„Seit 2008 habe ich erlebt, dass jedes Jahr die Voraussetzungen schwieriger geworden sind für den Betrieb.“ Es brauchte weitere Maßnahmen, um die Arbeitsplätze zu halten. Der Betrieb wurde für einige Tage geschlossen, dann kam ein Korridormodell zum Einsatz. „Das bedeutet, dass man einige Tage nicht arbeitet, dann alles aufarbeitet“, erklärt Blauensteiner. Dann ging das Werk für zwei Monate in Kurzarbeit. Dadurch mussten keine Jobs abgebaut werden, lediglich Pensionierungen wurden nicht nachbesetzt. „Davon haben wir etwa 10 bis 20 pro Jahr.“
Autos in allen Formen
Neben Familienfotos fällt in Blauensteiners Büro vor allem eines auf: Autos, seien es Modellautos in Originalverpackung oder Gemälde an der Wand, die klassische Rennboliden vergangener Tagen zeigen. Opel-Wien gehört seit mehr als einem Jahr zur französischen Peugeot-Mutter PSA. Im Sommer 2018 gab es alarmierende Schlagzeilen zur Zukunft des Werkes. Zeitungen berichteten von drohendem Kahlschlag. Der Grund: Einige Produktionslinien, so etwa ein spezielles Fünf-Gang-Getriebe, fallen weg, neue können das nicht kompensieren.
Dem ging eine Absatzkrise im Vorjahr voraus. „Wir sind fünf Monate in Kurzarbeit gegangen“, so Blauensteiner. Wir haben uns für einen Sozialplan starkgemacht, der bis Ende 2019 gilt.“ Erst Anfang November gab es Entwarnung: Opel möchte an seinen Werken, auch an jenem in Aspern, festhalten. 70 Beschäftigte sind heuer von sich aus gegangen, betont die Betriebsratsvorsitzende. „Zum Glück waren es Freiwillige, viele wollten sich beruflich verändern und haben durch die Stiftung die Chance, sich umschulen zu lassen. Andere standen knapp vor der Pensionierung.“ Im Wirtschaftsaufschwung ist das Unternehmen mit nunmehr knapp 1200 ArbeiterInnen und 200 Angestellten unterbesetzt.
Vom Frisieren zum Montieren
Während des Gesprächs klingelt bei Renate Blauensteiner oft das Telefon, denn die Betriebsratsvorsitzende hatte am 14. November ihren 59. Geburtstag. 2018 ist überhaupt ein Jahr der Jubiläen für sie: 35 Jahre bei Opel, 30 Jahre im Betriebsrat und zehn Jahre Betriebsratsvorsitzende. Der Weg in die Technik war für sie nicht vorgezeichnet. So arbeitete sie zunächst als Friseurin. „Ich musste wechseln, weil ich eine Allergie gegen die Haarpflegeprodukte bekommen habe.“
Dann zog es sie in den Verkauf. „Ein typischer Weg damals für eine verheiratete Frau mit Kind.“ Die Arbeitszeiten im Handel waren für sie dann mit der Familie nicht vereinbar und so wechselte Renate Blauensteiner in die Produktion, zunächst in einer Lampenfirma. „Da habe ich von 07:00 bis 15:30 gearbeitet, das ging auch mit den Kindern gut.“ In einer Elektronikfirma, die es heute ebenfalls nicht mehr gibt, lötete sie Initiatoren für Öfen, bevor sie ab 1983 bei Opel Getriebe zusammenbaute. Der Tipp kam aus der Familie, die Schwägerin empfahl ihr den Arbeitgeber. „Die Bezahlung war sehr gut. Bei Opel waren 8 Stunden 8 Stunden und auch die halbe Stunde Mittagspause wurde bezahlt.“