Reportage: Sprachrohre & PionierInnen

Foto (C) Michael Mazohl
Sehr stressig ist logischerweise die Arbeit jener Menschen, die Sabine Gabath im Landeskrankenhaus Salzburg vertritt. Sie weiß dies aus eigener Erfahrung, noch bis September 2018 arbeitete sie als Pflegerin in der Kiefer- und Gesichtschirurgie.

Inhalt

  1. Seite 1 - Persönliches Gespräch im Zentrum
  2. Seite 2 - Richtungweisender KV
  3. Seite 3 - Verschiedene Kulturen
  4. Auf einer Seite lesen >
Ob Lösungen für Konflikte oder der Kampf gegen Personalabbau, ob das Gespräch mit den Dienstgebern oder die Verhandlungen zum Kollektivvertrag: Die Arbeit von BetriebsrätInnen ist vielfältig und herausfordernd – aber auch lohnend. Ein Besuch bei den BetriebsrätInnen des Landeskrankenhauses Salzburg und der Energie Steiermark in Graz.

„Wollt ihr unsere Schokokammer sehen?“, fragt Sabine Gabath schmunzelnd. „Nervennahrung“ hält die Betriebsrätin immer bereit, denn gerade Pflegekräfte oder ÄrztInnen können diese bei der anspruchsvollen Arbeit am Landesklinikum Salzburg oft genug gebrauchen. Auch die Räume des Betriebsrats nutzen Beschäftigte durchaus als Rückzugsraum, um sich auszuruhen oder einen „Break zu machen, wenn sie nimmer können“, wie es Gabath formuliert. Dann können sie sich mit Obst, Kaffee oder Tee oder anderen guten Dingen versorgen. Das Betriebsratsgebäude liegt gleich am Eingang zum großen Krankenhauskomplex, auf dem sich ein Gebäude an das andere reiht. 

Insgesamt arbeiten rund 5.000 Menschen am Landesklinikum Salzburg.
Sabine Gabath selbst ist diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und hat als solche gearbeitet, bevor sie im September als Betriebsrätin freigestellt wurde. Nun betreut sie hauptamtlich die Interessen ihrer KollegInnen, gemeinsam mit zwei weiteren Freigestellten, dem Betriebsratsvorsitzenden Markus Pitterka und ihrer Kollegin Kristina Pflugbeil, und 20 Nicht-Freigestellten. Insgesamt arbeiten rund 5.000 Menschen am Landesklinikum, das unweit der Salzburger Innenstadt liegt. Gabath und ihr Team des Angestellten-Betriebsrats sind für sehr viele unterschiedliche Personengruppen zuständig: „Alle Ärzte, die ganze Pflege, Röntgenassistenten, Hebammen, Medizinisch-Techniker, die Forscher, die ganze Verwaltung, also Abrechnung, Buchhaltung“, zählt die Betriebsrätin ohne Anspruch auf Vollständigkeit auf. Zudem gibt es einen Arbeiter-Betriebsrat, der rund 300 Arbeiter vertritt: „Das sind Schlosser, Tischler, die Küche, die ganze Logistik, die Träger (alte, aber immer noch übliche Bezeichnung für jene, die PatientInnen von einem Ort an einen anderen im Spital transportieren, Anm.) gehören alle zu ihm.“

All diese Gruppierungen mit ihren verschiedenen Interessen als Betriebsrätin unter einen Hut zu bringen: Darin sieht Gabath eine große Herausforderung. Ein weiteres großes Spannungsfeld beschreibt sie als „Klagemauer“ oder „lösungsorientiertes Arbeiten“. „Manche wollen alles erzählen können, und dann gehen sie wieder“, sagt sie. Es ist der Betriebsrätin aber sichtlich lieber, wenn sie die Situation eines Kollegen oder einer Kollegin tatsächlich verbessern kann. Wie so oft findet sie auch hier pointierte Worte: „Das ist wie ein Kriminalfall: Warum sitzt der da?“ Man müsse also herausfinden, ob die Person gerne ihr Herz ausschütten wolle oder sich eine Lösung wünsche. „Das ist auch immer schwierig. Es ist wichtig dass die MitarbeiterInnen kommen und im Vertrauen ihre Situation beschreiben. Ideal finde ich, wenn wir eine Lösung finden, manchmal reicht einfach nur zuhören.“

Wenn man mit Sabine Gabath über das Gelände des Klinikums spaziert, bekommt man einen Eindruck, wie groß das Gebiet ist, auf dem sie sich bewegt. „Wir haben ein Pavillonsystem“, erklärt sie. Insgesamt stehen fast 2.000 Betten für die PatientInnen bereit. Von Augenheilkunde bis Unfallchirurgie findet man nahezu alle Fachgebiete der Medizin. „Du rennst eine Viertelstunde von einem Ende zum anderen“, schätzt Gabath. Das macht die Weitergabe und das Einholen von Informationen logischerweise zur Herausforderung. Während die Betriebsrätin über das Gelände führt, kommentiert sie das System, mit dem man versucht hat, die verschiedenen Pavillons alphabetisch zu beschriften, dass man sich leicht orientieren kann: „D steht zum Beispiel für Dermatologie, H für HNO und F für Frauenheilkunde.“

Foto (C) Michael Mazohl
Was der Pflegerin Sabine Gabath bisweilen von Arbeitgeberseite fehlt, sind grundsätzlichere Lösungen, die so manche Probleme im Alltag erst
gar nicht entstehen lassen.

Persönliches Gespräch im Zentrum

Die schiere Größe des Betriebs bedeutet für den Betriebsrat eine enorme Herausforderung, was die Informationspolitik betrifft. Umso umtriebiger müssen die Betriebsrätin und ihre KollegInnen sein. Ob bei Mitarbeitereinführungen oder in der Krankenpflegeschule, bei Kursen oder Kindergartenfesten: Überall versuchen sie, präsent zu sein, wie Gabath erzählt. Einen eigenen Newsletter hat der Betriebsrat nicht. Dafür sind sie auf den Newslettern der Abteilungen vertreten. Das wichtigste Kommunikationstool ist das Schwarze Brett – und natürlich das persönliche Gespräch.

Das wichtigste Kommunikationstool ist das Schwarze Brett – und natürlich das persönliche Gespräch.

Die Probleme, mit denen Beschäftigte sich an den Betriebsrat wenden, sind so vielfältig wie die Belegschaft selbst. Am häufigsten aber würden sie bei Umstrukturierungen angesprochen, erzählt Gabath: „Wenn der Dienstgeber Dienstpläne ändert, Teams zusammenlegt oder wer wo einspringen muss oder Überstunden entstehen: Das kriegen wir gleich einmal mit. Weil das die Leute zwar schon kompensieren, aber nicht lang.“ Hier unterstützend zu wirken ist eine ihrer Aufgaben. Wogegen sich Gabath klar und deutlich verwehrt: Von der Führungsebene dafür missbraucht zu werden, Sparpläne zu kommunizieren oder gar daran mitzuwirken, das System zu „optimieren“. Dennoch findet sie gute Worte für ihre Chefs: „Der Dienstgeber ist nicht leicht, aber er bietet immer auch Lösungen an.“

Inhalt

  1. Seite 1 - Persönliches Gespräch im Zentrum
  2. Seite 2 - Richtungweisender KV
  3. Seite 3 - Verschiedene Kulturen
  4. Auf einer Seite lesen >

Über den/die Autor:in

Sonja Fercher

Sonja Fercher ist freie Journalistin und Moderatorin. Für ihre Coverstory im A&W Printmagazin zum Thema Start-ups erhielt sie im Juni 2018 den Journalistenpreis von Techno-Z. Sie hat in zahlreichen Medien publiziert, unter anderem in Die Zeit, Die Presse und Der Standard. Von 2002 bis 2008 war sie Politik-Redakteurin bei derStandard.at. Für ihren Blog über die französische Präsidentschaftswahl wurde sie im Jahr 2008 mit dem CNN Journalist Award - Europe ausgezeichnet.

Du brauchst einen Perspektivenwechsel?

Dann melde dich hier an und erhalte einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.



Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder. Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.