Nicht zuletzt: Die AK und ihre Gegner

Kommentar von Renate Anderl, Präsidentin der AK Wien und der Bundesarbeitskammer
Portrait von Renate Anderl
Foto (C) Sebastian Philipp
Denn Sie diese Zeilen lesen, bin ich seit einigen Tagen AK-Präsidentin und damit an der Spitze jener Institution, die manchen Vertretern aus Industrie und Wirtschaft ein Dorn im Auge ist. Warum das so ist, ist schnell erklärt: Die AK steht grundsätzlich aufseiten der ArbeitnehmerInnen. Mehr als fünfhundert Millionen Euro, die für die Mitglieder im Vorjahr vor Gericht und außergerichtlich erstritten wurden, sprechen da eine sehr deutliche Sprache.

Ziel: An den Rand drängen

Insofern ist es fast logisch, dass auch eine Regierung, deren Programm sich stark an den Wünschen von Industrie und Wirtschaft orientiert, mit der AK nicht viel Freude hat. Kommuniziert wird das natürlich anders: Da ist dann von Effizienzsteigerungen die Rede, von Bürokratieabbau und einer „schlanken“ Verwaltung. Das ist ein sehr geschickter Schachzug: Niemand will sich mit Bürokratie herumschlagen und effizienter werden ist immer gut.

Aber worum es den Gegnern der AK wirklich geht, ist, die mächtigste Verbündete der ArbeitnehmerInnen endlich an den Rand zu drängen und die Gewerkschaftsbewegung zu schwächen. Keine lästigen Einmischungen, wenn den Menschen zu wenig bezahlt wird, keine mahnende Stimme, die Gesetze begutachtet und Verbesserungen einfordert, kein starkes Bollwerk gegen den generellen 12-Stunden-Tag.

Als Metallerin bin ich mit flexiblen Arbeitszeitmodellen bestens vertraut. Die Möglichkeit, bei Auftragsspitzen länger zu arbeiten, um ein Projekt oder eine Produktion fertigzustellen, gibt es bereits. Im Rahmen von Betriebsvereinbarungen ist es ohne Weiteres möglich, länger zu arbeiten – aber dafür gibt es Spielregeln. Lange Arbeitszeiten müssen planbar sein, und es muss einen Ausgleich geben, entweder in Form von Zeit oder Geld.

Es ist außerdem keineswegs so, dass in ganz Österreich um 17 Uhr alle den Stift fallen lassen. Dort, wo es notwendig ist, wird ja rund um die Uhr gearbeitet, Aufträge werden erfüllt, der Konjunkturmotor brummt. Also worum geht es hier wirklich?

Die Industriellenvereinigung hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass es um eine einseitige Arbeitszeitflexibilisierung geht, nicht darum, auch die Wünsche der Beschäftigten zu berücksichtigen. Im Regierungsprogramm ist hier die Rede von der „Verlagerung auf die betriebliche Ebene“. Das klingt eigentlich großartig, oder? Aber mit dieser Verlagerung ist nichts anderes gemeint als das Aushebeln der Kollektivverträge und das Rausdrängen der Sozialpartnerschaft aus Lohn- und Arbeitszeitverhandlungen

„Betriebliche Ebene“ heißt in letzter Konsequenz, dass jede und jeder Beschäftigte sich seine Arbeitszeit allein mit dem Chef oder der Chefin aushandeln muss. Das mag ja im einen oder anderen Fall auch funktionieren, aber wer die Realität der Arbeitswelt kennt, weiß, dass im Zweifelsfall immer der Chef das letzte Wort hat. Ohne Betriebsrat im Rücken wird es auch mit der „Freiwilligkeit“ nicht sehr weit her sein. Ich finde es daher bemerkenswert, dass sich ausgerechnet eine Partei, die sich selbst zur neuen „Arbeiterpartei“ stilisiert, für den 12-Stunden-Tag starkmacht.

Gewinnmaximierung

Dabei zeichnet sich ganz deutlich ab, dass mittelfristig kein Weg an einer Arbeitszeitverkürzung vorbeiführen wird. Die technologische Entwicklung, die den Kassier im Supermarkt und die Bankbeamtin ersetzt, ist nicht aufzuhalten. Sie bietet aber auch große Chancen, wenn wir die Sache richtig angehen.

Konzerne, die sich viel Personal sparen, weil sie auf Technologie setzen, können ihre Gewinne maximieren. Es wäre also nur fair, würden sie auch einen fairen Anteil zum allgemeinen Wohlstand leisten. Diesbezüglich findet sich allerdings recht wenig im Regierungsprogramm. Macht nichts. Um das einzufordern, gibt es die AK!

Von
Renate Anderl
Präsidentin der AK Wien und der Bundesarbeitskammer

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 4/18.

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