Genau hier ergeben sich dann die unterschiedlichsten Problemlagen. Wie kann ich dem Auftrag, eine Kinderbildungseinrichtung zu sein, nachkommen, wenn eine Pädagogin für viel zu viele Kinder zuständig ist? Wie kann ich als Träger:in von Kindergärten wiederum mehr Pädagog:innen einstellen, wenn mir dafür das Geld fehlt? Wie bringe ich Absolvent:innen von Bildungsanstalten für Elementarpädagogik dazu, überhaupt in den Beruf einzusteigen, wenn die Angst, der Verantwortung nicht gerecht zu werden, zu groß ist?
Der Gesellschaftlicher Wandel: verschlafen
Die Gesellschaft von heute ist nicht mehr die Gesellschaft der 1970er Jahre. Die Frauenerwerbsquote ist heute eine wesentlich höhere, zum einen, zum anderen ist Österreich ein Migrationsland, was vor allem in den Städten stark spürbar ist. Dem Kindergarten kommt heute eine wesentlich tragendere Rolle zu. Und diese wird auch vom Staat klar formuliert: Es gibt das verpflichtende Kindergartenjahr – alle Mädchen und Buben müssen also ab dem Alter von fünf Jahren einen Kindergarten besuchen. Dies soll nicht zuletzt dazu beitragen, dafür zu sorgen, dass möglichst viele Kinder bereits mit guten Deutschkenntnissen in die Schule eintreten. Zum anderen weiß auch die öffentliche Hand, dass es gute Kinderbetreuung braucht, damit Frauen nach der Geburt eines Kindes wieder rasch ins Erwerbsleben zurückkehren können. So entstand der – wichtige – Gratiskindergarten.
Die Organisation der Kindergärten änderte sich aber nicht. Neben den Kindergärten der Gemeinden gibt es eine Vielzahl an privaten Träger:innen, sie reichen von Religionsgesellschaften (allen voran die katholische Kirche) bis zu alternativpädagogischen Anbieter:innen. Sie bekommen Förderungen der öffentlichen Hand, damit sie ihrerseits den Eltern einen Gratisplatz für ihr Kind anbieten können. Anders als etwa öffentliche Volksschulen müssen sie aber privatwirtschaftlich haushalten: Steigt etwa das Gehalt von Pädagog:innen durch lange Betriebszugehörigkeit, dann macht das Probleme. Fallen Pädagog:innen durch Krankenstand oder in Corona-Zeiten Quarantäne aus, bringt das die Kolleg:innen massiv unter Druck – Springer:innen nur für diesen Zweck kann sich kaum ein Träger leisten. Die Förderungen sind knapp bemessen, den seit Jahren nachdrücklich formulierten Forderungen, die Mittel deutlich zu erhöhen, wurde nie adäquat nachgekommen.
Der große Wurf: fehlt
Erst als die im Bereich Elementarpädagogik Beschäftigten – Pädagog:innen, Assistent:innen, aber auch Kindergruppenbetreuer:innen – diesen Oktober tatsächlich einmal die von ihnen betreuten Gruppen vormittags geschlossen hielten und stattdessen auf die Straße gingen, bewegte sich etwas: Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sagte eine neue Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zu, die einerseits mehr Geld für die Träger:innen, andererseits aber auch längere und flexiblere Öffnungszeiten sowie mehr Plätze für Unter-Dreijährige bringen soll. Fix ist hier allerdings noch nichts. In Wien ließ wiederum Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) aufhorchen: Der sagte die Verdoppelung von Stunden von Assistent:innen zu – sie sollen damit künftig 40 Stunden statt bisher 20 Stunden pro Woche in den Gruppen eingesetzt werden.
Am Ende bleibt aber der Eindruck: Es wird hier und dort ein bisschen etwas monetär verbessert, doch der große Wurf gelingt nicht. Was es aber braucht, ist eine völlige Neukonzeption der Elementarpädagogik. Das beginnt bei der Ausbildung der angehenden Elementarpädagog:innen und endet bei der Organisationsstruktur der Kindergärten.