Beschäftigte reagieren auf Pflegeskandal bei SeneCura in Salzburg-Lehen
Bernhard Achitz, der Volksanwalt, hatte im Sommer einen Pflegeskandal bei SeneCura in Salzburg-Lehen aufgedeckt. Es ging um wundgelegene Patient:innen, mangelnde Schmerzversorgung und personelle Unterbesetzung. Vor allem aber auch um die Frage, was die Landesregierung zu welchem Zeitpunkt wusste. Die wehrte sich und schob die Verantwortung auf den Betreiber des Heims.
„Der alte Betriebsratsvorsitzende hat mehrmals angesprochen, dass es zu wenig Personal gibt und dass Dienstpläne nicht eingehalten werden können“, beschreibt Dönmez die Situation der Beschäftigten vor dem Pflegeskandal in Salzburg-Lehen. Der Name SeneCura sei in der Branche kein unbeschriebenes Blatt. Wenn private Investoren in den Bereichen Pflege und Gesundheit einsteigen, käme es zu solchen Missständen. Die Beschäftigten hätten aufgrund der hohen Arbeitsbelastung teilweise gesundheitliche Probleme gehabt. Durch die Coronamaßnahmen habe sich die Situation noch verschärft.
Eine Situation, die ein allgemeines Problem ist, wie Achitz gegenüber Arbeit&Wirtschaft beschreibt. „Daran sind in den aller seltensten Fällen die Beschäftigten schuld. Oft sind sie es, die uns darauf aufmerksam machen, weil sie nicht mehr weiterwissen.“ Und weiter: „In vielen Einrichtungen wurde das Personal so knapp kalkuliert, dass jeder Krankenstand zur Herausforderung wird, weil irgendjemand anderer einspringen muss, und die Beschäftigten haben Null Planbarkeit.“
Ungerecht: Beschäftigte nach Pflegeskandal bei SeneCura im Kreuzfeuer
Auch Dönmez nimmt die Beschäftigten nach dem Pflegeskandal bei SeneCura in Schutz. „Die Leidtragenden sind neben den Bewohner:innen die Beschäftigten. Sie stehen morgens auf und erfahren über die Medien etwas Neues über ihren Arbeitgeber. Dann sagt die Geschäftsführung aber etwas anderes und die Politik auch. Das macht den Menschen Angst.“ Um die Situation erträglich zu machen, reduzierte die SeneCura-Gruppe zunächst die Zahl der zu betreuenden Personen auf fünfzig. Heime, die in Nähe liegen, übernahmen insgesamt 15 der Patient:innen. Das sollte die personelle Situation entspannen.
Denn die war, als der Pflegeskandal öffentlich wurde, extrem angespannt. Waren zu Jahresbeginn noch rund fünfzig Personen in dem Pflegeheim tätig, seien es im Sommer nur noch etwa 35 gewesen, rechnet Dönmez vor. Etwa 40, wenn Aushilfen aus dem Reinigungs- und Küchendienst mitgerechnet würden. Derzeit versuche die SeneCura-Gruppe alles, um weitere Kündigungen zu vermeiden. Neues Personal zu bekommen, dürfte zunächst schwierig werden. Denn zum Fachkräftemangel in der Gesundheitsbranche kommen jetzt erheblich Imageprobleme hinzu.
Neuer Betriebsrat und viele Absprachen
Doch die sollen nachhaltig gelöst werden. Daran arbeiten jetzt auch die Beschäftigten. „Sie wollen, dass Ruhe einkehrt und sie wieder ihre Tätigkeiten nachgehen können“, beschreibt Dönmez den Gemütszustand. Denn seit des Pflegeskandals würden die Beschäftigten auch privat regelmäßig auf das Pflegeheim angesprochen. Auch vor Ort vergehe kein Tag, an dem sie nicht durch einen Vertreter der Politik oder der SeneCura-Gruppe kontrolliert würden.
Der Betreiber unterstütze die Bemühungen der Beschäftigten allerdings kompromisslos, sagt Dönmez. „Die SeneCura versucht, den aktuellen Personalstand zu halten. Durch Gespräche, Austausch und regelmäßigen Informationen an die Beschäftigten. Sie unterstützen außerdem die Betriebsratswahl. Die Heimleitung will Möglichkeiten nutzen, um weitere Probleme zu verhindern. Sie versuchen auf allen Ebenen, die Versäumnisse der letzten Jahre aufzuholen.“
#Pflegeskandal in #Salzburg wirft Frage auf: Wie gut schützt #Österreich seine kritische #Infrastruktur vor privaten Investoren? A&W hat sich Investoren im Pflegebereich näher angesehen & mit Leonard Plank von TU Wien & seine neue Studie dazu gesprochen: https://t.co/N9Ju5iU42T
— Arbeit&Wirtschaft Magazin (@AundWMagazin) September 8, 2022
Pflegekrise muss strukturell gelöst werden
Langfristig allerdings reicht es allerdings nicht, dass sich ein Pflegeheimbetreiber bessert. Für wirklich nachhaltige Lösungen braucht es strukturelle Änderungen. Das weiß auch Dönmez. Er verweist darauf, dass die Politik die Probleme der aktuellen Pflegekrise (Demografie, Fachkräftemangel, Ausbildungs-Defizit) zu lange ignoriert hat. Auch Achitz hat eine klare Forderung an die Politik. „Die Volksanwaltschaft empfiehlt daher dem Sozialminister, mit den Ländern für einheitliche Regeln zu sorgen: Einheitlich festgesetzte Standards, wie angemessene Pflege auszuschauen hat. Und einheitliche Standards, wie die Länder die Einrichtungen kontrollieren müssen.“ Mit dem Verkauf von Vamed an den französischen Hedgefonds PAI ist ein nächster Skandal schon absehbar.