Nicht zuletzt: Starke Stimme nötig

Seit ihrer Gründung kümmert sich die Arbeiterkammer auch um die KonsumentInnen. So richtete die AK bereits im Jahr 1923 einen Ausschuss für Volksernährung und Konsumenteninteressen ein.
Portrait von Gabriele Zgubic
Foto (C) Lisi Specht
Nach 1945 wurde eine Einkaufsberatung aufgebaut sowie der Verein für Konsumenteninformation als sozialpartnerschaftliche Einrichtung gegründet. Heute ist die AK die zentrale Anlaufstelle in KonsumentInnenschutzfragen.

Gesellschaftspolitische Dimension

Dennoch gibt es immer wieder Stimmen, die die Aufgaben der AK ausschließlich auf die Vertretung der ArbeitnehmerInnen reduzieren bzw. einen Keil zwischen ArbeitnehmerInnen- und KonsumentInneninteressen treiben wollen.

Dahinter stecken einerseits Bestrebungen, den KonsumentInnenschutz in Österreich bzw. speziell die AK zu schwächen. Andererseits steht dahinter ein eindimensionales Bild, das KonsumentInnen auf die Kaufhandlung am Point of Sale reduziert. In der KonsumentInnenpolitik muss aber die gesamte Lebensrealität eines Menschen berücksichtigt werden: die Erwerbs- und Haushaltstätigkeit, das soziale Umfeld und die Einbettung in ein Wertesystem.

Es geht nicht nur um Preis und Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung, sondern auch darum, unter welchen Bedingungen und mit welchen Auswirkungen diese produziert bzw. angeboten werden.

Aktive KonsumentInnenpolitik erhebt somit Anspruch auf umfassende Gestaltung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und des Verhältnisses von Staat, Markt und BürgerInnen. Die AK ist die einzige Institution, die ihre Mitglieder ohne Rollenparzellierung umfassend in all ihren Interessen vertritt – und genau das ist auch ihre Stärke.

Der größte Brocken an den Haushaltsausgaben ist Wohnen. Aufgrund der seit Jahren über der Inflation liegenden Mietensteigerungen ist die Sicherung leistbaren Wohnraumes durch eine mietenbegrenzende Mietrechtsreform ein Gebot der Stunde. Zugleich darf der soziale Wohnbau nicht durch Unterfinanzierung und Privatisierung geschwächt werden.

Der digitale Wandel bringt Vorteile, aber auch neue Probleme, insbesondere im Datenschutz. Der und die Einzelne muss die Verfügungsgewalt über seine/ihre eigenen Daten zurückerlangen. Die Lebensweise darf nicht zur wirtschaftlichen Klassifizierung (Scoring) und Diskriminierung führen. Die zunehmende Marktmacht einzelner digitaler Unternehmen sowie Internetbetrug müssen bekämpft werden.

Seit den Pensionskürzungen vor rund 15 Jahren boomen private Pensionsvorsorgeprodukte. AK-Studien zeigen: Gewinner waren bislang vor allem die Versicherungen. Es ist daher notwendig, das staatliche Pensionssystem als den wesentlichen Garanten für die Altersabsicherung zu gewährleisten. Massenschäden wie Alpine oder Schiffsfonds zeigen: Wirksame Instrumente für die Durchsetzung von Ansprüchen vieler Geschädigter durch Sammelklagen sind dringend notwendig.

Für den KonsumentInnenschutz hat die EU viele Verbesserungen gebracht. Allerdings setzt die Kommission immer stärker auf Vollharmonisierung. Dies bedeutet letztlich eine Nivellierung nach unten. Österreichische Schutzniveaus kommen unter Druck, wie die Vorschläge zu Vertragsstandards im Telekombereich deutlich zeigen. Daher: Nationale hohe Standards müssen weiterhin möglich sein.

Ebenbürtiges Gegengewicht

Der VKI spielt eine zentrale Rolle im KonsumentInnenschutz. Die AK wird weiterhin Verantwortung für den VKI tragen. Die Finanzierung ist aber nicht nur Sache der AK. Daher ist eine langfristige Absicherung durch die öffentliche Hand notwendig. Die AK spielt eine wichtige Rolle als Markt- und Preiswächter, geht gegen gesetzwidrige Klauseln oder unfaire Geschäftspraktiken vor und bietet individuelle Unterstützung an. Als starke Institution ist sie ein ebenbürtiges Gegengewicht zur Macht der Unternehmen und des Staates. Und das ist nötiger denn je.

Von
Gabriele Zgubic
Leiterin der Abteilung Konsumentenpolitik der AK Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 1/17.

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