Was ist Notstandshilfe und wer bekommt sie?
Voraussetzungen für den Bezug von Notstandshilfe
Personen, die
- arbeitslos,
- arbeitswillig,
- arbeitsfähig sind,
- sich in einer Notlage befinden,
- der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen,
- keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr haben,
- einen Antrag beim AMS stellen.
Notstandshilfe erhalten – momentan noch – jene Personen, die Arbeitslosengeld bezogen haben, dabei jedoch die maximal mögliche Anspruchsdauer ausgeschöpft haben. Mittels eines Antrags können sie diese beantragen, wobei dann geprüft wird, ob sie die nötigen Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen arbeitslos, arbeitswillig und arbeitsfähig sein, sich in einer Notlage befinden, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr haben und einen Antrag auf Notstandshilfe stellen. Der Antrag wird maximal auf 12 Monate bewilligt, es kann jedoch im Anschluss wieder ein neuer Antrag gestellt werden.
Arbeitswilligkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Arbeitssuchenden zumutbare Beschäftigungen annehmen und sich während des Notstandshilfebezugs zumindest im Ausmaß von 20 Wochenstunden bereithalten – mit Ausnahme von Kinderbetreuungspflichten. Eine Notlage liegt dann vor, wenn die notwendigen Lebensbedürfnisse nicht mehr befriedigt werden können.
Personen sind während des Bezugs von Notstandshilfe krankenversichert, ohne Sozialbeiträge zahlen zu müssen. Dabei gilt auch: Angehörige ohne eigene Krankenversicherung sind mitversichert. Es ist außerdem möglich, bis zur Geringfügigkeitsgrenze dazuzuverdienen.
Die Höhe der Notstandshilfe beträgt 92 % des vorher bezogenen Arbeitslosengeldes und wird monatlich ausgezahlt. Der Durchschnittsbezug der Notstandshilfe betrug 2016 bei Frauen 664 Euro, bei Männern lag er bei 784 Euro. Erst im Juli 2018 gab es eine positive Veränderung, die vor allem Frauen mit niedrigem Einkommen zugute kam: Das Partnereinkommen wurde in die Berechnung des Anspruches nicht mehr miteinbezogen.
Was ändert sich bezüglich der Notstandshilfe?
Kurz gesagt: Die Regierung plant, die Notstandshilfe abzuschaffen. Was das bedeutet? „Eine große Gruppe an Arbeitslosen erhält dadurch keine Leistungen mehr aus der Arbeitslosenversicherung und ist auf die Mindestsicherung angewiesen. In der Konsequenz werden Armut und Ungleichheit steigen und die Machtverhältnisse ungerecht verschoben“, so Dennis Tamesberger, Referent für Arbeitsmarktpolitik in der Abteilung Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik der Arbeiterkammer Oberösterreich.
[infogram id=“aandw-online-notstandshilfe-zahlen-daten-fakten-1hmr6ggnpwno6nl?live“]Sieht man sich die Statistiken der Notstandshilfe-BezieherInnen an, so kann man feststellen, dass ein gutes Drittel (33,93 %) der Generation 50+ angehört. Für diese Menschen ist es besonders schwierig, noch am Arbeitsmarkt vermittelt zu werden. Ebenso verheerend ist die Abschaffung der Notstandshilfe für Personen mit Behinderung. 48 % der behinderten Arbeitslosen erhalten nach dem neuen System keine Leistungen mehr, da sie für die Arbeitssuche zu viel Zeit benötigen.
Arbeitslose mit Behinderung,
die künftig keine Leistungen mehr erhalten
48 %
Notstandshilfe-BezieherInnen,
die aus Österreich stammen
77 %
Bezüglich der Nationalitäten kann festgehalten werden, dass 77 % der BezieherInnen aus Österreich stammen. Der Vorwand der Regierung, dass es vor allem die „ausbeutenden Migranten“ trifft, wenn die Notstandshilfe abgeschafft wird, ist daher aus der Luft gegriffen.
Fallen all diese Personen nun in die Mindestsicherung NEU, sind sie von den landesgesetzlich festgelegten Unterstützungsbeträgen abhängig, die unterschiedlich hoch sein können. Zudem werden bei der Mindestsicherung keine Pensionsversicherungsbeiträge eingezahlt, wie das bei der Notstandshilfe der Fall war.
Ein wesentlicher Unterschied in der Vorgehensweise der Antragsstellung liegt darin, dass bei der Mindestsicherung NEU eine Notlage, die nachgewiesen werden muss, nur dann vorliegt, wenn das persönliche „Vermögen“ bis auf 4.315,21 Euro aufgebraucht wurde. „Dadurch steigt die Zahl der von Armutsgefährdung Betroffenen um rund 90.000 Personen“, geben Romana Brait und Pia Kranawetter, Referentinnen für öffentliche Haushalte der AK Wien, zu bedenken.
Abschaffung der Notstandshilfe ökonomisch unbegründet
Ein Blick auf die Zahlen verrät: Die Notstandshilfe macht momentan nur einen sehr geringen Anteil der Staatsausgaben aus. „In Österreich werden rund 1,5 % des BIP für Arbeitslosigkeit ausgegeben. Die Gesamtausgaben für die Notstandshilfe pro Jahr betragen in etwa 1,45 Mrd. Euro, was rund 0,4 % des BIP bedeutet. Ungeachtet der Höhe der Ausgaben für die Notstandshilfe sind durch ihre Abschaffung kaum Einsparungen zu erwarten“, resümiert Dennis Tamesberger.
Ungeachtet der Höhe der Ausgaben für die Notstandshilfe sind durch ihre Abschaffung kaum Einsparungen zu erwarten.
Dennis Tamesberger, Abteilung Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik der AK Oberösterreich
Negative Folgen durch die Abschaffung der Notstandshilfe
Durch die Abschaffung der Notstandshilfe erhöht sich gleichzeitig auch der Druck auf Arbeitslose. Denn unter diesen Bedingungen erhöhen sich die Zugeständnisse von Arbeitslosen, „schlecht bezahlte Jobs und ungünstigere Arbeitsbedingungen zu akzeptieren“, weiß Wilhelm Adamy, der als ehemaliger Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes die Auswirkungen der ähnlichen Hartz-IV-Reform in Deutschland beobachtet hat. Es trifft also nicht nur die Arbeitslosen, die vermehrt von Armutsgefährdung betroffen sein werden, sondern hat auch Auswirkungen auf das gesamte Beschäftigungssystem und die Gesellschaft insgesamt, gibt er zu bedenken.
Führt Österreich also ein ähnliches System wie in Deutschland ein, führt das für viele in die Schuldenfalle sowie in die Altersarmut und hat zudem auch negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt im Allgemeinen.