„Das Projekt hat eine ökologische und eine soziale Komponente, da dadurch auch die lokale Wirtschaft gestützt wird“, so Hantschk. Neben den Bäumen sollen BesitzerInnen der Tasche auch direkt profitieren: „Ab Herbst 2017 soll es für Einkäufe mit der goodbag Goodies und Rabatte in teilnehmenden Geschäften geben.“ Sicherheit ist dabei ein zentrales Thema: „Der Kunde muss nah zum Lesegerät gehen, es werden keine Daten gespeichert. Die Informationen sind bei uns auf sicheren Datenbanken hinterlegt.“ Die Tasche besteht aus umweltfreundlicher Jute, bei der Herstellung lege bgood Wert auf Langlebigkeit und Vielseitigkeit, betont Hantschk. „Die Tasche ist aus robustem Material und groß genug, dass ein mittlerer Einkauf darin Platz findet. Außerdem ist der Chip wasserfest, die Tasche kann also gewaschen werden.“
Ein wichtiges Problem bei Start-ups wie bgood ist die Finanzierung. Das Ende 2015 gegründete Unternehmen entschied sich daher, zu INiTS der TU Wien zu gehen. „INiTS ist ein Business-Inkubator, ein Brutkasten. Wir helfen Start-ups dabei, auf den Weg zu kommen“, sagt INiTS-Pressesprecher Erwin Hemetsberger. Viele innovative Unternehmen mit großem Potenzial seien ohne Hilfe nicht überlebensfähig, da Investoren fast immer erst in späteren Phasen einsteigen. „Wir unterstützen akademische Start-ups und Gründungen. Zumindest einer der Gründer muss einen akademischen Hintergrund haben.“
Die Unternehmen müssen in Wien gegründet worden sein und ein skalierbares Hightech-Produkt anbieten. Neben bgood bediente sich unter anderem die Flohmarkt-App Shpock der Unterstützung von INiTS. Während ihrer Zeit im Inkubator durchlaufen die Start-ups mehrere Workshops. Die Start-ups werden, so Hemetsberger, mit ihrem unfertigen Produkt zu den KundInnen geschickt und entwickeln dieses in drei Monaten fertig. „Wir verteilen auch Fördergeld, das vom Ministerium gegeben wird, und haben ein sehr großes Netzwerk von Investoren, Partnern, Mentoren und Business Angels.“ INiTS stelle hier Kontakte her und helfe beim Abschließen von Deals. Abhängig vom jeweiligen Unternehmen können diese bis zu 18 Monate INiTS in Anspruch nehmen. In dieser Zeit müssen Meilensteine wie zum Beispiel die Präsentation vor ersten Investoren am Ende des Start-up-Camps erfolgreich abgeschlossen werden. „Dafür muss man sich qualifizieren. Wir lassen nicht jeden dort auftreten“, so Hemetsberger. Wer die Möglichkeit erhält, richte sich nach Fragen wie: „Wie wird der Input der Kunden verarbeitet: Ist der Gründer begierig darauf, sein Produkt zu überarbeiten, oder ist er beratungsresistent?“ So soll eruiert werden, ob die GründerInnen ihre Hausaufgaben gemacht haben, um Investoren gegenübertreten zu können. Wer diese Hürde schafft, erhält die nächste Tranche der Finanzierung.
Was macht eigentlich ein Pedobarologe? Kann man auch als professioneller Pokemon-Trainer sein Geld verdienen? Die Berufsorientierungsplattform whatchado beantwortet Fragen wie diese, ihre Zielgruppe sind vor allem junge Menschen. So erfahren Interessierte in kurzen Videos zum Beispiel, dass ein Pedobarologe sich mit der Messung des Fußdruckes beim Menschen befasst und man tatsächlich als Pokemon-Trainer arbeiten kann. In den Clips erzählen Menschen von ihrem beruflichen Werdegang. „whatchado hat die Vision, junge Menschen glücklich zu machen, indem sie den Beruf finden, der zu ihren persönlichen Interessen passt“, sagt Mitgründer Stefan Patak. Die Plattform versuche, junge Menschen dafür zu begeistern, sich mit einer Vielzahl beruflicher Möglichkeiten auseinanderzusetzen.
Handbuch der Lebensgeschichten
Vater der Idee war Ali Mahlodji. Er hatte die Idee, gemeinsam mit Patak und einem weiteren Schulfreund whatchado ins Leben zu rufen. Das Ziel: ein Handbuch an Lebensgeschichten schaffen, mit dem Berufsmöglichkeiten aufgezeigt werden und das für alle gratis verfügbar ist. Die ersten Pläne gab es 2010. Ein Jahr später wurde der Verein für Berufsorientierung ins Leben gerufen, im selben Jahr gewannen sie den Social Impact Award. „Mit dem Preisgeld haben wir das erste Kameraequipment gekauft.“ Patak und Co stellten whatchado bei weiteren Wettbewerben vor.
Bei einem davon lernten sie ihren Business Angel Johann Hansmann kennen. Dieser habe sofort gefragt, wann sie mit ihrer Firma starten wollen. „Er hat dann gesagt: Ich steige bei euch ein, ihr gründet die Firma. Die haben wir dann im Jänner 2012 ins Leben gerufen.“ Die Website startete im Juni, zeitgleich mit einem Bericht in der „Zeit im Bild“. Nur einen Tag nach der Ausstrahlung meldeten sich die ersten Firmen. „Die haben gesagt, dass es bei ihnen viele coole Jobs gibt, unter denen sich die Menschen nichts vorstellen können und die sie präsentieren möchten.“ Mittlerweile arbeiten 60 MitarbeiterInnen für whatchado. Weitere Meilensteine in der Geschichte des Unternehmens seien der Gewinn des Staatspreises für Bildung und dass Mahlodji zum EU-Jugendbotschafter ernannt wurde.
Patak fungiert bei whatchado auch als Chief Happiness Officer: „Meine Aufgabe ist es, herauszufinden, wo der Schuh drückt, und dass alle Mitarbeiter zufrieden sind.“ Er sei das Bindeglied zwischen Management und MitarbeiterInnen. „Ich versuche, den Start-up-Spirit zu erhalten und zu schauen, wie wir als Unternehmen wachsen können. Die Euphorie darf nicht verloren gehen.“ Welche Berufe vorgestellt werden, wird auf mehrere Arten entschieden. Einerseits wünscht sich die whatchado-Community oft bestimmte Berufsbilder, andererseits orientiert sich whatchado an den Firmen, mit denen eine Zusammenarbeit besteht: „Es ist zum Beispiel sehr spannend, dass im Energiebereich auch Biologen angestellt werden. Dann suchen wir natürlich immer nach aktuellen Trends und erklären zum Beispiel, wie man erfolgreicher YouTuber wird.“ Auch whatchado holte sich am Beginn etwas Starthilfe in einem Business-Inkubator.
Der Social Impact Hub im 7. Wiener Gemeindebezirk hilft Start-ups, bei denen der soziale Gedanke im Vordergrund steht. Gregor Schütze ist dort für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig: „Die Unternehmen, die sich dort melden, sprechen große Herausforderungen unserer Zeit an: Armut, Klimawandel, Migrationsprobleme, Nachhaltigkeit.“ Im Impact Hub seien viele Firmen aus dem Bereich des Social Entrepreneurships zu finden. Insgesamt betreute der Impact Hub bereits über 500 Firmen.
Von Häftlingen für Häftlinge
Häftlinge und deren Angehörige gut zu informieren und zu unterstützen ist das Ziel von Markus Drechsler. „Da gibt es ein gröberes Informationsdefizit. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Öffentlichkeitsarbeit, um den Maßnahmenvollzug in die Diskussion zu bringen.“ Das 1993 als „Mittersteig-News“ gegründete Magazin wurde bis 2016 justizintern produziert. Im Vorjahr wurde ein Großteil der Redaktion in die Freiheit entlassen, dem Justizpersonal wurde vom Ministerium verboten, an der Produktion von Medien teilzunehmen. Daraufhin entschloss sich Redakteur Markus Drechsler dazu, gemeinsam mit einigen Mitstreitern das Magazin „Blickpunkte“ aus dem justizinternen System zu übernehmen und neu zu gründen. „Es ist eine strukturelle Neugründung, weil die vorhandenen Ressourcen weggefallen sind, also etwa dass in Stein gedruckt wird und dass die Redaktion im Gefängnis ist.“
in Anspruch. Diese helfen mit Geld, Infrastruktur und ihrem eigenen Netzwerk. Andere greifen auf Crowdfunding oder Business Angels zurück.
Man entschloss sich dazu, das zuvor vor allem auf Nachrichten aus der Justizanstalt Mittersteig spezialisierte Magazin neu aufzustellen, in Zukunft wollte man Neuigkeiten aus allen Anstalten Österreichs bringen. „Der zweimal wöchentlich erscheinende Newsletter ist für schnelle Informationen gedacht. Das hoffentlich in absehbarer Zeit wieder erscheinende Magazin wird dann längere Berichte bringen“, so Drechsler.
Die Neugründung bringt auch personelle Änderungen. Waren es früher ausschließlich Insassen, welche die Artikel verfassten, sind nun „ehemalige Insassen, Menschen, die das Projekt von draußen betreuen und mitarbeiten, und Insassen, die aber keine ständigen Autoren sind“. Die Artikel werden von den Häftlingen postalisch oder telefonisch an die Redaktion übermittelt. „Der dritte Weg ist dann bei persönlichen Besuchen“, so Drechsler. Durch die Neustrukturierung sei die Arbeit leichter geworden. Spontane Telefoninterviews, früher unmöglich, können nun zum Beispiel „von draußen“ geführt werden. Die Insassen selbst seien keine Redaktionsmitglieder im eigentlichen Sinn: „Sie verfassen Geschichten, meist aus ihrer persönlichen Wahrnehmung in der Justizanstalt.“ Entscheidend sei, ob die Geschichte in Ordnung und informativ sei und sie veröffentlicht werden könne. „Dadurch, dass wir nicht mehr im Justizsystem sind, haben wir den Vorteil, dass es keine Zensur mehr gibt. Wir können nun – im Rahmen der Gesetze – veröffentlichen, was wir möchten.“ Früher sei die Zensur immer präsent gewesen, da jeder Artikel den Herausgeber betroffen habe und zu kritische Artikel nicht veröffentlicht wurden. „Das hat dann dazu geführt, dass die Insassen von vornherein keine kritischen Artikel geschrieben haben.“ Das sei nun anders. In der nahen Zukunft möchte Drechsler dafür sorgen, dass das Magazin so schnell wie möglich regelmäßig erscheint.
Ein Schuh mit Ultraschall
Ein Schuh, der Hindernisse erkennt und seine/n TrägerIn rechtzeitig warnt: Der Walkassist soll Menschen mit visuellen Einschränkungen dabei helfen, sicher durch den Alltag zu kommen. Daran arbeitet gerade das Start-up Tec-Innovation mit Forschungslabor in Wien. Geschäftsführer Kevin Pajestka erzählt, wie die Idee entstand: „Ein ehemaliger Nachbar von mir litt unter Morbus Parkinson und war schon in einem Stadium, wo er über bestimmte Hindernisse gestolpert ist. So habe ich mir in der HTL Mistelbach gedacht, dass eine Hinderniserkennung auf Bodenhöhe ein gutes Thema für eine Diplomarbeit wäre.“ Das eingebaute Warnsystem sei mit den Parksensoren in einem Auto vergleichbar: „Es sind Ultraschallsensoren. Wenn man sich einem Hindernis nähert, gibt das System das wieder und der Anwender weiß, wie weit er entfernt ist.“ Derzeit überlegen Pajestka und Co noch, wie der Walkassist im Detail aussehen soll. „Es wird entweder ein Schuh, in dem die Technik fix verbaut ist, oder eine Sohle, die man wechseln kann.“ Letzteres wäre kostengünstiger, so Pajestka. Verschiedene Modelle wie Wanderschuhe oder Abendschuhe sind geplant. Das Produkt soll 2018 in Serie gehen. Getestet wird der Walkassist vor allem von Mitgründer Markus Raffer, der selbst eine Sehbehinderung hat. „Dann haben wir eine Reihe von freiwilligen Probanden, an die wir in der nächsten Testreihe mit noch mehr Modellen herantreten werden.“ In einem ersten Schritt soll der Walkassist im Jahr 2018 als Freizeitschuh auf den Markt kommen, danach sind auch Kooperationen zum Beispiel mit der Wiener Berufsfeuerwehr geplant.
Müllvermeidung made in Austria
Vom Walkassist zu Zero Waste Austria: Das 2015 von Helene Pattermann gegründete Projekt bietet Start-ups, die sich der Schonung von Ressourcen verschreiben, die Möglichkeit, sich einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. So soll eine Unternehmenskultur der Müllvermeidung gefördert werden. Die Idee, Zero Waste Austria zu gründen, hatte Pattermann, weil es in Österreich mehr „Bewusstsein dafür braucht, was Zero Waste ist“. Pattermann wollte diese internationale Bewegung, die sich auf die Reduzierung von Müll spezialisiert hat, auch hierzulande verbreiten. „Dann habe ich mehrere Projekte kennengelernt, die auf Müllvermeidung setzen, und mir gedacht, dass diese eine Bühne brauchen“, sagt Pattermann. Dafür arbeitet sie auch mit dem „Zero Waste Europe“-Netzwerk in Brüssel zusammen. Sie möchte die Menschen dazu bringen, ihr Konsumverhalten zu überdenken. „Die Zero-Waste-Bewegung ist wichtig, weil es nicht um die Müllbehandlung, sondern um die Müllvermeidung geht. Es ist in der heutigen Zeit wichtig, dass wir anders mit unseren Ressourcen umgehen.“ Zero Waste vermittle ein spezielles Lebensgefühl: „Es ist ein Lifestyle und begeistert dadurch auch Menschen, die sonst von etwas nicht so leicht zu überzeugen sind.“
Zurück zu bgood: Mitgründer Christoph Hantschk erzählt, dass das Start-up die Zeit bei INiTS noch 2017 erfolgreich abschließen wird. Neben der smarten Einkaufstasche plant das Unternehmen, einen Anhänger mit integriertem Chip auf den Markt zu bringen. Dieser könne dann auf jede Tasche gehängt werden, so Hantschk, der bereits an weitere Funktionsweisen denkt: „Warum nicht in Zukunft mit der Tasche selbst bezahlen? So spart man Zeit und muss nicht nach der Geldbörse suchen. Aber das ist noch Zukunftsmusik.“
Sandra Knopp und Udo Seelhofer
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 5/17.
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