Reportage: Freund und Helfer der Digitalisierung

Inhalt

  1. Seite 1 - Was sind Chatbots?
  2. Seite 2 - Eine App wird zum Kollegen
  3. Seite 3 - Über InfluencerInnen und einseitige Freundschaften
  4. Seite 4 - Verändern, nicht verdrängen
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Kollegen, die an sieben Tagen der Woche arbeiten: Chatbots greifen in Arbeitsprozesse ein. Freundinnen, die man nicht kennt: InfluencerInnen verändern unsere Medienwelt. Was machen sie genau und wozu brauchen wir sie eigentlich?

Professionalisierung und Vernetzung

„InfluencerIn“ als Berufsbild ist vergleichbar mit einer journalistischen Tätigkeit, die viele Medienformate bedient: „Ein Influencer ist eine One-Man-Show, die sich ein Konzept überlegt, Texte schreibt, Fotos macht, Videos dreht und schneidet, postet, mit den Followern in Kommentaren kommuniziert“, erzählt Ryba auch aus ihrer eigenen Vergangenheit. Weit mehr als 40 Stunden in der Woche hat sie für thelipstick.net aufgewendet, Privatleben und Berufsleben waren vollständig entgrenzt

Foto (C) Michael Mazohl
Sophie C. Ryba generierte als Influencerin mit ihrem Blog thelipstick.net innerhalb weniger Monate 30.000 Newsletter-Abos. Heute betreibt sie die Kosmetik-Shop-Plattform
www.cosmeterie.at und arbeitet selbst mit InfluencerInnen zusammen.

„Die Szene professionalisiert sich zunehmend. Dazu gehört beispielsweise, dass Influencer Unternehmen fertige Mediakits zur Verfügung stellen, ähnlich wie Printmedien mit Mediadaten arbeiten. Darin legen sie die Struktur ihrer Follower offen, welche Kanäle und Formate sie anbieten, und vor allem: ihre Preisvorstellungen für Kooperationen“, führt Fichtinger aus. Ryba sieht die Professionalisierung weiters in einer Vernetzung der InstagramerInnen, YouTuberInnen, BloggerInnen & Co. Sie organisiert einmal im Jahr das „Fashion Camp“, in dem sich rund 150 InfluencerInnen austauschen. „Da geht es um Social-Media-Trends genauso wie um die Gestaltung von Fotos und Videos oder eben die Zusammenarbeit mit Unternehmen.“

Gerade rund um die Influencer entstehen neue Jobs und ändern sich bestehende Job Descriptions.

Sophie C. Ryba, (ehemalige) Beauty-Influencerin auf thelipstick.net

Es gibt sogar schon Initiativen, Ausbildungen zum Influencer oder zur Influencerin anzubieten. Im Herbst 2017 hat der Otto-Versand für Aufsehen gesorgt. Der Konzern hat 100 BewerberInnen rekrutiert und zu Otto-InfluencerInnen ausgebildet. Diese „Corporate-InfluencerInnen“ haben unter anderem die Aufgabe, das Versandhaus als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren. Ryba weist noch auf einen anderen Aspekt hin: „Gerade rund um die Influencer entstehen neue Jobs und ändern sich bestehende Job Descriptions.“ Für einige Agenturen, wie jene von Fichtinger, gehört es zum Dienstleistungsportfolio, InfluencerInnen zu vermarkten und bei der Produktion von Postings zu unterstützen. Traditionelle Werbeagenturen müssen InfluencerInnen in ihren Werbeplanungen berücksichtigen, eigene „Influencer Scouts“ suchen für Unternehmen passende Kooperationen. Fichtinger bemerkt abschließend: „Viele junge Menschen schauen kein TV mehr, lesen keine Zeitschriften. Die erreicht man nur mehr über Social Media. Auch die Generationen ab 30 sind sehr aktiv auf Social Media und sind sich oft nicht bewusst, dass sie Inhalte von Influencern konsumieren.“

Verändern, nicht verdrängen

Beide Beispiele – Chatbots wie InfluencerInnen – zeigen: Wir lernen neue Verhaltensweisen und werden Chatbots bald nicht mehr nach der Telefonnummer für die Hotline fragen. Genauso entstehen neue Berufsbilder und Formen der Arbeitsorganisation, und unsere Medienlandschaft erweitert sich. Sowohl Chatbots als auch InfluencerInnen schaffen neue Jobs und verändern bestehende. Mit Sicherheit ändern sie als neue AkteurInnen die Systeme, in die sie eindringen: den Kundenservice und die traditionelle Medienlandschaft. Gerade mit Blick auf die Printmedien wird es dabei nicht nur GewinnerInnen geben. „Albert Patent Bot“ kann dazu einen passenden Witz erzählen: „Zwei Atome treffen sich in einer Bar. Sagt das eine: ,Ich glaube, ich habe ein Elektron verloren.‘ Sagt das andere: ,Sieh’s positiv.‘“

Von
Michael Mazohl

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 5/18.

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michael.mazohl@gmail.com
oder die Redaktion
aw@oegb.at

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  1. Seite 1 - Was sind Chatbots?
  2. Seite 2 - Eine App wird zum Kollegen
  3. Seite 3 - Über InfluencerInnen und einseitige Freundschaften
  4. Seite 4 - Verändern, nicht verdrängen
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Über den/die Autor:in

Michael Mazohl

Michael Mazohl studierte Digitale Kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien. Im ÖGB-Verlag entwickelte er Kampagnen für die Arbeiterkammer, den ÖGB, die Gewerkschaften und andere Institutionen. Zudem arbeitete er als Journalist und Pressefotograf. Drei Jahre zeichnete er als Chefredakteur für das Magazin „Arbeit&Wirtschaft“ verantwortlich und führte das Medium in seine digitale Zukunft. Gemeinsam mit der Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl erschien ihr Buch „Klassenkampf von oben“ im November 2022 im ÖGB-Verlag.

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