Gut gegründet wehrt es sich besser
Aus ihrer Erfahrung weiß die Wiener GPA-djp-Geschäftsführerin Teiber, dass MitarbeiterInnen gehörigen Mut aufbringen müssen, um in gewissen Firmen als Betriebsrat zu kandidieren. „Manche Geschäftsführungen bauen einen irrsinnigen Druck auf und verbreiten Dinge wie ‚Da zieht dann der Kommunismus ein‘ oder ‚Mit einem Betriebsrat wird alles schlechter und das Unternehmen geht deshalb zugrunde‘“, beschreibt Teiber manch wirre Versuche, die Belegschaft zu verängstigen und gegen die Gewerkschaft aufzubringen.
Wer sich trotzdem entschließt, einen Betriebsrat zu gründen, sollte sich möglichst früh und im Vorfeld von seiner Gewerkschaft beraten lassen. Teiber: „Es ist wichtig, die richtige Strategie zu verfolgen und auch formal bei der Wahl des Betriebsrates alles korrekt zu handhaben.“ Damit rechtlich alles passt, sollten sich die ArbeitnehmerInnen, die für den Betriebsrat kandidieren wollen, unbedingt von ArbeitsrechtsexpertInnen der Gewerkschaften unterstützen lassen. Ein guter Grund dafür: Mögliche Einsprüche und Wahlanfechtungen der Geschäftsführung könnten sonst erfolgreich sein.
Beeindruckende Erfolge
Doch auch wenn eine Geschäftsleitung nicht aktiv gegen die Installierung eines Betriebsrates arbeitet, kann es nicht immer einfach sein, einen Betriebsrat zu gründen, etwa in größeren Unternehmen mit vielen Betriebsstandorten. Da kennen die MitarbeiterInnen oft nur die Belegschaft am eigenen Standort. Dementsprechend schwierig ist es für sie, ArbeitnehmerInnen in anderen Filialen anzusprechen. Damit einher geht auch die Herausforderung, genügend Menschen zu finden, die auch bereit sind, für den Betriebsrat zu kandidieren. Denn neben ihrer „normalen“ Arbeit sollten diese MitarbeiterInnen auch Engagement für die Betriebsratstätigkeit aufbieten. Trotz dieser Herausforderungen wurden in den vergangenen Jahren sehr beeindruckende Erfolge erzielt – so ist es etwa gelungen, bei großen Handelsketten wie Lidl und Zara in Österreich Betriebsräte zu gründen.
Österreich rollt’s vor
In einer ganz anderen Branche gibt es sogar eine europäische Besonderheit: den ersten Betriebsrat für FahrradbotInnen bei foodora. „Junge engagierte FahrradbotInnen sind an uns herangetreten und haben die vida gebeten, bei der Gründung zu helfen“, berichtet Gudrun Thiemer vom Wiener Landessekretariat der vida. FahrradbotInnen gehören zu einem Berufssektor, in dem es Gewerkschaften seit jeher nicht besonders leicht hatten. Denn die Fahrradbotendienste sind nicht bloß unterschiedlich organisiert – von der GesmbH bis zum Verein –, auch der Freiheitsbegriff der BotInnen spielt eine zentrale Rolle. Für die „Riders“ gilt: „Wir arbeiten, wann wir wollen und wie lange wir wollen.“ Eine wahre Herausforderung für die vida. Thiemer: „Wir wollen den BotInnen diese Flexibilität nicht nehmen. Wir möchten aber natürlich, dass sie zu ihrem Geld kommen.“ Als sie an die vida herantraten, haben die jungen Menschen ganz genau gewusst, was ihnen wichtig ist. Und ein Betriebsrat ist das stärkste Rechts-Instrument, um die Bediensteten zu vertreten. Ein weiteres Ziel in naher Zukunft: ein Kollektivvertrag für die gesamte Branche. Das würde zu besseren Dienstverhältnissen führen und einem Sozialdumping vorbeugen.
Positiver Klima-Wandel
Europaweite Studien belegen: Betriebsräte verbessern das Arbeitsklima und die Arbeitsbedingungen. Sie sind die zentrale Anlaufstelle für alle MitarbeiterInnen, sie unterstützen sie in arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Belangen. Das schafft geordnete Verhältnisse – die Geschäftsleitung muss also nicht damit rechnen, dass eine Abteilung wilde Arbeitskämpfe ausruft. Wo gerne gearbeitet wird, ist auch die Fluktuation geringer. Ständiger Personalwechsel kostet die Firmen viel Geld. In Firmen mit Betriebsrat ist das Entgelt im Schnitt um 10 bis 15 Prozent höher. Gibt es einen Betriebsrat, geht es den Menschen in ihrem Arbeitsalltag besser.
Argumente, denen sich Firmenchef Müller eisern verschließt. „Für uns ist es unverständlich, dass man sich in dieser Vehemenz gegen einen Dialog wehrt. Wir wollen ja das Unternehmen nicht zerstören, sondern die Lage der Beschäftigten verbessern“, wundert sich Barbara Teiber.
Christian Resei
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 1/18.
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