Die Macht des Konsens

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  1. Seite 1 - Demokratie in der EU
  2. Seite 2 - Green Deal muss auch ein Social Deal sein
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Oliver Röpke will die Zivilgesellschaft auf europäischer Ebene stärken. Vor kurzem wurde der österreichische Gewerkschaftsvertreter zum Präsidenten des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses gewählt. Wo er die größten EU-Baustellen sieht, erzählt er im Interview.

Ein Thema, das alle drei am EWSA beteiligten Akteure betrifft, ist der European Green Deal. Wie schaut es hier mit der Kompromissfindung aus?

Ganz klar, der Green Deal ist eindeutig ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Das Ziel der Klimaneutralität wird von allen drei Gruppen im EWSA im breiten Konsens unterstützt. Die Frage ist nur, wie es erreicht wird. Hier gibt es natürlich auch unterschiedliche Auffassungen. Aus Arbeitnehmer:innen- und Gewerkschaftssicht wird immer betont, dass der Green Deal auch ein Social Deal sein muss. Wir müssen gleichzeitig auch Perspektiven in Richtung nachhaltiger Industriepolitik anbieten. Es kann nicht sein, dass einige Regionen hier besonders stark betroffen sind und allein gelassen werden. Hier braucht es vorausschauende Investitionen, die auch auf europäischer Ebene koordiniert und unterstützt werden müssen, damit diese Regionen eine Perspektive haben.

Klimaneutralität wird zwar von allen Gruppen im EWSA unterstützt, die Frage ist nur: Wie wird sie erreicht? Für Röpke steht fest: Der Green Deal muss auch ein Social Deal sein. | © Markus Zahradnik

Hat sich der Ukrainekrieg auf die Diskussionen rund um den Green Deal ausgewirkt?

Der Ukrainekrieg hat sich auf alles ausgewirkt, auch auf den Green Deal. Aber entscheidend ist hier vielmehr, dass sich der EWSA nach Beginn des russischen Angriffskrieges ganz klar auf die Seite der Zivilgesellschaft in der Ukraine gestellt hat. Wir haben ganz engen Kontakt mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Ukraine gehalten, auch mit den Gewerkschaften, und haben uns ständig mit ihnen abgestimmt. Wir haben auch grundsätzlich unterstützt, dass der Ukraine der Beitrittskandidatenstatus verliehen wurde. Aber wir haben auch klar gesagt, dass es Kriterien gibt, die erfüllt werden müssen. Die Gewerkschaften in der Ukraine sind teilweise unter starken Druck gekommen. Mittlerweile hat sich die Situation nach Auskunft der Kolleg:innen dort etwas verbessert. Aber für uns ist klar, dass auch ein Kriegszustand nicht dazu führen darf, dass Arbeitnehmer:innenrechte oder gewerkschaftliche Rechte ausgehebelt werden. Allgemein sehe ich bei derartigen Fragen die Notwendigkeit, als EWSA auch über den Tellerrand der EU hinauszuschauen.

In welcher Hinsicht?

Wir müssen aus Fehlern der Vergangenheit lernen. Wir haben viele ost- und mitteleuropäische Staaten in die EU aufgenommen, deren zivilgesellschaftliche Strukturen leider nicht so gefestigt waren, wie sie sein sollten, nicht zuletzt im Bereich der Sozialpartnerschaft oder der Kollektivverträge. Im EWSA sind wir deswegen der Meinung, dass wir die Organisationen der Zivilgesellschaft aus den Westbalkanstaaten, aus Moldau, aber auch der Ukraine schon jetzt in unsere Arbeit mit einbeziehen sollten. Wir wollen sie einladen, mitzuarbeiten und nicht nur Zuschauer zu sein. Wir glauben, dass wir dadurch die Zivilgesellschaft dort stärken können, und die Länder dann besser vorbereitet sind, sollte es tatsächlich zu einem Beitritt in die EU kommen.

Ein Land, das gerne dem Schengen-Raum beitreten möchte, ist Rumänien. Dagegen hat Österreich interveniert. Ist der EWSA an dieser Debatte beteiligt?

Absolut. Und das Veto gegen den Schengen-Beitritt hat wirklich zu großen Verstimmungen geführt, gerade auch unter den Kolleg:innen aus Rumänien. Ich glaube, das war eine sehr kurzsichtige Entscheidung. Wir haben im EWSA eine Stellungnahme im breiten Konsens verabschiedet, und die europäischen Regierungen aufgefordert, schnellstmöglich einen Schengenbeitritt von Rumänien und auch von Bulgarien möglich zu machen.

Ein dominierendes Thema in Europa ist die Teuerungswelle. Forderungen nach der Vergesellschaftung großer Energiekonzerne werden daher lauter. Teilt der EWSA diese Forderung?

Eine eigene Vergesellschaftungsdebatte wird vom EWSA so nicht geführt. Wir setzen uns aber sehr wohl dafür ein, dass öffentliche Dienstleistungen für alle erschwinglich sein müssen. Das ist ein Grundprinzip, das in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen ist. In einzelnen Fällen kann das auch eine Rückführungmancher Bereiche in die öffentliche Hand bedeuten. Es gibt hier aber keine europäische „one size fits all“-Lösung.

& PODCAST

Oliver Röpke im ÖGB Podcast: Nachgehört / Vorgehört, Folge #72

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