Zehn Jahre auf Arbeitssuche
Einer dieser Kollegen ist Helmuth. „Ich bin schon das dritte Mal hier und mittlerweile seit drei Monaten.“ Helmuth ist im Inigo-Service tätig. Auf Arbeitssuche ist er bereits seit zehn Jahren. „Es ist kein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass man arbeiten kann und wegen des Alters nicht genommen wird, weil die Menschen glauben, dass man nicht mehr voll einsatzfähig ist.“ Bewerbungen hat er schon unzählige geschrieben, gebracht hat es nichts. „Man hört dann immer: ‚Sie sind überqualifiziert‘, aber eigentlich heißt das ‚Sie sind zu alt‘“, erzählt Helmuth mit einem bitteren Lachen.
Erfahrung zähle heute nichts mehr. „Die Menschen schauen nur noch aufs Geld. Ist jemand jünger, dann ist er günstiger und wird genommen.“ Vor seiner Zeit im Inigo war er selbstständig, hatte zwei Lokale. Solange Helmuth noch arbeiten kann, möchte er die Möglichkeit dazu haben. „Sonst wäre ich nicht hier. Ich fühle mich fit genug. Wenn man zu Hause ist und nichts zu tun hat, fühlt man sich ungebraucht und ungewollt. Das ist kein schönes Gefühl.“
Aus der Gesellschaft ausgeschlossen
Längere Arbeitslosigkeit ist nicht nur für die Generation 50 plus ein Problem, sie betrifft auch jüngere Menschen. Manfred ist seit drei Jahren auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung, davor hatte er einen Bürojob im Gesundheitsbereich. „Leider hat da die Chemie mit der Chefin nicht gepasst.“ Seit er gekündigt wurde, schreibt Manfred die vom AMS vorgegebenen Bewerbungen. Sein Schwerpunkt ist derzeit aber ein anderer: „Ich habe die Matura nachgeholt und möchte studieren. Was genau, weiß ich aber noch nicht, Buchhaltung würde mich interessieren.“ Am liebsten hätte er einen Facharbeiterjob, bei dem er selbstständig arbeiten kann. An seinem früheren Beruf gefiel ihm, dass er eine gewisse Verantwortung hatte: „Ich fühlte mich als wichtiger Teil der Gesellschaft – als Langzeitarbeitsloser bist du das nicht. Da wirst du immer wieder von oben herab behandelt. Auch im eigenen Freundeskreis.“
Der 30-jährige Richard arbeitet im Demontage- und Recycling-Zentrum DRZ (www.drz-wien.at) im 14. Bezirk. Er repariert Geräte und führt Sicherheitstests durch. Richard hat eine wirtschaftliche Ausbildung gestartet, dann aber eine Mechatroniker-Lehre absolviert. Danach wollte er sich fachlich weiterbilden, war länger auf Jobsuche. „Ich kann hier meine Fertigkeiten vertiefen.“ Er ist sich sicher, dass eine Tätigkeit im DRZ den Makel „Langzeitarbeitslosigkeit“ aufhebt. Das DRZ ist auf Wiederaufbereitung und Verkauf alter Elektrogeräte spezialisiert – 65 Transitarbeitskräfte zerlegen, reparieren oder verarbeiten diese unter fachlicher Anleitung. Floppy-Disks und Schallplatten werden zu schicken Uhren und Schmuck, sandgestrahlte Waschmaschinen-Bullaugen zu Schüsseln. Im hausinternen Geschäft und Webshop werden die Neuschöpfungen verkauft. Richard ist einer der wenigen jüngeren ArbeitnehmerInnen. „Zwei Drittel unserer Beschäftigten sind über 50“, erklärt Isabelle Nagl, Leiterin der Sozialarbeit im DRZ. Gibt es Vermittlungshemmnisse, wird versucht, sie abzubauen – dabei hilft den Betroffenen die DRZ-Tätigkeit. „Die Klienten werden zunächst stabilisiert, ein Arbeitsalltag aufgebaut und dann geht es um die Jobsuche.“ Dieser Prozess kann auch einige Zeit in Anspruch nehmen. Nagl: „Manche Hemmnisse, wie Erkrankungen oder Schulden, können nur langfristig verbessert werden.“ Das Alter selbst bleibt als Hürde freilich bestehen.