Reportage: Freund und Helfer der Digitalisierung

Inhalt

  1. Seite 1 - Was sind Chatbots?
  2. Seite 2 - Eine App wird zum Kollegen
  3. Seite 3 - Über InfluencerInnen und einseitige Freundschaften
  4. Seite 4 - Verändern, nicht verdrängen
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Kollegen, die an sieben Tagen der Woche arbeiten: Chatbots greifen in Arbeitsprozesse ein. Freundinnen, die man nicht kennt: InfluencerInnen verändern unsere Medienwelt. Was machen sie genau und wozu brauchen wir sie eigentlich?

InfluencerInnen erreichen Millionen

Sophie C. Ryba war selbst Influencerin. 2008 hat sie den Beauty-Blog thelipstick.net gegründet und damit in kurzer Zeit 30.000 Newsletter-Abonnements generiert. Ryba beschreibt, was das InfluencerInnen-Sein ausmacht: „Influencer sind Ich-Blogger, die über ihr Leben schreiben und ihr Publikum daran teilhaben lassen. Das ist vergleichbar mit Reality-TV auf Online-Medien.“ Heute betreibt sie eine Kosmetik-Shop-Plattform und hat ihr Engagement auf thelipstick.net reduziert. Ihre Erfahrung als Influencerin nutzt sie allerdings, um Unternehmen zu beraten, die mit InfluencerInnen zur Bewerbung von Produkten oder Marken kooperieren wollen.

Influencer sind Ich-Blogger, die über ihr Leben schreiben und ihr Publikum daran teilhaben lassen. Das ist vergleichbar mit Reality-TV auf Online-Medien.

Sophie C. Ryba, (ehemalige) Beauty-Influencerin auf thelipstick.net

Jasmin Fichtinger ist Head of Operations der Social-Media-Agentur Bacon & Bold, tätig in Wien und Linz. Auch sie berät Unternehmen in der Kooperation mit InfluencerInnen und streicht einen entscheidenden Unterschied zu Offline-Medien wie Print oder TV hervor: „Die Aufmerksamkeit in sozialen Medien ist ,data-driven‘, also komplett messbar. Klicks, Reaktionen und Kommentare sind in genauen Zahlen nachvollziehbar und transparent, in Echtzeit.“ Dies ist ein großer Unterschied und zugleich enormer Vorteil im Vergleich zu Print, TV und Radio, deren Reichweiten mit statistischen Verfahren berechnet werden. Die Website likeometer.at analysiert die Zahlen der Instagram-Accounts von Medien, Prominenten, SportlerInnen, PolitikerInnen und eben InfluencerInnen. Ein Blick auf diese Zahlen macht die Dimensionen deutlich.

Foto (C) Michael Mazohl
Jasmin Fichtinger ist Head of Operations der Social-Media-Agentur Bacon & Bold.
Sie berät Unternehmen in der Kooperation
mit InfluencerInnen.

Einseitige Freundschaften

Mit knapp 1,6 Millionen FollowerInnen zählt „KS“ als @ksfreak der erfolgreichste Influencer Österreichs, gefolgt von „Mr. K“ als @krappiwhatelse mit rund 1,2 Millionen FollowerInnen. Zu den erfolgreichsten Influencerinnen zählt „Tatjana Catic“ als @tatjanamariposa mit etwas mehr als einer Million FollowerInnen. Zum Vergleich: Alexander Van der Bellen lag im Juni 2018 bei knapp 44.000 FollowerInnen, Sebastian Kurz bei 38.000, HC Strache, Matthias Strolz und Christian Kern lagen zwischen 20.000 und 18.000 FollowerInnen. HC Strache verzeichnete rund 770.000 „Gefällt mir“-Angaben auf seiner Facebookseite.

Die Accounts von „KS“, „Mr. K“ und „Tatjana Catic“ haben eines gemeinsam: Sie zeigen das „schöne Leben“ mit Fotos, Videos und kurzen Texten. Bei den Herren geht es um Muskeln, Tattoos, schnelle und noch schnellere Autos. Tatjana wiederum zeigt Kleider, schöne und noch schönere Reiseziele, kombiniert mit Beautytipps. Fichtinger analysiert das Erfolgskonzept: „Ich möchte exakt ein solches Leben führen wie der Influencer. Ich vertraue dem Influencer außerdem, wie ich meiner besten Freundin vertraue – ein Vertrauen, das sich über eine längere Zeit und viele Postings aufbaut.“ In Wahrheit geht es sogar um mehr als um Vertrauen: „Die Follower nehmen so stark am Leben des Influencers teil, dass dadurch eine Art einseitige Freundschaft entsteht. Der Influencer kennt seine Follower in der Regel ja gar nicht.“

Die Follower nehmen so stark am Leben des Influencers teil, dass dadurch eine Art einseitige Freundschaft entsteht. Der Influencer kennt seine Follower in der Regel ja gar nicht.

Jasmin Fichtinger,Jasmin Fichtinger, Head of Operation der Social-Media-Agentur Bacon & Bold

Abseits der Wahrnehmung vieler Menschen entsteht eine neue Online-Welt, die immer stärker an gesellschaftspolitischem Einfluss gewinnt und von Unternehmen, aber auch zunehmend politischen Kräften instrumentalisiert wird. Es ist jene Welt, mit der Interessenvertretungen konkurrieren, wenn sie sich um die Aufmerksamkeit gerade junger Zielgruppen bemühen. Für Arbeiterkammern und Gewerkschaften führt kein Weg daran vorbei, Teil dieser Online-Welt zu werden. Es gilt für sie, sich dort mit neuen Mitteln und Strategien sowie neuen eigenen Playern für mehr Fairness und Gerechtigkeit einzusetzen. Dabei geht es nicht nur um Geschlechterstereotype, die InfluencerInnen wie „KS“, „Mr. K“ und „Tatjana Catic“ vermitteln und die so ein Comeback erleben – ganz im Sinne der Werbewirtschaft, wenn auch nicht im Sinne der jungen Mädchen und ihrer Chancen.

Enthält Produktplatzierungen

Neben den reichweitenstärksten haben sich auch viele kleinere, aber oft sehr spezialisierte InfluencerInnen etabliert. Wer eine Anzahl von 10.000 FollowerInnen erreicht, wird als InfluencerIn betrachtet und erscheint auf dem Radar der Werbewirtschaft. Ryba präzisiert: „Es gibt nicht den einen Typ Influencer, alle sind unterschiedlich. Wir haben eine große Vielfalt an Themen – und auch der Qualität, mit der Postings aufbereitet werden.“ Die beliebtesten Kategorien: Lifestyle allgemein, Food, Fashion, Reise oder Kosmetik. Fotografie, Film, Kindererziehung, Medizin zählen zu den spezialisierten Themengebieten.

Unternehmen und Influencer entwickeln gemeinsam eine Idee für eine Kooperation. Letztendlich geht es darum, dass ein Produkt oder eine Marke in Social-Media-Postings platziert wird – ein Foto auf Instagram, ein YouTube-Video.

Jasmin Fichtinger, Head of Operation der Social-Media-Agentur Bacon & Bold

Diese Kombination aus Reichweite und freundschaftlicher Verbindung lassen sich Unternehmen durchaus einiges kosten: Zehn Euro pro 100 FollowerInnen gelten als sehr grober Richtwert, abhängig von der Zusammensetzung der FollowerInnen, dem Themenschwerpunkt und den Social-Media-Kanälen (Instagram, Facebook, YouTube, eigener Blog). Aber was genau bekommen Unternehmen von InfluencerInnen? „Unternehmen und Influencer entwickeln gemeinsam eine Idee für eine Kooperation“, so Fichtinger. „Letztendlich geht es darum, dass ein Produkt oder eine Marke in Social-Media-Postings platziert wird – ein Foto auf Instagram, ein YouTube-Video. Wie genau das geschieht, das hängt stark mit dem Influencer und seinem Auftritt zusammen, denn die Kooperation funktioniert nur, wenn sie zum Influencer passt.“ So müssen InfluencerInnen unbedingt authentisch bleiben. Ryba weist zudem auf einen zeitlichen Aspekt hin: „Diese Beiträge sind nicht kurzlebig, sie bleiben im Regelfall für mindestens ein Jahr online.“ Auch für diese gesponserten Beiträge gilt übrigens das Medienrecht – sie müssen als Werbeformate gekennzeichnet werden.

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  2. Seite 2 - Eine App wird zum Kollegen
  3. Seite 3 - Über InfluencerInnen und einseitige Freundschaften
  4. Seite 4 - Verändern, nicht verdrängen
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Über den/die Autor:in

Michael Mazohl

Michael Mazohl studierte Digitale Kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien. Im ÖGB-Verlag entwickelte er Kampagnen für die Arbeiterkammer, den ÖGB, die Gewerkschaften und andere Institutionen. Zudem arbeitete er als Journalist und Pressefotograf. Drei Jahre zeichnete er als Chefredakteur für das Magazin „Arbeit&Wirtschaft“ verantwortlich und führte das Medium in seine digitale Zukunft. Gemeinsam mit der Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl erschien ihr Buch „Klassenkampf von oben“ im November 2022 im ÖGB-Verlag.

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