In der Rubrik „Die große Frage“ geht Arbeit&Wirtschaft den Dingen auf den Grund. Wir lassen Expert:innen aus Gegenwart und Vergangenheit sprechen, um den Blick auf die wichtigen Fragen unserer Zeit zu schärfen. Diesmal steht Margarethe Schütte-Lihotzky Rede und Antwort.
Warum ist Architektur sozial, Margarethe Schütte-Lihotzky?
Wohnraum aus sozialer Verantwortung zu schaffen, prägte das Werk der Architektin Margarethe Schütte-Lihotzky: „Ich habe begriffen, dass Architektur nicht nur die äußere Form ist, sondern Inhalt, dass sie gesellschaftliche und wirtschaftliche Grundlagen hat.“ Neben der Faszination für das Mathematische war es daher besonders der soziale Aspekt, der sie antrieb. Ihre Planung basierte auf Alltagsbeobachtungen und ging direkt auf die Bedürfnisse der Menschen ein.
„Das Wohnhaus ist die realisierte Organisation unserer Lebensgewohnheiten“, erklärte Schütte-Lihotzky einmal. Sie konnte sich daher nie vorstellen, „Bahnhöfe und Kulturpaläste zu bauen. Ich wollte Architektin werden, um zur Linderung des Wohnelendes beizutragen.“ Die Wohnungsnot der 1920er prägte ihr Schaffen, sie bevorzugte sparsame und intelligente Lösungen.
Die Frau sollte nicht in die Küche verbannt werden.
Margarethe Schütte-Lihotzky, Architektin
Das Etikett der „Küchenarchitektin“ haftete Margarethe Schütte-Lihotzky an, obwohl sie „mit Küche und Kochen nichts am Hut“ hatte. Vielmehr wollte Schütte-Lihotzky, den im Wandel begriffenen Status von Frauen im Wohnen wiedergeben. Die berühmte „Frankfurter Einbauküche“ habe sie „ganz wissenschaftlich gemacht. Der Weg zwischen Herd und Essplatz betrug nicht mehr als drei Meter. Das war ein wichtiger sozialer Aspekt: Die Frau sollte nicht in die Küche verbannt werden.“