Errungenschaften gehen weit über den Mindestlohn hinaus
Canan Aytekin lässt die KV-Erfolge der Gewerkschaft vida Revue passieren. Bei den an die 50 bis 60 Kollektivverträgen, die jährlich im Referat Fachbereiche der vida verhandelt werden, ist die Bandbreite der Errungenschaften sehr groß. Auch bei der vida war ein bedeutendes Projekt, das im Laufe der letzten zwei Jahre große Priorität hatte, die Anhebung des Mindestlohns auf 1.500 Euro monatlich. Konkret ging es dabei um zirka 20 Kollektivverträge, bei denen der Mindestlohn unter diesem Betrag lag. „Bei fast allen davon konnte die Forderung nach mindestens 1.500 Euro monatlich durchgesetzt werden. Dort, wo die Differenz zu groß war, konnten wir uns mit der Arbeitgeberseite unter anderem auf Stufenpläne für das schrittweise Annähern zum gewünschten Mindestlohn einigen“, resümiert Aytekin.
Doch es kommt nicht nur auf die Entlohnung selbst an. Auch die Anrechenbarkeit von Vordienstzeiten ist ein wichtiger Bestandteil von Kollektivverträgen. In den Branchen, in denen dies bereits durchgesetzt wurde, haben Beschäftigte die Möglichkeit, gleich in einer höheren Lohnstufe einzusteigen, um nach einem Jobwechsel nicht wieder ganz unten beginnen zu müssen. Zu den weiteren Errungenschaften zählen unter anderem auch die Arbeitszeitverkürzung in einigen Branchen von 40 Wochenstunden Normalarbeitszeit auf 38,5 bzw. 38 Stunden oder die Ausweitung der Karenzzeitenanrechnung, die in unterschiedlichem Ausmaß in den verschiedenen Branchen eine deutliche Verbesserung zum Gesetz darstellen.
Besonders herausheben möchte Aytekin die Bemühungen um die sechste Urlaubswoche im Zuge der Kollektivvertragsarbeit. Dabei geht es ihr vor allem darum, „die starren gesetzlichen Regelungen flexibler zu gestalten“. Angestrebt wird daher nicht nur die generelle Einführung der zusätzlichen Urlaubswoche, sondern auch ein schnelleres Erreichen zusätzlicher Urlaubstage im Allgemeinen, gekoppelt entweder an das Lebensjahr oder die Betriebszugehörigkeit. Einer der besonderen Erfolge dieses Jahres? „Seit 1. Mai 2018 haben wir für die ArbeiterInnen am Flughafen die sechste Urlaubswoche über den Kollektivvertrag als sozialpartnerschaftliche Vereinbarung durchgesetzt“, so Aytekin.
Kontinuierliche Entwicklung und Signalwirkung
Trotz der vielen Errungenschaften betont Peter Schleinbach abschließend erneut, dass es nicht so sehr auf die einzelnen Kleinerfolge ankommt: „Alleine gesehen wirken diese meist nicht sonderlich spektakulär – nur in den seltensten Fällen kann man von historisch bedeutsamen Erfolgen sprechen. Vielmehr sind es die kontinuierliche Entwicklung und die vielen kleinen Erfolge, die in Summe zu qualitativ guten Kollektivverträgen führen.
Denn genau die treiben die Verhandlungsarbeit voran, sodass im Laufe der Zeit gute Kollektivverträge entstehen.“ Wie aber auch die erfolgreichen Beispiele der vida zeigen, können selbst kleine Triumphe durchaus eine Signalwirkung haben. Wird etwas erstmalig in einer Branche durchgesetzt, zeigt das laut Aytekin vor allem eines: „Es ist möglich.“ In der nächsten Verhandlungsrunde dann vielleicht auch für weitere Branchen und Berufsgruppen.