Verschiedene Kulturen
Ein Blick von Graz zurück nach Salzburg: Die Arbeitsplätze von Sabine Gabath und Johann Hubmann könnten unterschiedlicher kaum sein. Schon wenn man das große Hochhaus des steirischen Strom- und Gasanbieters in Graz sieht, weiß man: Das ist ein Konzernsitz. Trifft man im Salzburger Krankenhaus auf viele Frauen, sind es an den Grazer Standorten in erster Linie Männer. Während bei den einen die Menschen im Vordergrund stehen, ist es bei den anderen die Technik. Mit verschiedenen Menschen haben freilich auch die steirischen Betriebsräte zu tun.
„Wir haben viele große Standorte von Schladming bis Feldbach mit unterschiedlichsten Kulturen und auch unterschiedlichsten Dialekten.“ Entsprechend müssen auch die Betriebsräte darauf Rücksicht nehmen. „Wennst in Feldbach mit den Oststeirern redest und in Knittelfeld mit den Obersteirern, wo man den Dialekt natürlich auch merkt – das ist schon ein Unterschied. Wenn du dann noch die Ennstaler hast, da ist die ganze Kultur noch einmal ein bisschen anders.“
Was beide Arbeitsplätze und somit auch die Arbeit der BetriebsrätInnen zudem verbindet: Da wie dort treiben die Führungskräfte Auslagerungen voran, da wie dort geht dies meist mit Personalabbau einher. Im Fall der Energiewirtschaft etwa galt der Kollektivvertrag Mitte der 1990er-Jahre noch für 55.000 Beschäftigte. Mittlerweile sind es nur noch um die 20.000. Umso mehr freut sich Johann Hubmann, dass er erreicht hat, dass Auslagerungen inzwischen auf den Prüfstand gestellt werden. Beliebterweise wird Outsourcing mit dem Kostenargument begründet. Doch ob das auch wirklich stimmt, ist zumindest die Frage wert. Denn oftmals werden in betriebswirtschaftlichen Kostenrechnungen nicht alle Faktoren berücksichtigt. Genau hier hat Johann Hubmann angesetzt, und zwar, als er wieder einmal mit dem Arbeitgeber über ein Sparpaket verhandelte. Man einigte sich auf einen formalisierten Insourcing-Prozess.
Bemerkenswert
Zunächst aber wurde berechnet, ob Outsourcing wirklich billiger ist. Das Ergebnis ist bemerkenswert: Versucht man möglichst viele Faktoren zu berücksichtigen und legt den Berechnungen sogar den teureren Kollektivvertrag zugrunde, so ist es oftmals deutlich billiger, wenn man die Tätigkeiten im eigenen Haus ansiedelt.
Einmal im Jahr setzt man sich im Betrieb zusammen und stellt jene Bereiche, die outgesourct sind, jedes Mal aufs Neue auf den Prüfstand. Gelten soll dies für die gesamte Branche, für die Energie Steiermark kann Hubmann schon von Erfolgen berichten: „Wir haben mehr als zehn Job-Descriptions ingesourct.“
Anders als die Krankenpflegerin Sabine Gabath ist Hubmann nicht freigestellt, und auch nicht seine 59 weiteren Betriebsratskollegen. Zugute kommt ihm dabei klarerweise, dass er so manche Arbeit auch aus der Ferne per Computer via Netz erledigen kann. Das ist bei Sabine Gabaths Tätigkeitsfeld natürlich undenkbar.
Johann Hubmann und sein Kollege Stefan Steigenberger sehen den großen Vorteil darin, dass sie dadurch nahe dran am Geschehen sind. „Es kann dir niemand erzählen, dass etwas ganz klass und super ist, umgekehrt kann man auch sagen, dass etwas nicht funktioniert – und du musst das halt glauben“, erzählt Steigenberger. Zudem würden sie so auch eher mitbekommen, welche Bereiche etwa wieder eingegliedert werden könnten.
Ob in Salzburg oder Graz, ob Pflegerin oder Techniker: Alle drei machen die Betriebsratsarbeit sichtlich gern. Und alle machen sich ganz grundsätzliche Gedanken, nicht nur über die Arbeit selbst, sondern auch über Gesundheits- oder Energiepolitik.
Menschen begleiten
Während Sabine Gabath über den absehbare Pflegenotstand spricht und den finanziellen Engpass im Sozialbereich anprangert, erzählen Hubmann und Steigenberger von Energiepolitik, technischen Lösungen und Verteilungsfragen. Für Gabath ist das Schöne daran, Betriebsrätin zu sein: „Dass man die Leute begleiten kann, bei schönen Dingen, wenn sie sich wohlfühlen, verändern, schwanger werden, Babys kriegen – und dass man ihnen eine Hilfestellung geben kann, wenn es ihnen nicht gut geht.“
Sonja Fercher
Chefredakteurin
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 3/19.
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