Sowohl im Innenraum, wie etwa hier in der 3C oder auch im Biologiezimmer, als auch außen an der Schule wurden im Jahr 2015 verschiedene Begrünungssysteme angebracht. Sensoren messen laufend Werte wie den CO2-Gehalt, die Temperatur oder den Wärmestrom. Zudem kommen regelmäßig ForscherInnen der TU persönlich vorbei, um bestimmte Werte zu überprüfen. Korjenic und ihre MitarbeiterInnen wollen wissen: Wie verändern die Pflanzen das Klima in den Klassen? Wie die Luftfeuchtigkeit? Wie die Temperatur? Wie die CO2-Konzentration? Wie die Staubentwicklung? Und wie die Akustik? Ob man eventuell mit einer Schimmelpilzbildung an den Wänden rechnen muss? Verliert eine Außenwand, die begrünt ist, im Winter weniger Wärme? Hat sie im Sommer einen kühlenden Effekt? All das und einiges mehr wird hier untersucht. Dazu wollen die ForscherInnen herausfinden, welche Art von Begrünung sich am positivsten auf Klima und Bauphysik auswirkt, welche Pflanzen sich bewähren und wo die konkreten Unterschiede zwischen verschiedenen Systemen von Fassadenbegrünung liegen.
Glücksfall Schulprojekt
Diese „GrünPlusSchule“ ist eines von vielen wichtigen und zukunftsweisenden Forschungsprojekten in Österreich. Für die Schule war es ein Glücksfall, dass die TU-Professorin Korjenic und ihr Team das Projekt hier durchführen wollten. Die Schule profitiert nicht nur davon, dass sich die SchülerInnen in den grünen Klassen nach eigenen Angaben wohler fühlen und sich besser konzentrieren können. Manche SchülerInnen schreiben zudem ihre vorwissenschaftlichen Arbeiten (VWA) über das Projekt und verwenden dafür die gesammelten Daten.
Ein weiterer Pluspunkt ist, dass auch eine Photovoltaikanlage zum Projekt gehört, welche Strom an die Schule liefert. Die Anlage wurde horizontal am Flachdach eines zweistöckigen Gebäudeteils der Schule sowie vertikal an einer angrenzenden Mauer angebracht. Das Besondere daran: Hier wird ein neues Kombisystem aus Photovoltaik und Begrünung getestet, das Korjenic entwickelt und mit einer Dissertantin zusammen zum Patent angemeldet hat. Die Daten über die gewonnene Energie scheinen in Echtzeit auf Monitoren im Eingangsbereich der Schule und im Physikraum auf. „Die SchülerInnen sehen hier schwarz auf weiß, wie viel Strom das System bei Sonnenschein und wie viel es an einem bewölkten Tag generiert“, erzählt Korjenic. „Außerdem zeigen die Monitore laufend an, wie viel Kohlendioxid bereits durch die Anlage eingespart wurde.“
Das Projekt steht gewissermaßen stellvertretend für einen Trend der letzten Jahre in der Forschungslandschaft, besonders was die Finanzierung anbelangt. Es ist nämlich teilweise mit Drittmitteln finanziert. Der Hauptteil des Kuchens, 60 Prozent, kommt von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) bzw. vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Korjenic, die seit 17 Jahren als Wissenschafterin tätig ist, weist darauf hin, dass die Förderquote seither stark gesunken ist. Sie kennt noch Zeiten, wo rund 80 Prozent üblich waren, während die Tendenz heute Richtung 60 Prozent geht: „Wir sollen am Ende zeigen, dass wir 100 Prozent gemacht haben, aber bekommen nur 60 Prozent der Finanzierungskosten.“ Den Rest müssen Korjenic und ihre Kollegenschaft selbst aufstellen – so auch hier an der Schule.
Unzählige Stunden Forschungsarbeit
Im konkreten Fall ist die Finanzierung gelungen, weil die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) die restlichen 40 Prozent des insgesamt rund 650.000 Euro teuren Projekts stark unterstützt hat. Die tatsächlichen Projektkosten liegen laut Korjenic noch wesentlich höher, weil unzählige Arbeitsstunden von ihr selbst und ihren MitarbeiterInnen hineinfließen, die hier nicht eingerechnet werden. So schreiben etwa vier KollegInnen Diplomarbeiten zum Thema, zwei weitere KollegInnen arbeiten an Dissertationen. Eine davon stellt die Frage, wie Begrünungssysteme in den Energieausweis integriert werden können, eine andere befasst sich mit der Kombination von Photovoltaik und Begrünung. Auch an der Universität für Bodenkultur (BOKU), die hier als Projektpartner agiert, laufen einige studentische Arbeiten dazu.
Für die BIG, der das Schulgebäude gehört, könnten die Daten aus dem Projekt nützlich sein – schließlich könnte dieses Modell auch auf andere Schulen und öffentliche Gebäude angewandt werden. Ein Folgeprojekt namens „GRÜNEzukunftSCHULEN“, das mit Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert wird, ist bereits genehmigt. Auch daran wird sich die BIG beteiligen. Dafür sammeln die ForscherInnen an zwei weiteren Schulen ähnliche Daten. Laut Korjenic ist das sehr wichtig, um Vergleiche zu ziehen. Am Gymnasium Schuhmeierplatz wird sogar eine Freiraumklasse entstehen, wo der Unterricht unter einer begrünten Pergola stattfinden wird. Diese Schule in Ottakring ist ebenso wie die zweite beteiligte Schule, das Diefenbach-Gymnasium, ein Neubau. Hier interessiert die ForscherInnen wiederum die unterschiedliche Wirkung im Vergleich zum Altbau des GRG 7.
Projektideen im Kopf
Die Tatsache, dass sie immer größere Summen von externen Geldgebern einsammeln müssen, um Forschungsprojekte zu realisieren, macht den Arbeitsalltag Korjenics und ihrer KollegInnen aus der Wissenschaft zunehmend herausfordernder. Die Forscherin bedauert besonders, dass Kooperationen mit kleinen und mittelgroßen Betrieben nur noch selten möglich seien, obwohl es hier besonders spannende Fragestellungen gäbe: „Die Kleinen können sich eine finanzielle Beteiligung meist nicht leisten. Aber immerhin stellen sie viele Materialien zur Verfügung und beteiligen sich so an kleineren Projekten.“ Dennoch bleiben viele gute Projektideen in den Köpfen der ForscherInnen und gelangen nicht zur Umsetzung.
Auch Marion Huber-Humer beschäftigt sich mit einem für die Zukunft höchst relevanten Thema, in das wohl kaum zu viele Forschungsgelder fließen können. Huber-Humer leitet das Institut für Abfallwirtschaft an der BOKU in Wien. Dieses hat gerade in Zeiten der Konsumgesellschaft und des global wachsenden Wohlstands eine wichtige Aufgabe. Die Frage, was mit all den Produkten – etwa Verpackungen, Kleidung, Chemikalien und Elektronikgeräten – passiert, wenn wir sie nicht mehr verwenden können oder wollen, ist essenziell.
Biologisch abbaubar
Huber-Humer führt durch das Labor des Institutsgebäudes im 19. Bezirk Wiens. In einem Raum ist eine Menge hoher, mit Flüssigkeit gefüllter Röhren angeordnet, die über Gefäßen stehen. Hier untersuchen die WissenschafterInnen verschiedene Abfälle in Hinblick darauf, welche und wie viel Gase sie freisetzen – eine wichtige Frage für Mülldeponien. Einblick in ein anderes Forschungsprojekt des Instituts bietet sich in der kleinen Klimakammer, in der es fast so heiß ist wie in einer Sauna. Dort wird der Zersetzungsprozess von Kaffeekapseln untersucht, die laut Hersteller biologisch abbaubar sind. Die ForscherInnen untersuchen, ob das wirklich der Fall ist bzw. welche biochemischen Prozesse genau vonstatten gehen.
Weitere Forschungsbereiche befassen sich etwa mit Abfallvermeidung, Recycling und Re-Use. Ein Schwerpunkt des BOKU-Instituts, an dem insgesamt rund 30 MitarbeiterInnen tätig sind, liegt auf Lebensmittelabfällen. Zudem beschäftigt sich ein besonders junger Forschungszweig mit Nano-Müll: Immer mehr Unternehmen setzen ihren Produkten (etwa Zahnpasta, Duschgel oder Reinigungsmitteln) Nanopartikel zu, aber auch auf Schuhen und Jacken werden Nanoschichten aufgetragen. Die winzigen Teilchen könnten ein Problem darstellen. Sie sind zu klein, um von gängigen Filteranlagen aufgehalten zu werden, und könnten unkontrolliert in Böden oder Gewässer und womöglich sogar wieder ins Trinkwasser gelangen.