Reportage: Gemeinsam für die anderen

Inhalt

  1. Seite 1 - Rette uns, wer kann
  2. Seite 2 - Im Namen der KollegInnen
  3. Seite 3 - Ehramt sucht Nachwuchs
  4. Seite 4
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Sie engagieren sich bei der Feuerwehr, arbeiten als SanitäterInnen oder sind in der Nachbarschaftshilfe aktiv: die Ehrenamtlichen. Warum ist ehrenamtliche Arbeit für unsere Gesellschaft wichtig, und was bringt sie den HelferInnen selbst?


Vizekommandant Peter Reumüller ist bereits seit seinem 15. Lebensjahr bei der freiwilligen Feuerwehr. Auch sein Sohn engagiert sich als Feuerwehrmann.

Nachwuchsarbeit notwendig

Doch Neuzugänge zu finden, die die Ausbildung absolvieren und dranbleiben, wird immer schwieriger, erzählt Reumüller. „Viele interessiert es nicht, sie spielen lieber Fußball oder sind in einem anderen Verein.“ Zurzeit hat die Feuerwehr Ternitz-Pottschach 54 Mitglieder, inklusive der Jugend. Eine Jugendfeuerwehr für Kinder ab zehn Jahren, Schulbesuche und Vorführungen für ein junges Publikum sollen dem Mitgliederschwund entgegenwirken.

Doch das hilft nur bedingt: „Wenn von vier Kindern eines bleibt, haben wir schon Glück gehabt.“ Ein Bezug zur Feuerwehr durch Freunde oder Familie ist wichtig, auch sein Sohn ist freiwilliger Feuerwehrmann. Warum sollen sich Junge engagieren? „Damit wir mehr Mannschaft haben“, sagt Reumüller und lacht. Interessierte sollen kommen, Fragen stellen und sich selbst ein Bild machen.

Interessierte, die sich für die freiwillige Feuerwehr engagieren wollen, sollen einfach „kommen und Fragen stellen“, so Reumüller.

Freiwilligenarbeit im Wandel

Fast 50 Prozent der ÖsterreicherInnen leisten Freiwilligenarbeit. Diese Zahl ist relativ stabil, die Form des Engagements verändert sich aber. Noch vor 20, 30 Jahren haben sich Menschen stärker langfristig gebunden, waren über Generationen in Organisationen und Vereinen aktiv. Das verliert an Bedeutung. „Es hat mit unserem Lebensstil zu tun: Wir arbeiten nicht mehr lebenslang beim selben Arbeitgeber, ähnlich ist es im Freiwilligen-Engagement“, so Forscherin More-Hollerweger. Dazu kommt der Faktor Mobilität, wodurch manche den Bezug zur Heimatgemeinde verlieren.

Es hat mit unserem Lebensstil zu tun: Wir arbeiten nicht mehr lebenslang beim selben Arbeitgeber, ähnlich ist es im Freiwilligen-Engagement.

Eva More-Hollerweger, WU Wien

Die Zahl der geleisteten Stunden geht zurück, was mit Konkurrenz durch Freizeitaktivitäten zu tun hat, aber auch steigender Druck in der Arbeitswelt wirkt sich aus. Einige Unternehmen versuchen dem entgegenzuwirken, indem sie Zeit spenden und MitarbeiterInnen mehr Möglichkeiten geben, sich ehrenamtlich zu engagieren. Bemerkenswert ist für More-Hollerweger, dass die Beteiligung älterer Menschen in den letzten Jahren gestiegen ist. Das hängt damit zusammen, dass sich Familienstrukturen verändern und viele sinnvolle Tätigkeiten und Austausch mit anderen suchen.

Suche nach der nächsten Generation

Um Interessierte zu gewinnen, müssten Organisationen in Freiwilligenmanagement und Koordination investieren. „Menschen wollen gefragt werden“, sagt Expertin Eva More-Hollerweger.

Um Interessierte zu gewinnen, müssten Organisationen in Freiwilligenmanagement und Koordination investieren. „Menschen wollen gefragt werden“, sagt die Expertin. Es gilt zu zeigen, was die Tätigkeit bewirkt. Wer Freiwillige längerfristig halten will, muss auf ihre Bedürfnisse eingehen. Auch im Digitalen liegen Chancen. So gibt es „Nachbarschaftsplattformen“, wo Menschen einander kennenlernen oder Unterstützung bei Problemen finden können. Auch der Samariterbund Ternitz-Pottschach sucht Nachwuchs. Zwar sei es ein Vorteil, dass viele ehemalige Zivildiener wie Fabian Wallner sich ehrenamtlich engagieren, allerdings sei es nicht immer einfach, genügend HelferInnen zu finden.

Wallner wünscht sich mehr Anerkennung für das Ehrenamt: „Viele nehmen es als zu selbstverständlich.“ Er unterstützt auch die Nachwuchsarbeit des Samariterbunds, der zwar keine eigene Jugendorganisation hat, aber durch Ferienspiele und andere Veranstaltungen Kinder und Jugendliche für den Rettungsdienst begeistern will. „Wir zeigen ihnen, wie ein Reanimationsdurchlauf funktioniert und auch das Rettungsauto und die Vakuummatratze. Die Kinder sind total begeistert, man sieht ihre Augen leuchten“, erzählt Wallner. Als Erwachsene erinnern sie sich vielleicht an diesen Tag und entscheiden sich eventuell für ein Ehrenamt.

Von
Sandra Knopp und Udo Seelhofer

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 10/19.

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Über den/die Autor:in

Sandra Knopp und Udo Seelhofer

Sandra Knopp ist freie Journalistin für verschiedene Radio und Printmedien, und hat die Themen Arbeitsmarkt, Soziales und Gesellschaftspolitik als Schwerpunkte. Udo Seelhofer war früher Lehrer und arbeitet seit 2012 als freier Journalist. Seine Schwerpunkte sind Gesellschaft, soziale Themen und Religion. Im Team wurden sie beim Journalismuspreis „Von unten“ 2017 für ihre Arbeit&Wirtschaft Reportage „Im Schatten der Armut“ ausgezeichnet.

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