Einschränkung der Transparenz
Mit einer Reihe von Maßnahmen zum vermeintlichen „Bürokratieabbau“ zielt die Regierung darauf ab, der Öffentlichkeit Informationen über Unternehmen und Konzerne vorzuenthalten. Um die wirtschaftliche Lage von Unternehmen beurteilen zu können, braucht es verlässliche Daten. Hier liefert die Statistik Austria unverzichtbare Grundlagen. Im Regierungsprogramm ist nun eine Entlastung der Unternehmen von statistischen Meldepflichten angekündigt. Dort ist von „überbordenden Melde- und Informationspflichten“ die Rede. Dies geht ganz klar in Richtung des Abbaus von Transparenz. Bei anderen Quellen wie dem Firmenbuch richtet sich der Umfang der veröffentlichten Daten nach der Unternehmensgröße. Die 105.000 Kapitalgesellschaften des Landes müssen im Firmenbuch Jahresabschlussdaten hinterlegen. Bei kleinen Gesellschaften (bis 50 MitarbeiterInnen) reicht eine verkürzte Bilanz. Bei den rund 5.500 mittelgroßen Gesellschaften (50 bis 250 MitarbeiterInnen) muss zusätzlich eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung veröffentlicht werden. Nur bei den rund 1.200 großen Kapitalgesellschaften (ab 250 MitarbeiterInnen) ist ein vollständiger Jahresabschluss zu hinterlegen.
Wie steht es nun eigentlich um die österreichischen Unternehmen? Die Arbeiterkammer verfügt über eine eigene Bilanzdatenbank, in welcher die vollständigen Jahresabschlüsse der größten heimischen Unternehmen (ohne Finanz- und Versicherungswirtschaft) erfasst werden. Damit werden nicht nur Branchenanalysen erstellt, sondern jährlich auch der AK-Unternehmensmonitor. Mit diesem Instrument wird die wirtschaftliche Performance der größten 1.000 gewinnorientierten Kapitalgesellschaften analysiert. In diesen ist rund ein Fünftel aller unselbstständig Erwerbstätigen beschäftigt.
Tolle Performance
Die wirtschaftliche Performance zwischen 2014 und 2016 kann sich sehen lassen. Im Schnitt ergibt sich 2016 eine operative Gewinnspanne von 4,3 Prozent. Damit bleiben den Unternehmen aus dem eigenen Geschäft von 100 Euro Umsatz mehr als vier Euro an Gewinn. Ein Viertel der Unternehmen erwirtschaftet sogar Quoten von über 7,3 Prozent. Die Sachgüterindustrie erweist sich als besonders ertragsstark: Im Schnitt erzielen die heimischen Industrieunternehmen eine Gewinnspanne von 5,6 Prozent, das beste Viertel sogar über 8,3 Prozent. Vor diesem Hintergrund lohnen sich Investitionen ins Unternehmen. Denn auch die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals brachte den Gesellschaftern in den letzten Jahren zweistellige Spitzenrenditen. Die durchschnittliche Eigenkapitalrentabilität konnte sich 2016 nochmals verbessern und liegt bei sehr lukrativen 11,9 Prozent. Die Hälfte der Unternehmen erwirtschaftete Renditen von über 13,9 Prozent. Beim besten Viertel (250 Unternehmen) liegt die Eigenkapitalrentabilität sogar jenseits von 28 Prozent. Von den guten Gewinnen profitieren die Aktionäre, nicht nur durch Renditen und die Steigerung des Unternehmenswertes, sondern auch in Form von sehr hohen Ausschüttungen. Konkret wurden im Durchschnitt 33,4 Prozent der Lohn- und Gehaltssumme an die Eigentümer ausbezahlt.
Aus der Krise gelernt
Die Auswertung der Bilanzdaten bescheinigt den Unternehmen eine gesunde, straffe Finanzierungsstruktur und legt den Schluss nahe, dass die großen Unternehmen aus der Krise, den volatilen Märkten und restriktiveren Kreditvergaben gelernt haben. Im Jahr 2016 konnte sich die Eigenkapitalquote weiter verbessern und liegt im Durchschnitt bei sehr guten 41,2 Prozent – ein sicherer „Krisenpolster“ für die Zukunft. Nur acht der tausend großen Unternehmen sind buchmäßig überschuldet. Auch die Zahlungsfähigkeit – ein weiterer Stabilitätsindikator – erweist sich mit einem Liquiditätsgrad von 117 Prozent als äußerst zufriedenstellend. Sollte es zu finanziellen Engpässen kommen, sind die großen Kapitalgesellschaften gut gerüstet und verfügen über ausreichend liquide Mittel, um mögliche Schwierigkeiten kurzfristig zu überbrücken.
Der nominelle, das heißt der im Gesetz verankerte Steuersatz für Körperschaften liegt seit der letzten Senkung bei 25 Prozent. Seitens der Bundesregierung gibt es Überlegungen, die Körperschaftssteuer weiter zu reduzieren. Der gesetzliche Steuersatz sagt allerdings wenig über die tatsächliche Unternehmensbesteuerung aus. Durch viele bilanzpolitische (Ausnutzung von Bewertungsspielräumen) und konzernpolitische Maßnahmen (Verrechnungspreisgestaltung, Marken- und Lizenzrechte etc.) wird bereits im Vorfeld der im Inland zu versteuernde Gewinn auf ein Minimum gedrückt.
Geringer Obolus noch zu viel?
Stellt man den bereits reduzierten Gewinn der tatsächlich abgeführten Gewinnsteuer gegenüber, dann liegt der effektive Steuersatz bei den großen Kapitalgesellschaften im Jahr 2016 bei 20,5 Prozent (Industrieunternehmen: 18,7 Prozent) – und damit signifikant unter dem gesetzlichen Steuersatz. Die Ursachen liegen in der Verwertung von Verlustvorträgen, der Gruppenbesteuerung und anderen Steuerbegünstigungen. Da im Vorfeld mit allen Mitteln versucht wird, die Bemessungsgrundlage zu drücken, liefert die effektive Steuerquote keinen ausreichenden Anhaltspunkt für eine Steuer- oder Standortdebatte. Setzt man die Körperschaftssteuer in Relation zur Betriebsleistung, zeigt sich, dass bei den Großen im Durchschnitt von 100 Euro Umsatz gerade einmal 1,22 Euro an Gewinnsteuer abgeführt werden. Dieser geringe Obolus an den Fiskus erscheint noch zu viel: Es gibt im Regierungsprogramm Überlegungen, das Steuerrecht an das Unternehmensbilanzrecht anzugleichen sowie degressivere Abschreibungen auch im Steuerrecht zu erlauben. Dies würde zu einem weiteren Absinken der Steuerbemessungsgrundlage führen. Die Regierungsideen gehen noch weiter: Von einer Halbierung der Steuer auf nicht entnommene Gewinne bis zu einer generellen Tarifsenkung ist alles möglich.
Wer profitiert von der Halbierung des KÖSt-Satzes auf nicht entnommene Gewinne? Zum Beispiel Dietrich Mateschitz mit seiner Red Bull GmbH (2016: 3,4 Mrd. Euro Umsatz, 702 Mio. Ergebnis vor Steuern). An sich kann man Red Bull steuerlich nichts vorwerfen: Es gibt keine Steuerumgehungskonstruktionen (Lizenzzahlungen, Steueroasen), sondern das Unternehmen zahlt angemessen Körperschaftssteuer in Österreich. Doch der Plan der Regierung ist wie gemacht für reiche Eigentümer. Ein Unternehmen wirft viel Gewinn ab, der nicht oder nicht zur Gänze benötigt wird. Bei Red Bull wurde in den letzten Jahren nur die Hälfte ausgeschüttet, der Rest blieb im Unternehmen. Durch eine Halbierung des Steuersatzes auf nicht entnommene Gewinne hätte sich Dietrich Mateschitz für die Jahre 2015 und 2016 zusammen 110 Millionen Euro Körperschaftssteuer erspart.
Neben der Senkung der Körperschaftssteuer und des Bürokratieabbaus sieht das Regierungsprogramm auch eine Senkung der Lohnnebenkosten vor. Der erste, bereits heftig diskutierte Schritt soll eine Absenkung der Beiträge zur Unfallversicherung, die derzeit 1,3 Prozent der Lohn- und Gehaltssumme ausmachen, auf 0,8 Prozent sein. Während dies für die vielen kleinen Unternehmen keine nennenswerte Ersparnis bringt und ein Kollaps der Unfallversorgung droht, wandert das Geld zurück in die Taschen der Konzernherren. So sparen sich allein die Handelsriesen Billa und Spar jeweils knapp drei Millionen Euro pro Jahr.
Wie die Zahlen des AK-Unternehmensmonitors zeigen, sind die großen Unternehmen wirtschaftlich gut aufgestellt. Es braucht daher nicht ein Weniger, sondern ein Mehr an gesellschaftlicher Verantwortung. Die großen Unternehmen sollten in Form eines fairen Steueranteils und durch die Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen, anstelle einer weiteren Ausweitung der Arbeitszeit, vermehrt ihren Beitrag leisten.
Der Unternehmensmonitor 2018 erscheint Ende Mai unter:
www.arbeiterkammer.at
Markus Oberrauter
Abteilung Betriebswirtschaft der AK Wien
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 4/18.
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