.
Arbeitszeitverkürzung findet in Österreich bereits seit langem statt. Zum einen sehen wir das in den steigenden Arbeitslosenzahlen – Österreich liegt immer noch über dem Niveau vor der Wirtschafts- und Finanzkrise – und zum anderen sehen wir es an der steigenden Teilzeit.
Arbeitszeitverkürzung findet ohnehin statt, aber derzeit auf Kosten der Beschäftigten.
Seit 2012 ist in Österreich kein einziger zusätzlicher unbefristeter Vollzeitjob mehr dazugekommen. Das Beschäftigungswachstum seit 2012 erfolgt quasi ausschließlich über Teilzeitarbeit und atypische Beschäftigung. Das heißt, auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen: Arbeitszeitverkürzung findet ohnehin statt, aber derzeit auf Kosten der Beschäftigten.
Es ist also höchste Zeit für eine radikale Arbeitszeitverkürzung. Wir brauchen mehr Freizeit, wir brauchen mehr Urlaub, wir brauchen mehr Zeit zur Erholung. Wenn unsere Arbeit immer anstrengender wird, dann muss im Gegensatz dazu unsere Freizeit auch immer mehr werden.