Mieterhöhungen in Österreich: Auch Städte wollen mehr
Im April 2022 stiegen die Richtwertmieten. Denn die Bundesregierung hatte die Erhöhung im Coronajahr 2021 ausgesetzt. Und jetzt nachgeholt. Wegen der Aussetzung steht übrigens bereits im April 2023 die nächste Erhöhung an. Die Kategoriemieten steigen in einem ähnlichen Tempo. Die Erhöhung kam im Juni. Bei gleichbleibender Inflation könnten Vermieter:innen die Preise Ende 2022 noch einmal erhöhen. Steigen die Preise auf Lebensmittel oder Energie schnell, werden die Mieten automatisch angepasst. Obwohl für die Vermieter:innen, und das sind zunehmend internationale Konzerne, keine Mehrkosten entstehen.
#Wohnen: In #Österreich sind die #Mieten in den letzten 20 Jahren so stark gestiegen wie sonst fast nirgendwo in der OECD. Gleichzeitig ist AT eines der wenigen Länder, wo die Mehrheit zur Miete wohnt. Ein Thread zur reichhaltigen Housing-Publikation der @OECD. 1/5 https://t.co/coy3S5sKTZ
— Georg Feigl (@GeorgFeigl) June 21, 2021
Für viele Mieter:innen in Österreich könnte das theoretisch eine gute Nachricht sein. Denn die hiesigen Städte besitzen abertausende Mietwohnungen und könnten theoretisch auf eine Mieterhöhung verzichten. Um die Menschen zu entlasten und die Inflationsspirale nicht weiter anzuheizen. Leider bestehen viele Städte auf die Mehreinnahmen, wie Moment berichtet. So scheinen viele (städtische) Hausverwaltungen zu glauben, dass die gesetzliche Erhöhung umgesetzt werden müssen.
Mieterhöhungen sind in Österreich nicht gesetzlich vorgeschrieben
Das Justizministerium widerspricht dem. „Die Mietzinsbegrenzungen sind stets Höchstgrenzen. Der Vermieter ist nie gezwungen, sie auszuschöpfen. Er kann stets weniger verlangen“, heißt es. In Graz verzichtet die Stadtregierung von Elke Kahr (KPÖ) beispielsweise heuer auf eine entsprechende Erhöhung. Georg Fuchs, der Sprecher der Bürgermeisterin, sagte im Moment: „Die Erhöhungen sind nicht gesetzlich vorgeschrieben, sie geben nur einen Rahmen vor.“
Ein Rahmen, der von Wohnungsbesitzer:innen nur zu gerne ausgeschöpft wird. In den vergangenen zehn Jahren stieg der Verbraucherpreisindex um rund 20 Prozent. Die Miete für Gemeindewohnungen aber um 35 Prozent. Gar 38 Prozent bei Genossenschaftswohnungen und sogar 50 Prozent bei privaten Mieten. Das errechnete das Momentum Institut anhand der Daten von Statistik Austria.
Zahl der Investoren nimmt zu
Besonders erstaunlich sind die steigenden Mieten aufgrund des Baubooms. In Wien beispielsweise wurden zwischen 2018 und 2021 insgesamt 58.000 Wohnungen gebaut. Obwohl nur 43.000 Menschen zuzogen. Dazu kommt, dass – je nach Schätzung – in Wien zwischen 30.000 und 100.000 Wohnungen leer stehen. Das Angebot übersteigt also die Nachfrage und trotzdem steigen die Preise.
Ein Grund dafür könnte sein, dass die Zahl der Investoren zunimmt. Allein im Jahr 2021 kauften entsprechende Anleger in Wien 5.000 Wohnungen. 1.595 davon gingen an Bank Austria Real Invest Immobilien-Kapitalanlage. Die Erste Immobilien Kapitalanlagegesellschaft kaufte weitere 1.495. Der Rest ging vor allem an Banken, Versicherungen und andere Investoren aus Deutschland, Luxemburg und den USA. Das zeigt eine Studie der Arbeiterkammer.
Mieten wieder leistbarer machen
Doch die Politik hat Instrumente, mit denen sie die Mieten leistbar gestalten kann. Eines davon wäre ein Vorgehen gegen Leerstand. Zusätzlich könnte bei Umwidmung von Bauland eine Sozialbindung verankert werden. Geförderte Immobilien dürften außerdem nicht zu Marktpreisen weitervermietet werden. Auch Mietzinsobergrenzen oder Mietrecht, das Befristung nur in Ausnahmefällen vorsieht, sind denkbar.
Vor allem die Mietanpassungen an die Inflation müssen überdacht werden. Denn die allgemeine Preissteigerung hat oftmals nur wenig mit dem Wohnungsmarkt zu tun. So treibt die Gewinn-Preis-Spirale, aber auch Spekulationen auf Lebensmittel die Preise nach oben. Und das ist ein globales Phänomen. Robert Reich, der ehemalige Arbeitsminister unter US-Präsident Bill Clinton, erklärt das Phänomen am Beispiel der USA.
Miete senken heißt Armut vermeiden
Gerade in Österreich wäre es wichtig, die Mieten zu senken. Hierzulande sind 1,5 Millionen Menschen arm oder armutsgefährdet. Da bedeutet, dass neben Energiearmut auch Obdachlosigkeit ein ernstzunehmendes Problem ist. Annemarie Schlack, die Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, sagte dazu: „Österreich hat sich durch die Ratifizierung des internationalen Paktes für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verpflichtet, das Recht auf angemessenes Wohnen zu schützen und sicherzustellen. Dieser Verantwortung wird der Staat Österreich nicht gerecht.“