Perspektiven statt Beschränkungen!

Inhalt

  1. Seite 1 - Drastische Reduktion der Studienplätze
  2. Seite 2 - Chancen auf höhere Bildung für viele junge Menschen geschmälert
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Neue Zugangsbeschränkungen an Universitäten rücken die Frage ins Zentrum: Was passiert mit jenen, die keinen Studienplatz bekommen?

Verdrängungseffekte

Aufgrund der massiven Reduktion der Plätze für StudienanfängerInnen und der potenziellen schrittweisen Einschränkung der Studienoptionen muss auch die Frage nach Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt gestellt werden. Denn wer keinen Platz mehr bekommt, wird vermutlich versuchen, nach der Matura direkt am Arbeitsmarkt unterzukommen, oder sich nach einem alternativen Ausbildungsplatz (z. B. Lehre oder Kolleg) umschauen. Dabei ist zu befürchten, dass sich gegenwärtige, in einer aktuellen IHS-Studie identifizierte arbeitsmarktpolitische Trends weiter verstärken werden. Zu nennen sind hier insbesondere der Trend der Überqualifizierung (aktuell sind 54 Prozent der AHS-AbsolventInnen in ihren Jobs formal überqualifiziert), der Verdrängung nach unten und des Wettbewerbs um Lehrstellen. Treten solche Verdrängungseffekte ein, ist mit negativen Auswirkungen auf Jugendbeschäftigung und -arbeitslosigkeit zu rechnen. Besonders in Wien würde das einen erhöhten Druck auf den Arbeitsmarkt bedeuten, da ein Großteil der Studienplatzreduktionen auf Wiener Standorte entfällt.

Welche Personengruppen betroffen sein werden, ist ein weiterer Aspekt, der im Gesetzwerdungsprozess unzureichend berücksichtigt wurde. Besonders häufig wird es junge Menschen und Studieninteressierte in Wien treffen, da dort am meisten Plätze gestrichen werden. Zusätzlich zeigt sich, dass die neu beschränkten Fächer zu einem sehr hohen Anteil von Frauen gewählt werden (67 Prozent der angefangenen Studien). Viele Frauen werden demnach in Zukunft häufiger nicht mehr das Studium im geplanten Bereich beginnen können.

Studien zeigen außerdem immer wieder, dass Zugangsbeschränkungen sozial selektiv wirken können. Dies legt die Vermutung nahe, dass es auch in den neu betroffenen Fächern wie z. B. Jus zu einer stärkeren Selektion anhand sozialer Merkmale kommen wird, nicht zuletzt aufgrund privater Vorbereitungskurse, die in Jus wohl ähnlich wie bei Medizin boomen werden. Wer sich kostspielige Vorbereitungskurse nicht leisten kann, wird erheblich niedrigere Chancen auf einen der begehrten Plätze haben. Durch sehr kompetitive Aufnahmeverfahren wird sich der Druck auf junge Menschen und deren Eltern damit in Zukunft vermutlich deutlich verstärken.

Bessere Studienbedingungen?

Bei Beschluss des Gesetzes wurde betont, die Anzahl der Studierenden und AbsolventInnen würde insgesamt nicht sinken, da der Anteil prüfungsaktiver Studierender steigen würde. Allerdings fehlen konkrete Hinweise darauf, wie dies bewerkstelligt werden soll – und wie sichergestellt wird, dass die Anzahl der AbsolventInnen nicht zurückgehen wird. Denn die einzige eindeutige Maßnahme, die durch das Gesetz festgelegt wird, ist die Reduktion der Plätze für AnfängerInnen. Dies ist jedoch noch kein Garant dafür, dass die Studiensituation in den jeweiligen Fächern verbessert wird, von Auswirkungen auf andere Fächer, die potenziell zu neuen Ausweichstudien werden, ganz zu schweigen.

Konkrete Maßnahmen, etwa zur Stärkung der Bildungs- und Berufsorientierung, für eine verbesserte Studieneingangsphase oder zur Vereinbarkeit von Beruf und Studium, fehlen gänzlich. Auch kann die Befürchtung nicht entkräftet werden, dass Studienchancen von unterrepräsentierten Gruppen durch die neuen Beschränkungen geschmälert werden. Zwar sieht das Gesetz zur neuen Finanzierung eine Regelung vor, dass seitens des Ministeriums ein Betrag von bis zu 0,5 Prozent des Globalbudgets für Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Durchmischung einbehalten werden kann. Diese Änderung ist als Anreiz für größere Aktivitäten in diesem Feld jedoch zu wenig – vor allem, da es sich lediglich um eine optionale Bestimmung handelt. Es wird damit in erster Linie im Ermessen der Universitäten liegen, ob es tatsächlich spürbare Verbesserungen für berufstätige Studierende oder „first academics“ gibt. Auch ein Ausbau des Fachhochschulsektors in einem Ausmaß, der die Auswirkungen von den Beschränkungen im Universitätsbereich etwas kompensieren könnte, wird nicht in Aussicht gestellt.

Perspektiven?

Das beschlossene Gesetz wird also weitreichende Konsequenzen haben – für die Universitäten selbst, aber auch in arbeitsmarktpolitischer Hinsicht. Es ist zu befürchten, dass die Chancen auf höhere Bildung für viele junge Menschen geschmälert werden. Hier muss gegengelenkt und sichergestellt werden, dass die Zahl der Personen, die ein Hochschulstudium absolvieren können, nicht gesenkt, sondern im Gegenteil gesteigert wird. Darüber hinaus müssen Studierende aus sozial schwächeren Familien und erwerbstätige Studierende stärker gefördert werden. Denn diese brauchen mehr Perspektiven anstatt weitere Beschränkungen.

Linktipps:
IHS-Studie
AK-Studie „Zugangsbeschränkungen und Chancen(und)gleichheit“

Von
Iris Schwarzenbacher
Abteilung Bildungspolitik der AK Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 3/18.

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