Ursprung der Frauenbewegung
Dass die spezifische Interessenlage von Frauen immer auch geprägt ist von ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Klasse, daran kann kein Zweifel bestehen. Das war schon am Ursprung der Frauenbewegung so – nicht umsonst gab es eine bürgerliche Frauenbewegung und eine der Arbeiterinnen. Diese haben jedoch auch zusammengefunden, wenn es Anliegen hab, wo Frau-Sein bestimmender war als die soziale Herkunft. Die Einführung des allgemeinen Männerwahlrechts 1907 gab dafür Anlass. Die eine oder andere gut gestellte Frau, die zuvor in ihrer Kurie wählen durfte, verlor nun dieses Recht und sah sich plötzlich in der gleichen Situation wie die gewöhnliche Arbeiterin, mit der sie sonst wenig verband. Sie war rechtlos geworden in Bezug auf die demokratische Mitbestimmung, ausgeschlossen aufgrund ihres Geschlechts. Gemeinsam erkämpften Frauen beider Klassen schließlich 1918 jenes Wahlrecht, das endlich beide Geschlechter zur Gänze umfasste.
Aus Klasse und Geschlecht gewebt
Die Geschichte zeigt noch an vielen anderen Stellen, dass die Struktur unserer Gesellschaft aus Klasse und Geschlecht gewebt wird. Beides sind Prinzipien, nach denen konkrete Rollen, aber auch Chancen verteilt werden. Beides führt zu Ungleichheiten und vor allem auch zu Ungerechtigkeiten. Wer das ändern will, muss an beiden Fäden ziehen. Es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern schlicht um eine gerechte Gesellschaft, in der jeder und jede faire Chancen haben soll – und ein Existenzrecht auch dann, wenn er oder sie den vorgefertigten Rollen nicht entspricht. Wie strikt diese Rollenzuteilung ist, hat immer einen sozialen Gesichtspunkt und einen Genderaspekt. Arbeiter, die mit den Händen arbeiten, Frauen, die pflegen und versorgen. Angestellte, die sich zu bilden haben und Männer, die ihre Familien erhalten müssen. Plätze werden immer entlang beider Linien zugewiesen. Feministische VordenkerInnen weisen auch zu Recht darauf hin, dass der Kapitalismus eine patriarchale Struktur hat.
Weil diese Aspekte miteinander verwoben sind, haben schon in den 1970er-Jahren unterschiedlichste Gruppierungen für eine gerechte Gesellschaft gekämpft, etwa die Frauen-, Friedens-, Umwelt- oder die Antirassimusbewegung. Nicht immer zogen diese Bewegungen an einem Strang, aber an unterschiedlichen Fäden. Mit Erfolg. Die damaligen Reformen im Familien-, Straf- und Arbeitsrecht stellten einen echten Umbruch in der Gesellschaft dar und brachen mit der bis dahin festgefügten Standes- und Klassenlogik.
Alte und neue Einschnürungen
Noch einmal Blick Richtung USA: Die Wahl Trumps zum Präsidenten hat eine riesige Mobilisierung hervorgerufen – und viele neue Kooperationen. So bot etwa der Women’s March ein Dach für unterschiedliche Frauenbewegungen, aber auch für viele Menschen, die bislang mit der Frauenbewegung wenig am Hut hatten, jedoch keine Gesellschaft wollen, wie sie Trump symbolisiert. Man kann ihnen nur wünschen, dass sie die Fäden in die Hand bekommen, die die alten und neuen Einschnürungen lösen werden. Und auf Vergleichbares diesseits des Atlantiks hoffen.
Sybille Pirklbauer
Frauen und Familie AK Wien
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 8/18.
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