Die verarbeitenden Betriebe, die Österreich mit Benzin, Diesel und Heizöl versorgen, fuhren 2022 bislang kräftig Gewinne ein, zu viel, wie die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) in dem am vergangenen Montag, 22.8.2022, veröffentlichten Abschlussbericht nach einer Branchenuntersuchung festhielt, denn es sei „festzuhalten, dass der nun um ein Kostenkapitel ergänzte Abschlussbericht auf stark gestiegene Gewinnmargen der Raffinerien (=Bruttomargen abzüglich der Betriebskosten) in den Monaten nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine schließen lässt.“ Kurz gesagt: Die Preise an der Zapfsäule waren viel zu hoch, die Bruttomargen haben sich verdreifacht. Geld, das nicht verdient hätte werden sollen.
Wie kommt es zu Preiskontrollen?
AK-Präsidentin Renate Anderl hatte schon vor dem Bericht angeregt, die Preiskommission einzusetzen, die dann für Preiskontrollen. Antragsberechtigt nach §5 Preisgesetz sind die Bundesministerien Finanzen (Magnus Brunner/ÖVP), Land und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (Norbert Totschnig/ÖVP) und Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (Johannes Rauch/Grüne) sowie weiters die Sozialpartner ohne ÖGB. Vertreter:innen dieser Institutionen bilden gemeinsam mit dem BM für Arbeit und Wirtschaft die Preiskommission, wobei das Wirtschaftsministerium „Herr“ des Verfahrens ist und letztlich Bundesminister Kocher entscheidet.
Laut dem Preisgesetz ist der Wirtschaftsminister auf Antrag dazu verpflichtet, zu untersuchen, ob die Preise für gewisse Produkte unverhältnismäßig hoch sind bzw. stärker gestiegen sind als im internationalen Schnitt. Werden ungerechtfertigt hohe Preise festgestellt, kann der Minister für eine Dauer von sechs Monaten angemessene Preise bestimmen. Aufgabe der Preiskommission ist es, im Rahmen eines Preisüberprüfungsverfahrens den Wirtschaftsminister zu unterstützen und Empfehlungen auszusprechen (Beratungsorgan). Eine Betriebsprüfung kann allerdings nur der Wirtschaftsminister anordnen.
Die Arbeiterkammer geht an die Öffentlichkeit
Genau so einen Antrag will die AK nun einbringen. Am 24.8. 2022, veröffentlichte die Arbeiterkammer den Brief, der an die Ministerien ging: „Die Preissteigerungen sind horrend. Während die österreichische Bevölkerung unter den enormen Preissteigerungen bei Mineralölprodukten (Benzin, Diesel, Heizöl) leidet, veröffentlichen die Mineralölkonzerne in ihren Quartalsbilanzen 2022 rekordverdächtige Milliardengewinne. Daher bereitet die AK einen Preisantrag vor. Erstmals seit 2008. Aber die Erfahrung zeigt: Wenn die Möglichkeiten, die das Preisgesetz vorsieht, ausgeschöpft werden sollen, müssen die Mitglieder der Preiskommission das für eine gute Idee halten.“
Eine Position, die der ÖGB teilt. Gegenüber Arbeit & Wirtschaft erklärt Präsident Wolfgang Katzian noch eine weitere Parallele zur jüngeren Geschichte: „Ich sehe sie wie die begleitende Kommission bei der Einführung des Euros. Die ist eingeschritten, wenn einzelne Unternehmen etwa probiert haben, den Preis gleich 1:1 von Schilling in Euro zu ändern. Und so eine Möglichkeit wünschen wir uns jetzt auch.“ Konkret ginge es darum, dass die Kommission in der Lage sein soll, Preiskontrollen durchzuführen (wie sie etwa Ökonomin Isabella Weber fordert). Und zwar echte, vor Ort und auch Betriebsprüfungen. Sie solle sich genau ansehen, ob die Angaben, die gemacht wurden, auch tatsächlich stimmen. „Und sie muss in der Lage sein, Beschwerden aus der Bevölkerung aufzunehmen, Maßnahmen vorzuschlagen und mit entsprechendem Druck an die Öffentlichkeit gehen, damit sie auch umgesetzt werden. Das wäre zehnmal gescheiter als ein Arbeitskreis und aus unserer Sicht sehr dringend.“
Post ✉️für vier Minister! AK Präsidentin @renate_anderl Anderl hat dem Finanz-, dem Wirtschafts-, dem Sozial- und dem Landwirtschaftsminister einen Brief geschrieben: Darin fordert sie von den Ministern: zeigt politischen Willen, um gemeinsam gegen die Teuerung zu kämpfen! 1/6 pic.twitter.com/YBRUed0sIb
— AK Österreich (@Arbeiterkammer) August 24, 2022
Keine Augenauswischerei bei Preiskontrollen
Lediglich das Grün-geführte Sozialministerium deutete am Mittwoch gegenüber Ö1 an, einen derartigen Antrag unterstützen zu wollen. Eine breite Basis brauche es, wie der AK Wien-Direktor Christoph Klein im Mittagsjournal gestern anmerkte. 2008, im Zuge der Bankenkrise und hinsichtlich Lebensmittel, wurde der Antrag der Kammer ignoriert. „Bevor wir hier wieder auf die Nase fallen und mit uns die gesamte Bevölkerung papierlt wird, fragen wir die Beteiligten im Preisverfahren. Nämlich die Bundesminister, ob sie es ernst meinen.“
Er zeigte sich optimistisch. Die Politik habe sich bereit erklärt und die BWB belege die Schieflage. „Ich gehe davon aus, dass die Regierung reagiert und nicht wieder die Ohren anlegt. Und so tut, als ob es kein Problem gebe.“
Zusatzgewinne nicht gerechtfertigt
Helmut Gahleitner ist bei der AK Wien langjähriger Experte in Sachen Wettbewerbs- und Gesellschaftsrecht. Im Gespräch mit Arbeit & Wirtschaft führt er aus: „Wenn die Preisanstiege überdurchschnittlich sind und sich nur in Gewinnen widerspiegeln, dann läuft etwas schief.“ Eine Überprüfung, ob die geforderten Preise bzw. die Preispolitik auf eine ungerechtfertigte Preispolitik zurückzuführen ist, könne die BWB nicht durchführen. Das wäre Aufgabe der Kommission – so Minister Kocher auch zustimme. Die Zusatzgewinne sind für uns nicht gerechtfertigt.“ Die Betriebsprüfungen der tatsächlichen Kosten und Kalkulationsgrundlagen könnten im Rahmen des Verfahrens nach §5 Preisgesetz konkret Aufschluss über die Umstände und Rationalität der unternehmerischen Preispolitiken geben. Neben einer begleitenden Kommission, wie von Präsident Katzian vorgeschlagen, braucht es auch die Einführung strikter Verfahrensfristen und entsprechender Sanktionen.
Preiskontrollen: Echter Wille gefordert
„Es braucht politischen Willen, damit das Verfahren zügig und ergebnisorientiert durchgeführt wird“, so Gahleitner. Das Wollen ist eben entscheidend, um Maßnahmen zu setzen und weitere anzugehen. Denn Teuerungen bei Strom und Gas, die viele Haushalte vor große Probleme stellen, sind vom Preisgesetz ausgenommen. Eine generelle Aufnahme der beiden Energieträger ist aufgrund europarechtlicher Vorgaben nicht vorgesehen. Aber es sei eine Ausnahme im Krisenfall grundsätzlich möglich. Diese Möglichkeit müsse aber erst einmal durch den zuständigen Wirtschaftsminister geschaffen werden, erklärt Gahleitner. Die Regierung müsse jetzt handeln, und das, was möglich ist, schon jetzt umsetzen, meint er.
Helmut Gahleitner erklärt abschließend hinsichtlich des Mineralöls. „Wenn man sich die Untersuchungsergebnisse der Wettbewerbsbehörde und die Bilanzen mit Rekordgewinnen in Milliardenhöhe ansieht, dann liegen die Fakten auf dem Tisch. Wenn nicht jetzt gehandelt wird, wann dann? Da fehlt mir das Verständnis für ein Wegschauen.“ Immerhin liegt ein fertiges Konzept für eine Sonderabgabe auf Übergewinne längst auf dem Tisch.