Nein zum Steuerdumping

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Nein zum Steuerdumping.
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  1. Seite 1 - Begünstigung für Unternehmer
  2. Seite 2 - Schädlicher EU-Steuerwettbewerb
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Eine Senkung der Körperschaftssteuer heizt vor allem den schädlichen EU-Steuerwettbewerb an und bringt massive Mehrkosten für das Budget.
Die Regierung plant eine umfassende Senkung der Körperschaftssteuer. Damit soll Wachstum und Beschäftigung geschaffen werden. Die etwas nebulösen Ankündigungen im Regierungsprogramm lauten folgendermaßen: „Österreich darf im internationalen Wettbewerb nicht an Attraktivität verlieren. Daher soll die Körperschaftssteuer auf ein Niveau gesenkt werden, das unsere heimischen KMU nachhaltig entlastet und einen Anreiz setzt in Österreich zu investieren. Gleichzeitig soll aber kein ,Steuerdumping‘ betrieben werden.“ Etwas später findet sich der Hinweis, dass der Schwerpunkt bei den nicht entnommenen Gewinnen und bei der Mindestkörperschaftssteuer liegen soll. Die genaue Ausgestaltung scheint noch offen: Während Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs im Budgetausschuss von einer Senkung des Satzes Richtung 20 Prozent gesprochen hat, hatte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck in der Pressestunde eine Halbierung des Steuersatzes für nicht entnommene Gewinne in Aussicht gestellt.

Mehrere Steuern im Spiel

Grundsätzlich sind bei der Besteuerung von Unternehmensgewinnen mehrere Steuern im Spiel. So unterliegen die Gewinne von Einzelunternehmen und Personengesellschaften der Einkommensteuer. Der Spitzensteuersatz liegt bei 55 Prozent. Die Gewinne von Körperschaften wiederum, im Wesentlichen Aktiengesellschaften (AG) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), unterliegen der Körperschaftssteuer; der Steuersatz beträgt 25 Prozent. Und bei Gewinnausschüttungen an die Eigentümer (natürliche Personen) fällt die Kapitalertragsteuer in Höhe von 27,5 Prozent an. Dadurch ergibt sich eine Gesamtbelastung (Körperschaftssteuer und Kapitalertragsteuer) von insgesamt 45,63 Prozent. Im Vergleich dazu beträgt die Steuerbelastung bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften bis zu 55 Prozent. Durch den progressiven Einkommensteuersatz und den Gewinnfreibetrag liegt die Steuerbelastung aber auch hier in aller Regel unter 55 Prozent.

Diese annähernd gleiche Steuerbelastung gilt aber nur für ausgeschüttete Gewinne. Verbleiben die Gewinne im Unternehmen (nicht entnommene Gewinne), so gelten andere Steuersätze. Einzelunternehmen und Personengesellschaften zahlen bis zu 55 Prozent Steuer, Kapitalgesellschaften nur maximal 25 Prozent. Mit anderen Worten: Schon jetzt werden nicht entnommene Gewinne bei Kapitalgesellschaften massiv gegenüber natürlichen Personen begünstigt. Die Begünstigung noch weiter auszubauen, wäre also nicht nur systematisch fragwürdig, sondern hätte auch Auswirkungen auf die Einkommensteuer. Denn wenn die Attraktivität der Kapitalgesellschaften weiter gesteigert wird, wickeln bald alle JournalistInnen, HandelsvertreterInnen und sonstigen Selbstständigen ihre Geschäfte über eine GmbH ab. Und das führt zu entsprechenden Ausfällen bei der Einkommensteuer. Oder es gibt eine vergleichbare Begünstigung für natürliche Personen, was ebenfalls zu entsprechenden Ausfällen bei der Einkommensteuer führt.

Begünstigung für Unternehmer

Eine Begünstigung für nicht entnommene Gewinne in der Einkommensteuer gab es übrigens von 2004 bis 2009, eingeführt von Schwarz-Blau. Personengesellschaften konnten nicht entnommene Gewinne bis zu 100.000 Euro pro Jahr mit dem halben Durchschnittssteuersatz versteuern, zahlten also nur die Hälfte ihres eigentlichen Steuersatzes. Eine Verpflichtung zu investieren gab es nicht. Wer das Kapital sieben Jahre am Firmenkonto geparkt hatte, konnte es steuerfrei entnehmen. Eine nette Begünstigung für die private Pensionsvorsorge von Unternehmern, die auch von vielen entsprechend genützt wurde.

Zurück zum Versprechen der Regierung, wonach eine Senkung der Körperschaftssteuer Unternehmensinvestitionen ankurbeln würde. Nur: Kann das funktionieren? In der wissenschaftlichen Literatur ist diese These umstritten. Grundsätzlich investieren Unternehmen dann, wenn die Nachfrage und die Auslastung entsprechend hoch sind. Die Steuerbelastung ist nachrangig, solange die Investitionen nach Abzug aller Steuern rentabel bleiben. Es ist zu befürchten, dass eine Senkung der Körperschaftssteuer in erster Linie Mitnahmeeffekte produziert. Das heißt, die Unternehmen investieren sowieso, das Geldgeschenk nehmen sie dankbar mit. Die letztmalige Senkung der Körperschaftssteuer 2004 ist ein guter Beleg dafür: Nach der Dotcom-Blase schaltete die Wirtschaft gerade wieder in den Vorwärtsgang, die Steuersenkung brachte nur Mitnahmeeffekte und finanzierte sich so vermeintlich (!) selbst.

Eine Senkung der Körperschaftssteuer wirkt wie eine Gießkanne, weil sie keinerlei Verpflichtungen für die Unternehmen voraussetzt: Jeder bekommt sie, egal, ob man investiert oder das Geld aufs Bankkonto legt. Tatsächlich zeigen Statistiken und Studien, dass gerade große Unternehmen heute vermehrt in Finanzanlagen statt in Maschinen und Personal investieren. Mitunter könnte eine Senkung der Körperschaftssteuer dieses Missverhältnis also sogar noch weiter verschärfen. Das heißt, wenn man einen Investitionsanreiz setzen will, dann sollte man das gezielt tun. So bringt beispielsweise die Forschungsprämie einen echten Anreiz für Unternehmen mit Forschungsschwerpunkt, ihre Geschäftstätigkeit in Österreich auszubauen, wie das Beispiel Boehringer Ingelheim in Wien zeigt. Das Ausschütten einer Gießkanne aber bringt – abgesehen von den erwähnten Mitnahmeeffekten – wohl eher wenig.

Kosten, nichts als Kosten

Die Kosten einer Senkung der Körperschaftssteuer lassen sich nur schätzen. Das Finanzministerium schätzt die budgetären Kosten einer Senkung des allgemeinen Satzes auf 20 Prozent mit 1,5 Milliarden Euro. Eine Senkung des Steuersatzes auf nicht entnommene Gewinne wäre wegen der oben dargestellten Flucht in die Kapitalgesellschaften und der erwartbaren Begünstigung in der Einkommensteuer vermutlich noch erheblich teurer. Die Arbeiterkammer schätzt die Kosten der Maßnahme daher auf 2 bis 2,5 Milliarden Euro.

Das Körperschaftssteueraufkommen im Jahr 2017 betrug nicht ganz 8,5 Milliarden Euro. Das sind 5,6 Prozent des gesamten Steueraufkommens. Damit liegt Österreich unter den Schlusslichtern in der OECD. Schon jetzt werden über 80 Prozent des Steueraufkommens von ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen erbracht. Eine Senkung der Körperschaftssteuer würde dieses Missverhältnis weiter verschärfen und dem Staat wichtige Einnahmen für die Finanzierung von Schulen, Krankenhäusern und Kultureinrichtungen entziehen. Eine Selbstfinanzierung über höhere Investitionen darf bezweifelt werden.

Schädlicher EU-Steuerwettbewerb

Gegen die Senkung der Körperschaftssteuer spricht auch ein anderes Argument: Es gibt keinen Wirtschaftsraum der Welt, in dem der Steuerwettbewerb so intensiv ist wie in der EU. Noch Mitte der 1990er-Jahre betrug der durchschnittliche EU-Körperschaftssteuersatz ganze 35 Prozent. Heute, mehr als 20 Jahre später, liegt der Durchschnitt unter 25 Prozent. Spitzenreiter im negativen Sinne ist Ungarn, wo seit 2017 der Körperschaftssteuersatz bei neun Prozent liegt. Dieser Steuerwettbewerb ist ruinös: Multinationale Großkonzerne zahlen kaum noch Steuern, den Regierungen fehlt das Geld für wichtige Zukunftsinvestitionen. Warum sich Österreich daran beteiligen sollte, bleibt schleierhaft.

Wenn es stimmt, dass die Bundesregierung kein Steuerdumping betreiben will, wie sie im Regierungsprogramm angekündigt hat, dann sollte sie von einer Senkung der Körperschaftssteuer Abstand nehmen und sich für einen EU-weiten Mindeststeuersatz einsetzen. Die laufende Diskussion über die Richtlinienvorschläge der EU-Kommission zur Harmonisierung der Körperschaftssteuersysteme in der EU ist ein guter Rahmen dafür. Eine Harmonisierung mit Mindeststeuersatz würde nicht nur die Steuertricks der Konzerne erschweren, sondern auch dem Steuerwettbewerb einen Riegel vorschieben. Will man einen wirtschaftlichen Impuls setzen, sollte man eine zielgerichtete Investitionsbegünstigung einführen. Oder am besten gleich die ArbeitnehmerInnen entlasten: Das stärkt den Konsum und damit die Nachfrage, und eine bessere Investitionsbegünstigung gibt es nicht.

Von
Dominik Bernhofer und Martin Saringer
Abteilung Steuerpolitik der AK Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 4/18.

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