Faire Schuhe?
Während in der Lebensmittelbranche das Öko- und Fairness-Bewusstsein schon auf einem guten Punkt ist, hinkt die Bekleidungsindustrie nach. Besonders düster ist die Situation auf dem Schuhsektor. Die Arbeiterkammer ließ Schuhhersteller unter die Lupe nehmen. Das ernüchternde Ergebnis: Soziale Verantwortung kennt man in dieser Branche kaum. Die Clean-Clothes-Kampagne hat im Auftrag der AK sieben österreichische Schuhfirmen zu „Fairness“ befragt. Das ernüchternde Ergebnis: Vier Unternehmen haben geantwortet und zeigen damit ein Mindestmaß an Transparenz. Die heimischen Schuhunternehmen kümmern sich allerdings nicht wirklich darum, wie es um Arbeitsrechtsverletzungen, gerechte Löhne oder Sicherheit in den Produktionsstätten steht. Auch die Firmenwebsites schweigen darüber – die Information der KonsumentInnen bleibt meist auf der Strecke.
Seit 2015 werden im Rahmen des EU-Projekts „Change your Shoes“ – bei dem das soziale Engagement von insgesamt 29 führenden Schuhherstellern untersucht wurde – Verbesserungen in der Produktion gefordert. Im Fokus stehen Umwelt- und Sozialstandards, die es in der globalen Lieferkette besser umzusetzen gilt. Politik und Unternehmen sind hier gleichermaßen gefordert, um für Veränderungen zugunsten der Menschen und ihrer Rechte in der Lieferkette zu sorgen.
Wie, wo und wie viel produziert wird, bleibt auch nach dem Projekt „Change your Shoes“ weitgehend unklar, die Firmen lieferten zum Teil sehr spärliche Informationen. Deutlich wurde leider, dass sich österreichische wie europäische Schuhfirmen kaum mit den Arbeitsbedingungen auseinandersetzen – Nachweise über unabhängige Überprüfungen sind Mangelware. Nur eine von 16 europäischen Firmen beschäftigt sich mit der Frage, ob die ausgezahlten Löhne auch für ein Existenzminimum reichen. „Der Mindestlohn liegt leider oft darunter“, analysiert Nina Tröger von der AK Wien.
Nur zwei Prozent für NäherInnen
Pro Jahr werden weltweit 22 Milliarden Paar Schuhe produziert. Der Großteil davon wird in Europa verkauft, gefolgt von China und den USA. Laut Schätzungen der Wirtschaftskammer kaufen ÖsterreicherInnen sechs Paar Schuhe im Jahr. „Nur zwei Prozent des Verkaufspreises bekommen NäherInnen für die Herstellung. Informationen über die Produktionsbedingungen sind kaum erhältlich“, kritisiert Michaela Königshofer von der entwicklungspolitischen Organisation „Südwind“, die sich an der Clean-Clothes-Kampagne beteiligte.
Positive Entwicklungen
Vereinzelt sind positive Aspekte zu sehen: Einige Schuhunternehmen produzieren zum Teil noch in Österreich und haben eigene Produktionsstätten. Paul Green hat laut eigenen Angaben in seinem Werk in Kroatien einen Betriebsrat. Think! hat als Erstes einen Schuh hergestellt, der mit dem österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet wurde. Hartjes wiederum zahlt nach eigenen Angaben in den Produktionsländern zusätzlich ein 13. und 14. Monatsgehalt.
Bis zur Umsetzung aller Ziele – angefangen von besseren Löhnen, Sicherheit am Arbeitsplatz in Gerbereien und Fabriken sowie Transparenz für KonsumentInnen, wie ihre Schuhe produziert wurden – ist es leider noch ein weiter Weg. Dafür ist gutes Schuhwerk erforderlich.
Linktipps:
AK-Leitfaden durch Gütesiegel am Lebensmittelsektor
tinyurl.com/jyue27e
Irene Mayer-Kilani
Freie Journalistin
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 1/17.
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