Tatsächlich folgen Maßnahmen, die hoffen lassen. Gegen Fake News z.B. sollen Schüler:innen und Lehrlinge kostenlose Zeitungsabos bekommen. Der „laufende Prozess zum besseren Schutz von Journalistinnen und Journalisten auf Basis der EU-Empfehlung zum Schutz, zur Sicherheit und zur Stärkung der Rolle von Journalistinnen und Journalisten, z.B. bei Übergriffen bei Demonstrationen oder im Internet“ soll fortgeführt werden.
Gute Nachrichten gibt es auf den ersten Blick für den ORF: „Die Objektivität sowie die Unparteilichkeit des ORF werden gefestigt und seine Unabhängigkeit gestärkt“ heißt es. Der öffentlich-rechtliche Auftrag soll weiter entwickelt, ein breiter Diskurs mit den Bürgerinnen und Bürgern über Public Value geführt werden.
Aber gerade hier steckt die Tücke im Detail.
Fehlende ORF-Einnahmen nützen vor allem Google, Meta & Co
Denn ausgerechnet den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ORF, jenes Mediums, das in Österreich laut „Digital News Report“ das höchste Vertrauen genießt, drohen heftige Nachteile. So darf der ORF-Beitrag laut Regierungsprogramm bis 2029 nicht erhöht werden. Bei einer Inflation wie 2023 ist das ein Defacto-Minus von weit über 20 Prozent.
Durch die angekündigte Beschränkung „kommerzieller Aktivitäten“ entgehen dem ORF Einnahmen, die er zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags benötigt. Zur Erinnerung: Das hat zuletzt vor allem kommerziellen US-Konzernen wie Google und Meta genutzt. Dabei fließen laut „Standard“ schon jetzt 1,2 Milliarden Euro Werbebuchungen im Halbjahr von Österreich zu den digitalen Großkonzernen.
Hinzu kommt, dass der § 31 Abs 13 des ORF-G unangetastet bleibt. Der ORF muss demnach bei den operativen Personalkosten kürzen, wenn er für ihn nötiges Geld bekommen will. Das bedeutet letztlich, entweder die Mitarbeiter:innen schlechter zu bezahlen oder mit weniger Personal auszukommen. Die Arbeiterkammer kritisierte diesen Passus heftig.
Gratisabos allein werden nicht reichen
Mit Kürzungen im Budget und beim Personal wird es kaum möglich sein, den dringend erforderlichen Kampf gegen Fake News zu gewinnen. Es wird nicht gehen, den ORF noch regionaler zu gestalten, wenn den Landesstudios die Mittel fehlen. Und es wird nicht funktionieren, den im Regierungsprogramm geforderten Beitrag „zur Absicherung des österreichischen Medien- und Kreativstandorts“ zu leisten, wenn die Kassen leer sind. Zur nachhaltigen Stärkung des größten österreichischen Mediums braucht es neben der angestrebten Reform der ORF-Gremien eine nachhaltige und ausreichende Finanzierung.
Die digitale Welt wird von Google & Co. beherrscht – sie diktieren, was wir sehen, hören und lesen. Aber wollen wir das wirklich? 🤐 Der Medienwissenschaftler Martin Andree kämpft für ein freieres Internet. 👇
— Arbeit&Wirtschaft Magazin (@aundwmagazin.bsky.social) 28. Februar 2025 um 15:01
Damit Medien als Säule der Demokratie tragfähig sind, müssen sie in jedem Element gestärkt werden. Das Verteilen von Gratisabos allein wird nicht reichen.
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